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Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.

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will. Der Mensch ißt wie ein Mensch, wenn er gute
und angemessene Produkte der Natur und Kunst in
gehöriger Menge und Verbindung, mit Heiterkeit,
Ruhe, Sinn und Bewußtsein, auf subjektiv und objek-
tiv angenehme und geschmackvolle Weise, sich schmecken
läßt
.

Welch gewichtiger Sinn in wenig Worten! Schon eine
kurze vorläufige Prüfung derselben wird ihre Bedeutung und
die Nothwendigkeit weiterer und näherer Erörterung ergeben.

Fichte in seiner Anleitung zum seeligen Leben sagt: "Die
Vorlesungen, welche ich hiermit eröffne, haben sich angekündigt
als die Anweisung zu einem seeligen Leben. Uns fügend der
gemeinen und gewöhnlichen Ansicht, welche man nicht berichti-
gen kann, ohne für's erste an dieselbe anzuknüpfen, konnten wir
nicht umhin uns also auszudrücken: ohnerachtet, der wahren
Ansicht nach, in dem Ausdrucke: seeliges Leeben etwas Ueber-
flüssiges liegt. Nämlich, das Leben ist nothwendig seelig, denn
es ist die Seeligkeit; der Gedanke eines unseeligen Lebens hin-
gegen enthält einen Widerspruch." -- Eben so ergeht es auch
mir. Denn der Ausdruck: gut und angemessen enthält etwas
Ueberflüssiges, da gute Speisen nothwendig auch angemessen sein
müssen und umgekehrt. Ferner kann man eine Speise, die nicht
gut ist, unmöglich sich schmecken lassen, essen und sich's schmek-
ken lassen ist aber nothwendig ein und dasselbe, und eine nicht
schmackhafte Speise steht mit sich selbst in Widerspruch, hebt sich
somit selbst auf, ist also gar keine Speise, ist etwas, was man
eben nicht ißt, nicht essen soll.

Meine Entschuldigung ist theils die Fichte's, theils recht-
fertigen sich die gebrauchten Ausdrücke durch die Wichtigkeit
ihrer Bedeutung. Wie schwierig sind die Fragen: was soll
man essen? welche Speisen sind gut, sind angemessen? wie müs-
sen sie bereitet sein? wie viel davon, in welcher Verbindung
soll man sie essen? was ist geschmackvoll? was schmeckt ange-

will. Der Menſch ißt wie ein Menſch, wenn er gute
und angemeſſene Produkte der Natur und Kunſt in
gehoͤriger Menge und Verbindung, mit Heiterkeit,
Ruhe, Sinn und Bewußtſein, auf ſubjektiv und objek-
tiv angenehme und geſchmackvolle Weiſe, ſich ſchmecken
laͤßt
.

Welch gewichtiger Sinn in wenig Worten! Schon eine
kurze vorlaͤufige Pruͤfung derſelben wird ihre Bedeutung und
die Nothwendigkeit weiterer und naͤherer Eroͤrterung ergeben.

Fichte in ſeiner Anleitung zum ſeeligen Leben ſagt: „Die
Vorleſungen, welche ich hiermit eroͤffne, haben ſich angekuͤndigt
als die Anweiſung zu einem ſeeligen Leben. Uns fuͤgend der
gemeinen und gewoͤhnlichen Anſicht, welche man nicht berichti-
gen kann, ohne fuͤr’s erſte an dieſelbe anzuknuͤpfen, konnten wir
nicht umhin uns alſo auszudruͤcken: ohnerachtet, der wahren
Anſicht nach, in dem Ausdrucke: ſeeliges Leeben etwas Ueber-
fluͤſſiges liegt. Naͤmlich, das Leben iſt nothwendig ſeelig, denn
es iſt die Seeligkeit; der Gedanke eines unſeeligen Lebens hin-
gegen enthaͤlt einen Widerſpruch.“ — Eben ſo ergeht es auch
mir. Denn der Ausdruck: gut und angemeſſen enthaͤlt etwas
Ueberfluͤſſiges, da gute Speiſen nothwendig auch angemeſſen ſein
muͤſſen und umgekehrt. Ferner kann man eine Speiſe, die nicht
gut iſt, unmoͤglich ſich ſchmecken laſſen, eſſen und ſich’s ſchmek-
ken laſſen iſt aber nothwendig ein und daſſelbe, und eine nicht
ſchmackhafte Speiſe ſteht mit ſich ſelbſt in Widerſpruch, hebt ſich
ſomit ſelbſt auf, iſt alſo gar keine Speiſe, iſt etwas, was man
eben nicht ißt, nicht eſſen ſoll.

Meine Entſchuldigung iſt theils die Fichte’s, theils recht-
fertigen ſich die gebrauchten Ausdruͤcke durch die Wichtigkeit
ihrer Bedeutung. Wie ſchwierig ſind die Fragen: was ſoll
man eſſen? welche Speiſen ſind gut, ſind angemeſſen? wie muͤſ-
ſen ſie bereitet ſein? wie viel davon, in welcher Verbindung
ſoll man ſie eſſen? was iſt geſchmackvoll? was ſchmeckt ange-

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[14/0028] will. Der Menſch ißt wie ein Menſch, wenn er gute und angemeſſene Produkte der Natur und Kunſt in gehoͤriger Menge und Verbindung, mit Heiterkeit, Ruhe, Sinn und Bewußtſein, auf ſubjektiv und objek- tiv angenehme und geſchmackvolle Weiſe, ſich ſchmecken laͤßt. Welch gewichtiger Sinn in wenig Worten! Schon eine kurze vorlaͤufige Pruͤfung derſelben wird ihre Bedeutung und die Nothwendigkeit weiterer und naͤherer Eroͤrterung ergeben. Fichte in ſeiner Anleitung zum ſeeligen Leben ſagt: „Die Vorleſungen, welche ich hiermit eroͤffne, haben ſich angekuͤndigt als die Anweiſung zu einem ſeeligen Leben. Uns fuͤgend der gemeinen und gewoͤhnlichen Anſicht, welche man nicht berichti- gen kann, ohne fuͤr’s erſte an dieſelbe anzuknuͤpfen, konnten wir nicht umhin uns alſo auszudruͤcken: ohnerachtet, der wahren Anſicht nach, in dem Ausdrucke: ſeeliges Leeben etwas Ueber- fluͤſſiges liegt. Naͤmlich, das Leben iſt nothwendig ſeelig, denn es iſt die Seeligkeit; der Gedanke eines unſeeligen Lebens hin- gegen enthaͤlt einen Widerſpruch.“ — Eben ſo ergeht es auch mir. Denn der Ausdruck: gut und angemeſſen enthaͤlt etwas Ueberfluͤſſiges, da gute Speiſen nothwendig auch angemeſſen ſein muͤſſen und umgekehrt. Ferner kann man eine Speiſe, die nicht gut iſt, unmoͤglich ſich ſchmecken laſſen, eſſen und ſich’s ſchmek- ken laſſen iſt aber nothwendig ein und daſſelbe, und eine nicht ſchmackhafte Speiſe ſteht mit ſich ſelbſt in Widerſpruch, hebt ſich ſomit ſelbſt auf, iſt alſo gar keine Speiſe, iſt etwas, was man eben nicht ißt, nicht eſſen ſoll. Meine Entſchuldigung iſt theils die Fichte’s, theils recht- fertigen ſich die gebrauchten Ausdruͤcke durch die Wichtigkeit ihrer Bedeutung. Wie ſchwierig ſind die Fragen: was ſoll man eſſen? welche Speiſen ſind gut, ſind angemeſſen? wie muͤſ- ſen ſie bereitet ſein? wie viel davon, in welcher Verbindung ſoll man ſie eſſen? was iſt geſchmackvoll? was ſchmeckt ange-

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Zitationshilfe: Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/28>, abgerufen am 21.11.2024.