Antonius Anthus [i. e. Blumröder, Gustav]: Vorlesungen über Esskunst. Leipzig, 1838.Formen, so möge er wohl bedenken, daß seine eigne Weise doch Der Deutsche aber, der im Uebermischen und Mengen, in Uebrigens darf nicht übersehen werden, daß die Französi- Abgesehen nun davon, daß eine detaillirtere Darstellung So neigt sich denn unsere weite Wanderung zum Ziele, Formen, ſo moͤge er wohl bedenken, daß ſeine eigne Weiſe doch Der Deutſche aber, der im Uebermiſchen und Mengen, in Uebrigens darf nicht uͤberſehen werden, daß die Franzoͤſi- Abgeſehen nun davon, daß eine detaillirtere Darſtellung So neigt ſich denn unſere weite Wanderung zum Ziele, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0080" n="66"/> Formen, ſo moͤge er wohl bedenken, daß ſeine eigne Weiſe doch<lb/> gar zu ſimpel und einerlei iſt, und der Franzoſe ihn, mit dem-<lb/> ſelben Recht der Uebertreibung, einen Barbaren nennt, der nichts<lb/> von Eßkunſt verſtehe, die uͤberwuͤrzten Schildkroͤtenſuppen und<lb/> ſonſtige Suppenloſigkeit, die blutigen Roaſtbeefs, die in Waſ-<lb/> ſer gekochten Gemuͤſe und die Rhabarberpaſteten in tiefer Seele<lb/> verachtet. Jedenfalls iſt’s auch ſchicklicher, Mund und Finger<lb/> mit der Serviette, als mit dem Tiſchtuch abzuwiſchen.</p><lb/> <p>Der Deutſche aber, der im Uebermiſchen und Mengen, in<lb/> den ungeeignetſten Compoſitionen ins Grund- und Bodenloſe<lb/> geht, und den Franzoſen weit uͤberbietet, ſollte billig ſich be-<lb/> ſcheiden, hieruͤber an die eigne Bruſt zu ſchlagen.</p><lb/> <p>Uebrigens darf nicht uͤberſehen werden, daß die Franzoͤſi-<lb/> ſche Kuͤche in neuerer Zeit in der Compoſition gar ſehr ſich ver-<lb/> einfacht hat. Ich ſelbſt fand in Paris dieſe Vereinfachung der<lb/> Compoſition ſehr geſchmackvoll, wobei zugleich die reichſte Man-<lb/> nigfaltigkeit und Vielfaͤltigkeit der einzelnen Speiſen, von de-<lb/> nen man nach Belieben eſſen konnte, die erfreulichſte Auswahl<lb/> bot. Unlogiſcher Weiſe verwechſelt man immer beides.</p><lb/> <p>Abgeſehen nun davon, daß eine detaillirtere Darſtellung<lb/> und Kritik der Eßkunſt der drei genannten Nationen, beſon-<lb/> ders der Franzoͤſiſchen, mich allein weiter fuͤhrte, als mir fuͤr<lb/> alle Vorleſungen zuſammengenommen Raum geſtattet iſt, hat<lb/> bereits die heutige Vorleſung ſchon zu viel Zeit weggenommen,<lb/> um nicht zu deren Beendigung alsbald einzulenken. Was dem-<lb/> nach etwa hier vermißt werden moͤchte, wird daher in den folgen-<lb/> den Vortraͤgen ſchicklichen Orts gebuͤhrende Erwaͤhnung finden.</p><lb/> <p>So neigt ſich denn unſere weite Wanderung zum Ziele,<lb/> und das Ideal iſt noch immer nicht gefunden. Die noch uͤbri-<lb/> gen Europaͤiſchen Nationen haben ſo wenig bezuͤgliches Eigen-<lb/> thuͤmliche, daß ein dortiger Fund wohl das Suchen nicht lohnte.<lb/> Vielleicht finden wir’s in der neuen Welt? Auf nach Amerika,<lb/> in die civiliſirten vereinigten Staaten! Wir kommen gerade<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [66/0080]
Formen, ſo moͤge er wohl bedenken, daß ſeine eigne Weiſe doch
gar zu ſimpel und einerlei iſt, und der Franzoſe ihn, mit dem-
ſelben Recht der Uebertreibung, einen Barbaren nennt, der nichts
von Eßkunſt verſtehe, die uͤberwuͤrzten Schildkroͤtenſuppen und
ſonſtige Suppenloſigkeit, die blutigen Roaſtbeefs, die in Waſ-
ſer gekochten Gemuͤſe und die Rhabarberpaſteten in tiefer Seele
verachtet. Jedenfalls iſt’s auch ſchicklicher, Mund und Finger
mit der Serviette, als mit dem Tiſchtuch abzuwiſchen.
Der Deutſche aber, der im Uebermiſchen und Mengen, in
den ungeeignetſten Compoſitionen ins Grund- und Bodenloſe
geht, und den Franzoſen weit uͤberbietet, ſollte billig ſich be-
ſcheiden, hieruͤber an die eigne Bruſt zu ſchlagen.
Uebrigens darf nicht uͤberſehen werden, daß die Franzoͤſi-
ſche Kuͤche in neuerer Zeit in der Compoſition gar ſehr ſich ver-
einfacht hat. Ich ſelbſt fand in Paris dieſe Vereinfachung der
Compoſition ſehr geſchmackvoll, wobei zugleich die reichſte Man-
nigfaltigkeit und Vielfaͤltigkeit der einzelnen Speiſen, von de-
nen man nach Belieben eſſen konnte, die erfreulichſte Auswahl
bot. Unlogiſcher Weiſe verwechſelt man immer beides.
Abgeſehen nun davon, daß eine detaillirtere Darſtellung
und Kritik der Eßkunſt der drei genannten Nationen, beſon-
ders der Franzoͤſiſchen, mich allein weiter fuͤhrte, als mir fuͤr
alle Vorleſungen zuſammengenommen Raum geſtattet iſt, hat
bereits die heutige Vorleſung ſchon zu viel Zeit weggenommen,
um nicht zu deren Beendigung alsbald einzulenken. Was dem-
nach etwa hier vermißt werden moͤchte, wird daher in den folgen-
den Vortraͤgen ſchicklichen Orts gebuͤhrende Erwaͤhnung finden.
So neigt ſich denn unſere weite Wanderung zum Ziele,
und das Ideal iſt noch immer nicht gefunden. Die noch uͤbri-
gen Europaͤiſchen Nationen haben ſo wenig bezuͤgliches Eigen-
thuͤmliche, daß ein dortiger Fund wohl das Suchen nicht lohnte.
Vielleicht finden wir’s in der neuen Welt? Auf nach Amerika,
in die civiliſirten vereinigten Staaten! Wir kommen gerade
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