Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.gesunden Sinn wird es überhaupt schon zum und nach dem Noch wäre Manches zu sagen; aber nicht nur die sich Gewährt der Gesammteindruck schöner Gegenstände unge- geſunden Sinn wird es uͤberhaupt ſchon zum und nach dem Noch waͤre Manches zu ſagen; aber nicht nur die ſich Gewaͤhrt der Geſammteindruck ſchoͤner Gegenſtaͤnde unge- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0256" n="242"/> geſunden Sinn wird es uͤberhaupt ſchon zum und nach dem<lb/> Eſſen nicht zuſagen, auch wenn er das Undiaͤtetiſche davon<lb/> nicht erkennt, oder was er auch ſonſt von den gefrornen Ten-<lb/> denzen unſerer Zeit halten mag.</p><lb/> <p>Noch waͤre Manches zu ſagen; aber nicht nur die ſich<lb/> endende Stunde, ſondern auch die Unausſprechlichkeit mancher<lb/> Objekte laͤßt es nicht zu. Sehr wahr ſagt <hi rendition="#g">Hippokrates</hi>:<lb/> Waizen und Waizen, und Wein und Wein, und Alles, was<lb/> wir genießen, iſt gar ſehr von einander verſchieden, und macht,<lb/> daß man nicht ſo genau davon handeln kann.“</p><lb/> <p>Gewaͤhrt der Geſammteindruck ſchoͤner Gegenſtaͤnde unge-<lb/> theilten Vollgenuß, ſo wird der Kenner doch Luſt und Beleh-<lb/> rung auch an Pruͤfung und Wuͤrdigung ſchoͤner Einzelheiten<lb/> finden, welche anzuregen keiner der geringſten Zwecke dieſer<lb/> Vorleſung war, wobei denn freilich, wie — <hi rendition="#aq">sans comparaison</hi><lb/> — in der Iliade, auch <hi rendition="#g">Therſites</hi> nicht fehlen durfte. „Der<lb/> Bauch, lehrt aber <hi rendition="#g">Sirach</hi>, nimmt allerlei Speiſe zu ſich, doch<lb/> iſt eine Speiſe beſſer denn die andre.“ — Daraus folgt nicht,<lb/> daß man blos nach Einem trachten, Eines lieben muͤſſe, ſondern<lb/> vielmehr alles Liebenswuͤrdige; — immer mit gebuͤhrender Be-<lb/> achtung und Achtung des Spezifiſchen. Nur keine Gleich-<lb/> giltigkeit! — <hi rendition="#g">Shakeſpeare’s</hi> holde <hi rendition="#g">Porzia</hi> ſagt: Die Kraͤhe<lb/> ſingt ſo lieblich, wie die Lerche, wenn man auf keine lauſchet. —</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [242/0256]
geſunden Sinn wird es uͤberhaupt ſchon zum und nach dem
Eſſen nicht zuſagen, auch wenn er das Undiaͤtetiſche davon
nicht erkennt, oder was er auch ſonſt von den gefrornen Ten-
denzen unſerer Zeit halten mag.
Noch waͤre Manches zu ſagen; aber nicht nur die ſich
endende Stunde, ſondern auch die Unausſprechlichkeit mancher
Objekte laͤßt es nicht zu. Sehr wahr ſagt Hippokrates:
Waizen und Waizen, und Wein und Wein, und Alles, was
wir genießen, iſt gar ſehr von einander verſchieden, und macht,
daß man nicht ſo genau davon handeln kann.“
Gewaͤhrt der Geſammteindruck ſchoͤner Gegenſtaͤnde unge-
theilten Vollgenuß, ſo wird der Kenner doch Luſt und Beleh-
rung auch an Pruͤfung und Wuͤrdigung ſchoͤner Einzelheiten
finden, welche anzuregen keiner der geringſten Zwecke dieſer
Vorleſung war, wobei denn freilich, wie — sans comparaison
— in der Iliade, auch Therſites nicht fehlen durfte. „Der
Bauch, lehrt aber Sirach, nimmt allerlei Speiſe zu ſich, doch
iſt eine Speiſe beſſer denn die andre.“ — Daraus folgt nicht,
daß man blos nach Einem trachten, Eines lieben muͤſſe, ſondern
vielmehr alles Liebenswuͤrdige; — immer mit gebuͤhrender Be-
achtung und Achtung des Spezifiſchen. Nur keine Gleich-
giltigkeit! — Shakeſpeare’s holde Porzia ſagt: Die Kraͤhe
ſingt ſo lieblich, wie die Lerche, wenn man auf keine lauſchet. —
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