Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.die Orang-Outangs, deren Digestions-Organe denen des Aus dieser zweiseitigen Eßaufgabe des Menschen, dessen Wie aber der Geschmackssinn im Menschen vor allen an- Alle genannten Thiere nun, und wie man leider nicht in die Orang-Outangs, deren Digeſtions-Organe denen des Aus dieſer zweiſeitigen Eßaufgabe des Menſchen, deſſen Wie aber der Geſchmacksſinn im Menſchen vor allen an- Alle genannten Thiere nun, und wie man leider nicht in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0022" n="8"/> die Orang-Outangs, deren Digeſtions-Organe denen des<lb/> Menſchen am aͤhnlichſten ſind, gleichfalls Nahrungsmittel aus<lb/> beiden Reichen genießen. —</p><lb/> <p>Aus dieſer zweiſeitigen Eßaufgabe des Menſchen, deſſen<lb/> anatomiſche und phyſiologiſche Begruͤndung ich hier nicht naͤ-<lb/> her nachzuweiſen Willens bin, werden ſich im Verlaufe der<lb/> Vorleſungen ſehr wichtige Eßregeln entwickeln laſſen.</p><lb/> <p>Wie aber der Geſchmacksſinn im Menſchen vor allen an-<lb/> deren Sinnen zuerſt erwacht und in Thaͤtigkeit tritt, ſo verlaͤßt<lb/> er ihn auch zuletzt, und troͤſtet ihn noch mit ruͤhrender Treue,<lb/> wenn die uͤbrigen Sinne ſchon zu erloͤſchen beginnen. Welche<lb/> maͤchtige Anregung liegt in dieſen Verhaͤltniſſen zu deſſen flei-<lb/> ßiger, ernſter Ausbildung, und wie dankbar und lohnend iſt<lb/> ſolches Beſtreben!</p><lb/> <p>Alle genannten Thiere nun, und wie man leider nicht in<lb/> Abrede ſtellen kann, gar viele Menſchen eſſen zwar, fuͤhlen die<lb/> Nothwendigkeit zu eſſen, leben oft blos, um eſſen zu koͤnnen,<lb/> und leben blos menſchlich, indem ſie eſſen, ſtreben nicht ſelten<lb/> unter Riſico der drohendſten Gefahren, etwas zu eſſen zu be-<lb/> kommen; wenn ſie es nun aber haben, verſchlucken ſie’s ohne<lb/> rechten Genuß, in ungeeigneter Verbindung, mit ungedeihli-<lb/> chem Erfolge, ſchmeckend und doch geſchmacklos, ohne Sinn<lb/> und Bewußtſein. Giebt es doch der Ungluͤcklichen unter den<lb/> Menſchen nicht wenige, welche gar keinen Begriff davon haben,<lb/> daß man ſich auf das Mittageſſen freuen kann, die haſtig nur da-<lb/> mit fertig zu werden ſtreben, und dieß mit ſo wenig Antheil<lb/> thun, daß ſie Abends oft nicht mehr wiſſen, was ſie zu Mit-<lb/> tag gegeſſen, denen das Eſſen, ſtatt ein heiterer ſchoͤner Genuß,<lb/> ein unangenehmes laͤſtiges Geſchaͤft zu ſein ſcheint, das ſie<lb/> denn auch auf eine Weiſe vollbringen, die man nicht ohne das<lb/> tiefſte Mitleid betrachten kann. Wie manche fuͤhlen ſich bei ei-<lb/> ner Einfachheit und Aermlichkeit befriedigt, welche nahe an das<lb/> Thieriſche ſtreift!</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [8/0022]
die Orang-Outangs, deren Digeſtions-Organe denen des
Menſchen am aͤhnlichſten ſind, gleichfalls Nahrungsmittel aus
beiden Reichen genießen. —
Aus dieſer zweiſeitigen Eßaufgabe des Menſchen, deſſen
anatomiſche und phyſiologiſche Begruͤndung ich hier nicht naͤ-
her nachzuweiſen Willens bin, werden ſich im Verlaufe der
Vorleſungen ſehr wichtige Eßregeln entwickeln laſſen.
Wie aber der Geſchmacksſinn im Menſchen vor allen an-
deren Sinnen zuerſt erwacht und in Thaͤtigkeit tritt, ſo verlaͤßt
er ihn auch zuletzt, und troͤſtet ihn noch mit ruͤhrender Treue,
wenn die uͤbrigen Sinne ſchon zu erloͤſchen beginnen. Welche
maͤchtige Anregung liegt in dieſen Verhaͤltniſſen zu deſſen flei-
ßiger, ernſter Ausbildung, und wie dankbar und lohnend iſt
ſolches Beſtreben!
Alle genannten Thiere nun, und wie man leider nicht in
Abrede ſtellen kann, gar viele Menſchen eſſen zwar, fuͤhlen die
Nothwendigkeit zu eſſen, leben oft blos, um eſſen zu koͤnnen,
und leben blos menſchlich, indem ſie eſſen, ſtreben nicht ſelten
unter Riſico der drohendſten Gefahren, etwas zu eſſen zu be-
kommen; wenn ſie es nun aber haben, verſchlucken ſie’s ohne
rechten Genuß, in ungeeigneter Verbindung, mit ungedeihli-
chem Erfolge, ſchmeckend und doch geſchmacklos, ohne Sinn
und Bewußtſein. Giebt es doch der Ungluͤcklichen unter den
Menſchen nicht wenige, welche gar keinen Begriff davon haben,
daß man ſich auf das Mittageſſen freuen kann, die haſtig nur da-
mit fertig zu werden ſtreben, und dieß mit ſo wenig Antheil
thun, daß ſie Abends oft nicht mehr wiſſen, was ſie zu Mit-
tag gegeſſen, denen das Eſſen, ſtatt ein heiterer ſchoͤner Genuß,
ein unangenehmes laͤſtiges Geſchaͤft zu ſein ſcheint, das ſie
denn auch auf eine Weiſe vollbringen, die man nicht ohne das
tiefſte Mitleid betrachten kann. Wie manche fuͤhlen ſich bei ei-
ner Einfachheit und Aermlichkeit befriedigt, welche nahe an das
Thieriſche ſtreift!
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