Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.viar, einem kalten Rebhühnchen und dergleichen versteht sich Das Allerunnöthigste wäre, darüber zu reden, ob der Anders verhält es sich mit dem Trinken über Tisch. Es Plater leitete sein hohes Alter davon her, daß er niemals Wenn aber Plater auch sein hohes Alter davon herleitete, Auch die Auktorität Hildebrandt's ist gegen das Trinken viar, einem kalten Rebhuͤhnchen und dergleichen verſteht ſich Das Allerunnoͤthigſte waͤre, daruͤber zu reden, ob der Anders verhaͤlt es ſich mit dem Trinken uͤber Tiſch. Es Plater leitete ſein hohes Alter davon her, daß er niemals Wenn aber Plater auch ſein hohes Alter davon herleitete, Auch die Auktoritaͤt Hildebrandt’s iſt gegen das Trinken <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0258" n="244"/> viar, einem kalten Rebhuͤhnchen und dergleichen verſteht ſich<lb/> von ſelbſt.</p><lb/> <p>Das Allerunnoͤthigſte waͤre, daruͤber zu reden, ob der<lb/> Menſch uͤberhaupt trinken ſolle. Wer erkennt nicht in dem<lb/> Mecklenburgiſchen Bauer Woldeck, der in ſeinem Leben gar<lb/> niemals getrunken hatte, und ſchon als Kind nicht einmal die<lb/> Muttermilch mochte, ein verabſcheuungswuͤrdiges Monſtrum,<lb/> eine unmenſchliche Abnormitaͤt?</p><lb/> <p>Anders verhaͤlt es ſich mit dem Trinken uͤber Tiſch. Es<lb/> giebt gewichtige Auktoritaͤten und Gruͤnde dagegen.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Plater</hi> leitete ſein hohes Alter davon her, daß er niemals<lb/> eher getrunken haͤtte, als bis er ſich ſatt gegeſſen, und <hi rendition="#g">Lichten-<lb/> berg</hi> verſichert, daß er ſich niemals ſo geſund befunden, als<lb/> ſeit er nicht mehr uͤber Tiſch getrunken, und noch von keiner<lb/> Arznei ſo ſchnell und handgreiflich die gute Wirkung empfun-<lb/> den, als hiervon.</p><lb/> <p>Wenn aber <hi rendition="#g">Plater</hi> auch ſein hohes Alter davon herleitete,<lb/> und wenn man auch hierauf uͤberhaupt Werth legen wollte, ſo<lb/> iſt damit nichts weniger als erwieſen, daß er Recht hatte, es<lb/> davon herzuleiten, und <hi rendition="#g">Lichtenberg</hi> ſagt ſelbſt, daß er haͤufig<lb/> medizinirte, alſo nicht geſund, alſo krank war, alſo fuͤr Geſunde<lb/> nichts entſcheidet. Ueberhaupt ſagt eine Auktoritaͤt aus dem<lb/> Grund eigentlich nichts, weil ſie kein Grund iſt.</p><lb/> <p>Auch die Auktoritaͤt <hi rendition="#g">Hildebrandt’s</hi> iſt gegen das Trinken<lb/> uͤber Tiſch; das thaͤte aber gar nichts, wenn er nicht zugleich<lb/> den fuͤr den Eßkuͤnſtler eben ſo erheblichen als gewichtigen Grund<lb/> anfuͤhrte, daß das Getraͤnk neben den Speiſen doch auch ſeinen<lb/> Platz haben wolle, woraus natuͤrlicher Weiſe folgt, daß einer,<lb/> der viel trinkt, verhaͤltnißmaͤßig um ſo weniger eſſen kann.<lb/> Dieß, und daß der ſpezifiſche Geſchmack der Speiſe reiner und<lb/> beſtimmter wahrgenommen wird, wenn man nicht dazu trinkt,<lb/> iſt wohl zu beherzigen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [244/0258]
viar, einem kalten Rebhuͤhnchen und dergleichen verſteht ſich
von ſelbſt.
Das Allerunnoͤthigſte waͤre, daruͤber zu reden, ob der
Menſch uͤberhaupt trinken ſolle. Wer erkennt nicht in dem
Mecklenburgiſchen Bauer Woldeck, der in ſeinem Leben gar
niemals getrunken hatte, und ſchon als Kind nicht einmal die
Muttermilch mochte, ein verabſcheuungswuͤrdiges Monſtrum,
eine unmenſchliche Abnormitaͤt?
Anders verhaͤlt es ſich mit dem Trinken uͤber Tiſch. Es
giebt gewichtige Auktoritaͤten und Gruͤnde dagegen.
Plater leitete ſein hohes Alter davon her, daß er niemals
eher getrunken haͤtte, als bis er ſich ſatt gegeſſen, und Lichten-
berg verſichert, daß er ſich niemals ſo geſund befunden, als
ſeit er nicht mehr uͤber Tiſch getrunken, und noch von keiner
Arznei ſo ſchnell und handgreiflich die gute Wirkung empfun-
den, als hiervon.
Wenn aber Plater auch ſein hohes Alter davon herleitete,
und wenn man auch hierauf uͤberhaupt Werth legen wollte, ſo
iſt damit nichts weniger als erwieſen, daß er Recht hatte, es
davon herzuleiten, und Lichtenberg ſagt ſelbſt, daß er haͤufig
medizinirte, alſo nicht geſund, alſo krank war, alſo fuͤr Geſunde
nichts entſcheidet. Ueberhaupt ſagt eine Auktoritaͤt aus dem
Grund eigentlich nichts, weil ſie kein Grund iſt.
Auch die Auktoritaͤt Hildebrandt’s iſt gegen das Trinken
uͤber Tiſch; das thaͤte aber gar nichts, wenn er nicht zugleich
den fuͤr den Eßkuͤnſtler eben ſo erheblichen als gewichtigen Grund
anfuͤhrte, daß das Getraͤnk neben den Speiſen doch auch ſeinen
Platz haben wolle, woraus natuͤrlicher Weiſe folgt, daß einer,
der viel trinkt, verhaͤltnißmaͤßig um ſo weniger eſſen kann.
Dieß, und daß der ſpezifiſche Geſchmack der Speiſe reiner und
beſtimmter wahrgenommen wird, wenn man nicht dazu trinkt,
iſt wohl zu beherzigen.
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