Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.die höheren Kunstregeln. Daß er Geld hat, wird hierbei natür- Sirach sagt aber die goldnen Worte: "Einen gastfreien Sowohl für den Eßkünstler selbst nöthig und nützlich, als So wenig man aber Reiten, Fechten und Tanzen aus Vor Allem verdient Beherzigung, was Zobel räth: "Wird Dieß hat Mancher vergessen, der wohl gethan hätte, sich Ich entnehme dem Magdeburgischen Kochbuch folgende die hoͤheren Kunſtregeln. Daß er Geld hat, wird hierbei natuͤr- Sirach ſagt aber die goldnen Worte: „Einen gaſtfreien Sowohl fuͤr den Eßkuͤnſtler ſelbſt noͤthig und nuͤtzlich, als So wenig man aber Reiten, Fechten und Tanzen aus Vor Allem verdient Beherzigung, was Zobel raͤth: „Wird Dieß hat Mancher vergeſſen, der wohl gethan haͤtte, ſich Ich entnehme dem Magdeburgiſchen Kochbuch folgende <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0211" n="197"/> die hoͤheren Kunſtregeln. Daß er Geld hat, wird hierbei natuͤr-<lb/> lich vorausgeſetzt. <hi rendition="#aq">Impossibilium nulla est obligatio,</hi> lehren<lb/> die Pandekten.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Sirach</hi> ſagt aber die goldnen Worte: „Einen gaſtfreien<lb/> Mann loben die Leute und ſagen, er ſei ein ehrlicher Mann,<lb/> und ſolches iſt ein guter Ruhm. Aber von einem kargen Filze<lb/> redet die ganze Stadt uͤbel, und man ſaget recht daran.“</p><lb/> <p>Sowohl fuͤr den Eßkuͤnſtler ſelbſt noͤthig und nuͤtzlich, als<lb/> auch Anderen zu gut kommend iſt die Kunſt des Vorſchneidens.<lb/> Sie hat noch dazu die rein ſittliche Bedeutung des Opfers, wie<lb/> auch <hi rendition="#g">Zobel</hi> ſagt: — „Hierbei iſt zu beobachten, wenn du vorle-<lb/> geſt, daß du jedesmal das ſchlechteſte Stuͤck vor dich behalteſt.<lb/> Das iſt der Lohn fuͤr deine Muͤhe; fuͤhreſt du dich aber geſchickt<lb/> dabei auf, ſo traͤgſt du noch einen Hut voll Lob davon.“</p><lb/> <p>So wenig man aber Reiten, Fechten und Tanzen aus<lb/> Buͤchern lernen kann, und ſelbſt die beſten Abbildungen dazu<lb/> ſo viel wie nichts nuͤtzen, ſo muß auch dieſe Kunſt durchaus<lb/> praktiſch, mit wohlgeſchliffenem großen Meſſer und zweizackiger<lb/> Gabel in der Hand, erlernt werden. Doch moͤgen ein paar<lb/> Worte hieruͤber hier ihre Stelle finden.</p><lb/> <p>Vor Allem verdient Beherzigung, was <hi rendition="#g">Zobel</hi> raͤth: „Wird<lb/> dir aufgetragen zu zerſchneiden und vorzulegen, du kannſt aber<lb/> nicht damit umgehen, ſo entſchuldige dich, und uͤberlaſſe ſolch<lb/> ein Amt einem Andern: denn ſonſt wirſt du dich mehr proſti-<lb/> tuiren, als heliebt machen.“</p><lb/> <p>Dieß hat Mancher vergeſſen, der wohl gethan haͤtte, ſich<lb/> deſſen zu erinnern.</p><lb/> <p>Ich entnehme dem Magdeburgiſchen Kochbuch folgende<lb/> beachtungswuͤrdige Stellen: „Man kommt in nicht geringe<lb/> Verlegenheit, wenn bei einem Gaſtmahl oder einer Geſellſchafts-<lb/> Tafel der zu Theil gewordene Platz das Tranſchiren erfordert,<lb/> oder wenn man von einem andern Gaſte darum erſucht wird,<lb/> und man nicht gehoͤrig damit umzugehen weiß.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [197/0211]
die hoͤheren Kunſtregeln. Daß er Geld hat, wird hierbei natuͤr-
lich vorausgeſetzt. Impossibilium nulla est obligatio, lehren
die Pandekten.
Sirach ſagt aber die goldnen Worte: „Einen gaſtfreien
Mann loben die Leute und ſagen, er ſei ein ehrlicher Mann,
und ſolches iſt ein guter Ruhm. Aber von einem kargen Filze
redet die ganze Stadt uͤbel, und man ſaget recht daran.“
Sowohl fuͤr den Eßkuͤnſtler ſelbſt noͤthig und nuͤtzlich, als
auch Anderen zu gut kommend iſt die Kunſt des Vorſchneidens.
Sie hat noch dazu die rein ſittliche Bedeutung des Opfers, wie
auch Zobel ſagt: — „Hierbei iſt zu beobachten, wenn du vorle-
geſt, daß du jedesmal das ſchlechteſte Stuͤck vor dich behalteſt.
Das iſt der Lohn fuͤr deine Muͤhe; fuͤhreſt du dich aber geſchickt
dabei auf, ſo traͤgſt du noch einen Hut voll Lob davon.“
So wenig man aber Reiten, Fechten und Tanzen aus
Buͤchern lernen kann, und ſelbſt die beſten Abbildungen dazu
ſo viel wie nichts nuͤtzen, ſo muß auch dieſe Kunſt durchaus
praktiſch, mit wohlgeſchliffenem großen Meſſer und zweizackiger
Gabel in der Hand, erlernt werden. Doch moͤgen ein paar
Worte hieruͤber hier ihre Stelle finden.
Vor Allem verdient Beherzigung, was Zobel raͤth: „Wird
dir aufgetragen zu zerſchneiden und vorzulegen, du kannſt aber
nicht damit umgehen, ſo entſchuldige dich, und uͤberlaſſe ſolch
ein Amt einem Andern: denn ſonſt wirſt du dich mehr proſti-
tuiren, als heliebt machen.“
Dieß hat Mancher vergeſſen, der wohl gethan haͤtte, ſich
deſſen zu erinnern.
Ich entnehme dem Magdeburgiſchen Kochbuch folgende
beachtungswuͤrdige Stellen: „Man kommt in nicht geringe
Verlegenheit, wenn bei einem Gaſtmahl oder einer Geſellſchafts-
Tafel der zu Theil gewordene Platz das Tranſchiren erfordert,
oder wenn man von einem andern Gaſte darum erſucht wird,
und man nicht gehoͤrig damit umzugehen weiß.
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