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Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.

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ditio sine qua non durchaus ein guter Magen vorausgesetzt.
Wer diesen nicht hat, ist nun einmal zum Eßkünstler verdorben,
und kommt daher hier durchaus nicht in Betracht. Wem fiele
es jemals ein, aus einem Hinkenden einen Ballettänzer bilden
zu wollen?

Was aber jenen wahrhaft Mephistophelischen Rath der
ungemischten Speise betrifft, welchen Faust auf's Wort hin
glaubt und doch verwirft, -- so werden diejenigen meiner sehr
verehrten Herrn Auditoren, welche diesen Vorlesungen mit Auf-
merksamkeit gefolgt sind, unschwer beurtheilen, daß die Vor-
aussetzungen, nach welchen er gegeben wurde, unrichtig sind,
demnach also der ganze Rath selber verfehlt und falsch ist, und
also nichts taugt. Ich müßte aber einen großen Theil der be-
reits gehaltenen Vorlesungen noch einmal lesen, um dieß nach-
zuweisen, was um so weniger statthaft wäre, je länger über-
haupt schon vom Essen in allgemeinen Beziehungen die Rede
war, und je dringender es mir daher Aufgabe und Pflicht ist,
endlich zu dem Speziellen des Essens und der einzelnen Speisen
zu kommen. Es genüge daher die einzige Bemerkung, daß der
Eßkünstler eben nicht mit dem Vieh als Vieh leben mag und
kann, selbst nicht um den Preiß, in dieser Eigenschaft alt zu
werden. Aber das Beispiel der ungemischte Speise genießenden
bleichen, schwächlichen und finstern Bramanen ist weder so an-
ziehend, noch jenes von Männern, welche, wie Anacreon,
Democrit, Voltaire, Fontenelle, Göthe
u. A. -- in hohem
Alter ihr genußreiches Leben beschlossen, so abstoßend, um der
ungemischten Speise sehr das Wort zu reden. Wir halten es
drum mit der Mannigfaltigkeit und gedenken dabei in keiner
Art zu kurz zu kommen. Wie schon bemerkt, der Eßkünstler
ißt um zu essen, und hat sich um Nebensachen wie langes Leben
und dergleichen nicht weiter zu kümmern. Er macht sich mit
den nöthigen diätetischen Regeln vertraut, um gut und mit Be-
wußtsein zu essen, um das Essen selbst zu erhöhen, ohne andere

ditio sine qua non durchaus ein guter Magen vorausgeſetzt.
Wer dieſen nicht hat, iſt nun einmal zum Eßkuͤnſtler verdorben,
und kommt daher hier durchaus nicht in Betracht. Wem fiele
es jemals ein, aus einem Hinkenden einen Ballettaͤnzer bilden
zu wollen?

Was aber jenen wahrhaft Mephiſtopheliſchen Rath der
ungemiſchten Speiſe betrifft, welchen Fauſt auf’s Wort hin
glaubt und doch verwirft, — ſo werden diejenigen meiner ſehr
verehrten Herrn Auditoren, welche dieſen Vorleſungen mit Auf-
merkſamkeit gefolgt ſind, unſchwer beurtheilen, daß die Vor-
ausſetzungen, nach welchen er gegeben wurde, unrichtig ſind,
demnach alſo der ganze Rath ſelber verfehlt und falſch iſt, und
alſo nichts taugt. Ich muͤßte aber einen großen Theil der be-
reits gehaltenen Vorleſungen noch einmal leſen, um dieß nach-
zuweiſen, was um ſo weniger ſtatthaft waͤre, je laͤnger uͤber-
haupt ſchon vom Eſſen in allgemeinen Beziehungen die Rede
war, und je dringender es mir daher Aufgabe und Pflicht iſt,
endlich zu dem Speziellen des Eſſens und der einzelnen Speiſen
zu kommen. Es genuͤge daher die einzige Bemerkung, daß der
Eßkuͤnſtler eben nicht mit dem Vieh als Vieh leben mag und
kann, ſelbſt nicht um den Preiß, in dieſer Eigenſchaft alt zu
werden. Aber das Beiſpiel der ungemiſchte Speiſe genießenden
bleichen, ſchwaͤchlichen und finſtern Bramanen iſt weder ſo an-
ziehend, noch jenes von Maͤnnern, welche, wie Anacreon,
Democrit, Voltaire, Fontenelle, Goͤthe
u. A. — in hohem
Alter ihr genußreiches Leben beſchloſſen, ſo abſtoßend, um der
ungemiſchten Speiſe ſehr das Wort zu reden. Wir halten es
drum mit der Mannigfaltigkeit und gedenken dabei in keiner
Art zu kurz zu kommen. Wie ſchon bemerkt, der Eßkuͤnſtler
ißt um zu eſſen, und hat ſich um Nebenſachen wie langes Leben
und dergleichen nicht weiter zu kuͤmmern. Er macht ſich mit
den noͤthigen diaͤtetiſchen Regeln vertraut, um gut und mit Be-
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[117/0131] ditio sine qua non durchaus ein guter Magen vorausgeſetzt. Wer dieſen nicht hat, iſt nun einmal zum Eßkuͤnſtler verdorben, und kommt daher hier durchaus nicht in Betracht. Wem fiele es jemals ein, aus einem Hinkenden einen Ballettaͤnzer bilden zu wollen? Was aber jenen wahrhaft Mephiſtopheliſchen Rath der ungemiſchten Speiſe betrifft, welchen Fauſt auf’s Wort hin glaubt und doch verwirft, — ſo werden diejenigen meiner ſehr verehrten Herrn Auditoren, welche dieſen Vorleſungen mit Auf- merkſamkeit gefolgt ſind, unſchwer beurtheilen, daß die Vor- ausſetzungen, nach welchen er gegeben wurde, unrichtig ſind, demnach alſo der ganze Rath ſelber verfehlt und falſch iſt, und alſo nichts taugt. Ich muͤßte aber einen großen Theil der be- reits gehaltenen Vorleſungen noch einmal leſen, um dieß nach- zuweiſen, was um ſo weniger ſtatthaft waͤre, je laͤnger uͤber- haupt ſchon vom Eſſen in allgemeinen Beziehungen die Rede war, und je dringender es mir daher Aufgabe und Pflicht iſt, endlich zu dem Speziellen des Eſſens und der einzelnen Speiſen zu kommen. Es genuͤge daher die einzige Bemerkung, daß der Eßkuͤnſtler eben nicht mit dem Vieh als Vieh leben mag und kann, ſelbſt nicht um den Preiß, in dieſer Eigenſchaft alt zu werden. Aber das Beiſpiel der ungemiſchte Speiſe genießenden bleichen, ſchwaͤchlichen und finſtern Bramanen iſt weder ſo an- ziehend, noch jenes von Maͤnnern, welche, wie Anacreon, Democrit, Voltaire, Fontenelle, Goͤthe u. A. — in hohem Alter ihr genußreiches Leben beſchloſſen, ſo abſtoßend, um der ungemiſchten Speiſe ſehr das Wort zu reden. Wir halten es drum mit der Mannigfaltigkeit und gedenken dabei in keiner Art zu kurz zu kommen. Wie ſchon bemerkt, der Eßkuͤnſtler ißt um zu eſſen, und hat ſich um Nebenſachen wie langes Leben und dergleichen nicht weiter zu kuͤmmern. Er macht ſich mit den noͤthigen diaͤtetiſchen Regeln vertraut, um gut und mit Be- wußtſein zu eſſen, um das Eſſen ſelbſt zu erhoͤhen, ohne andere

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Zitationshilfe: Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/131>, abgerufen am 24.11.2024.