Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.dagegen Zwiebelkuchen, (welche ein, in der fünften Vorlesung Nehmen wir noch einmal Butterbrod! Wem die classische Eine einfache Steigerung des Butterbrods in's Ani- Jeder unverdorbene Mensch wird Radieschen und Käse dagegen Zwiebelkuchen, (welche ein, in der fuͤnften Vorleſung Nehmen wir noch einmal Butterbrod! Wem die claſſiſche Eine einfache Steigerung des Butterbrods in’s Ani- Jeder unverdorbene Menſch wird Radieschen und Kaͤſe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0172" n="158"/> dagegen Zwiebelkuchen, (welche ein, in der fuͤnften Vorleſung<lb/> genannter Schriftſteller merkwuͤrdig gern ißt) eben wegen der<lb/> Einerleiheit ihrer Vegetabilitaͤt und anderer Inconvenienzen<lb/> einem feineren Sinne nicht wohl zuſagen.</p><lb/> <p>Nehmen wir noch einmal Butterbrod! Wem die claſſiſche<lb/> Simplicitaͤt deſſelben nicht genuͤgt, kann es beliebig in’s Ani-<lb/> maliſche oder Vegetabiliſche ſteigern. Einfach in’s Vegetabi-<lb/> liſche hinuͤber geſteigert wird es durch aufgeſtreuten gehackten<lb/> Schnittlauch oder friſche Rautenknospen. Eine doppelte Stei-<lb/> gerung in’s Vegetabiliſche ergiebt ſich, wenn man noch Ra-<lb/> dieschen beifuͤgt.</p><lb/> <p>Eine einfache Steigerung des Butterbrods in’s Ani-<lb/> maliſche wird durch beigeſetzten Kaͤſe geſetzt. Eben ſo verhaͤlt<lb/> es ſich mit zugegebenem Schinken, welcher jedoch in dieſem Falle<lb/> nicht fett ſein darf, weil die beiden Indifferenzen: Butter und<lb/> Schinkenfett als nichtsſagend zu erachten ſind. — <hi rendition="#g">Shakes-<lb/> peare</hi>’s Honigbruͤhe uͤber Zucker! — Setzt man dem Schinken<lb/> noch kalten Kalbsbraten und Sardellen bei, ſo erhaͤlt man<lb/> dreifach geſteigerte animaliſche Gegenſaͤtze, welche durch Cervelat-<lb/> wurſt noch bedeutend vervielfaͤltigt wuͤrde. Doch ſchmeckt das<lb/> ſchon ſtark nach Manier. Einem geſunden Geſchmack wird<lb/> Einfacheres beſſer zuſagen. Es waͤre nichts gewonnen, ja uͤbel<lb/> aͤrger gemacht, wenn man in den oben angegebenen concreten<lb/> Verhaͤltniſſen durch groͤßere Anhaͤufung auch des Vegetabiliſchen<lb/> ein Gleichgewicht ſuchte.</p><lb/> <p>Jeder unverdorbene Menſch wird Radieschen und Kaͤſe<lb/> zuſammen fuͤr abgeſchmackt halten. Wie naͤmlich die Radieschen<lb/> durch ihre beitzende Schaͤrfe die den Vegetabilien ſonſt eigen-<lb/> thuͤmliche Milde einigermaßen uͤberſchreiten, ſo bleibt eben auch<lb/> der Kaͤſe durch ſeine milchigte Unentſchiedenheit hinter dem<lb/> charakteriſtiſch ausgepraͤgten Fleiſch zuruͤck. Beſitzt nun der<lb/> Kaͤſe auch beſtimmte Schaͤrfe, ſo ſteht doch deren Arthaftigkeit<lb/> mit der der Radieschen in offenbarem Widerſpruch. Durch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [158/0172]
dagegen Zwiebelkuchen, (welche ein, in der fuͤnften Vorleſung
genannter Schriftſteller merkwuͤrdig gern ißt) eben wegen der
Einerleiheit ihrer Vegetabilitaͤt und anderer Inconvenienzen
einem feineren Sinne nicht wohl zuſagen.
Nehmen wir noch einmal Butterbrod! Wem die claſſiſche
Simplicitaͤt deſſelben nicht genuͤgt, kann es beliebig in’s Ani-
maliſche oder Vegetabiliſche ſteigern. Einfach in’s Vegetabi-
liſche hinuͤber geſteigert wird es durch aufgeſtreuten gehackten
Schnittlauch oder friſche Rautenknospen. Eine doppelte Stei-
gerung in’s Vegetabiliſche ergiebt ſich, wenn man noch Ra-
dieschen beifuͤgt.
Eine einfache Steigerung des Butterbrods in’s Ani-
maliſche wird durch beigeſetzten Kaͤſe geſetzt. Eben ſo verhaͤlt
es ſich mit zugegebenem Schinken, welcher jedoch in dieſem Falle
nicht fett ſein darf, weil die beiden Indifferenzen: Butter und
Schinkenfett als nichtsſagend zu erachten ſind. — Shakes-
peare’s Honigbruͤhe uͤber Zucker! — Setzt man dem Schinken
noch kalten Kalbsbraten und Sardellen bei, ſo erhaͤlt man
dreifach geſteigerte animaliſche Gegenſaͤtze, welche durch Cervelat-
wurſt noch bedeutend vervielfaͤltigt wuͤrde. Doch ſchmeckt das
ſchon ſtark nach Manier. Einem geſunden Geſchmack wird
Einfacheres beſſer zuſagen. Es waͤre nichts gewonnen, ja uͤbel
aͤrger gemacht, wenn man in den oben angegebenen concreten
Verhaͤltniſſen durch groͤßere Anhaͤufung auch des Vegetabiliſchen
ein Gleichgewicht ſuchte.
Jeder unverdorbene Menſch wird Radieschen und Kaͤſe
zuſammen fuͤr abgeſchmackt halten. Wie naͤmlich die Radieschen
durch ihre beitzende Schaͤrfe die den Vegetabilien ſonſt eigen-
thuͤmliche Milde einigermaßen uͤberſchreiten, ſo bleibt eben auch
der Kaͤſe durch ſeine milchigte Unentſchiedenheit hinter dem
charakteriſtiſch ausgepraͤgten Fleiſch zuruͤck. Beſitzt nun der
Kaͤſe auch beſtimmte Schaͤrfe, ſo ſteht doch deren Arthaftigkeit
mit der der Radieschen in offenbarem Widerſpruch. Durch
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