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Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.

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Bändern geschnürten Würsten; welche Hähne, welche alle eine
rothe Fahne unter dem Bürzel stecken haben. Man versicherte,
daß deren 30,000 verkauft worden, ohne die zu rechnen, welche
die Leute im Hause gemästet hatten. Außer diesem werden
noch eine Menge Esel mit grüner Waare, Kapaunen und jun-
gen Lämmern beladen durch die Stadt und über den Markt
getrieben und die Haufen Eier, welche man hier und da sieht,
sind so groß, daß man sich ihrer niemals so viel beisammen ge-
dacht hat. Und nicht genug, daß alles dieses verzehrt wird:
alle Jahre reitet ein Polizeidiener mit einem Trompeter durch
die Stadt, und verkündigt auf allen Plätzen und Kreuzwegen,
wie viel tausend Ochsen, Kälber, Lämmer, Schweine etc. der
Neapolitaner verzehrt habe. Das Volk hört aufmerksam zu,
freut sich unmäßig über die großen Zahlen und jeder erinnert
sich des Antheils an diesem Genusse mit Vergnügen.

Was die Mehl- und Milchspeisen betrifft, welche unsere
Köchinnen so mannichfaltig zu bereiten wissen, ist für jenes
Volk, das sich in dergleichen Dingen gern kurz faßt und keine
wohleingerichtete Küche hat, doppelt gesorgt. Die Maccaroni,
ein zarter stark durchgearbeiteter, gekochter, in gewisse Gestalten
gepreßter Teig von feinem Mehle, sind von allen Sorten über-
all um ein Geringes zu haben. Sie werden meistens nur im
Wasser gekocht und der geriebene Käse schmälzt und würzt zu-
gleich die Schüssel. Fast an der Ecke jeder großen Straße sind
die Backwerksverfertiger mit ihren Pfannen voll siedenden Oels,
besonders an Festtagen, beschäftigt, Fische und Backwerk einem
jeden nach seinem Verlangen sogleich zu bereiten. Diese Leute
haben einen unglaublichen Abgang, und viele tausend Menschen
tragen ihr Mittag- und Abendessen von da auf einem Stück-
chen Papier davon."

Tischbein schreibt ganz dasselbe. Hackert lobt besonders
seinen hohen Gönner, den König von Neapel, als sehr ge-
schmackvollen und denkenden Eßkünstler. Der König ließ Au-

Baͤndern geſchnuͤrten Wuͤrſten; welche Haͤhne, welche alle eine
rothe Fahne unter dem Buͤrzel ſtecken haben. Man verſicherte,
daß deren 30,000 verkauft worden, ohne die zu rechnen, welche
die Leute im Hauſe gemaͤſtet hatten. Außer dieſem werden
noch eine Menge Eſel mit gruͤner Waare, Kapaunen und jun-
gen Laͤmmern beladen durch die Stadt und uͤber den Markt
getrieben und die Haufen Eier, welche man hier und da ſieht,
ſind ſo groß, daß man ſich ihrer niemals ſo viel beiſammen ge-
dacht hat. Und nicht genug, daß alles dieſes verzehrt wird:
alle Jahre reitet ein Polizeidiener mit einem Trompeter durch
die Stadt, und verkuͤndigt auf allen Plaͤtzen und Kreuzwegen,
wie viel tauſend Ochſen, Kaͤlber, Laͤmmer, Schweine ꝛc. der
Neapolitaner verzehrt habe. Das Volk hoͤrt aufmerkſam zu,
freut ſich unmaͤßig uͤber die großen Zahlen und jeder erinnert
ſich des Antheils an dieſem Genuſſe mit Vergnuͤgen.

Was die Mehl- und Milchſpeiſen betrifft, welche unſere
Koͤchinnen ſo mannichfaltig zu bereiten wiſſen, iſt fuͤr jenes
Volk, das ſich in dergleichen Dingen gern kurz faßt und keine
wohleingerichtete Kuͤche hat, doppelt geſorgt. Die Maccaroni,
ein zarter ſtark durchgearbeiteter, gekochter, in gewiſſe Geſtalten
gepreßter Teig von feinem Mehle, ſind von allen Sorten uͤber-
all um ein Geringes zu haben. Sie werden meiſtens nur im
Waſſer gekocht und der geriebene Kaͤſe ſchmaͤlzt und wuͤrzt zu-
gleich die Schuͤſſel. Faſt an der Ecke jeder großen Straße ſind
die Backwerksverfertiger mit ihren Pfannen voll ſiedenden Oels,
beſonders an Feſttagen, beſchaͤftigt, Fiſche und Backwerk einem
jeden nach ſeinem Verlangen ſogleich zu bereiten. Dieſe Leute
haben einen unglaublichen Abgang, und viele tauſend Menſchen
tragen ihr Mittag- und Abendeſſen von da auf einem Stuͤck-
chen Papier davon.“

Tiſchbein ſchreibt ganz daſſelbe. Hackert lobt beſonders
ſeinen hohen Goͤnner, den Koͤnig von Neapel, als ſehr ge-
ſchmackvollen und denkenden Eßkuͤnſtler. Der Koͤnig ließ Au-

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[57/0071] Baͤndern geſchnuͤrten Wuͤrſten; welche Haͤhne, welche alle eine rothe Fahne unter dem Buͤrzel ſtecken haben. Man verſicherte, daß deren 30,000 verkauft worden, ohne die zu rechnen, welche die Leute im Hauſe gemaͤſtet hatten. Außer dieſem werden noch eine Menge Eſel mit gruͤner Waare, Kapaunen und jun- gen Laͤmmern beladen durch die Stadt und uͤber den Markt getrieben und die Haufen Eier, welche man hier und da ſieht, ſind ſo groß, daß man ſich ihrer niemals ſo viel beiſammen ge- dacht hat. Und nicht genug, daß alles dieſes verzehrt wird: alle Jahre reitet ein Polizeidiener mit einem Trompeter durch die Stadt, und verkuͤndigt auf allen Plaͤtzen und Kreuzwegen, wie viel tauſend Ochſen, Kaͤlber, Laͤmmer, Schweine ꝛc. der Neapolitaner verzehrt habe. Das Volk hoͤrt aufmerkſam zu, freut ſich unmaͤßig uͤber die großen Zahlen und jeder erinnert ſich des Antheils an dieſem Genuſſe mit Vergnuͤgen. Was die Mehl- und Milchſpeiſen betrifft, welche unſere Koͤchinnen ſo mannichfaltig zu bereiten wiſſen, iſt fuͤr jenes Volk, das ſich in dergleichen Dingen gern kurz faßt und keine wohleingerichtete Kuͤche hat, doppelt geſorgt. Die Maccaroni, ein zarter ſtark durchgearbeiteter, gekochter, in gewiſſe Geſtalten gepreßter Teig von feinem Mehle, ſind von allen Sorten uͤber- all um ein Geringes zu haben. Sie werden meiſtens nur im Waſſer gekocht und der geriebene Kaͤſe ſchmaͤlzt und wuͤrzt zu- gleich die Schuͤſſel. Faſt an der Ecke jeder großen Straße ſind die Backwerksverfertiger mit ihren Pfannen voll ſiedenden Oels, beſonders an Feſttagen, beſchaͤftigt, Fiſche und Backwerk einem jeden nach ſeinem Verlangen ſogleich zu bereiten. Dieſe Leute haben einen unglaublichen Abgang, und viele tauſend Menſchen tragen ihr Mittag- und Abendeſſen von da auf einem Stuͤck- chen Papier davon.“ Tiſchbein ſchreibt ganz daſſelbe. Hackert lobt beſonders ſeinen hohen Goͤnner, den Koͤnig von Neapel, als ſehr ge- ſchmackvollen und denkenden Eßkuͤnſtler. Der Koͤnig ließ Au-

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Zitationshilfe: Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/anthus_esskunst_1838/71>, abgerufen am 21.11.2024.