Arnds, Wilhelm Erasmus: Eines zehen-jährigen Knabens Christlieb Leberecht von Exter/ aus Zerbst/ Christlich geführter Lebens-Lauff. Halle (Saale), 1708.Lebens-Lauff. Creaturen enthalten/ damit nicht dieBegierden in ihrer natürlichen Unord- nung dabey ohne Furcht führen/ und aus der Freyheit eine Frechheit machten. Da- rum als ihm auf eine Zeit gelüstete Weintrauben zu essen/ und den Garten- Schlüssel deshalben forderte/ resolvir- te er sich bald anders/ gab den Schlüssel zurück und sagte: Jch will meinen Ap- petit brechen/ weil er so groß ist. Also sorgfältig war er die Lüste des Leibes zu- bewahren und ihnen Zügel anzulegen/ daß solche den Geist nicht dämpffen und übertäuben mögten. Keinesweges aber machte er sich in Er wuste/ daß die Christen allein an Er
Lebens-Lauff. Creaturen enthalten/ damit nicht dieBegierden in ihrer natuͤrlichen Unord- nung dabey ohne Furcht fuͤhren/ und aus der Freyheit eine Frechheit machten. Da- rum als ihm auf eine Zeit geluͤſtete Weintrauben zu eſſen/ und den Garten- Schluͤſſel deshalben forderte/ reſolvir- te er ſich bald anders/ gab den Schluͤſſel zuruͤck und ſagte: Jch will meinen Ap- petit brechen/ weil er ſo groß iſt. Alſo ſorgfaͤltig war er die Luͤſte des Leibes zu- bewahren und ihnen Zuͤgel anzulegen/ daß ſolche den Geiſt nicht daͤmpffen und uͤbertaͤuben moͤgten. Keinesweges aber machte er ſich in Er wuſte/ daß die Chriſten allein an Er
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0047" n="21"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Lebens-Lauff.</hi></fw><lb/> Creaturen enthalten/ damit nicht die<lb/> Begierden in ihrer natuͤrlichen Unord-<lb/> nung dabey ohne Furcht fuͤhren/ und aus<lb/> der Freyheit eine Frechheit machten. Da-<lb/> rum als ihm auf eine Zeit geluͤſtete<lb/> Weintrauben zu eſſen/ und den Garten-<lb/> Schluͤſſel deshalben forderte/ <hi rendition="#aq">reſolvir-</hi><lb/> te er ſich bald anders/ gab den Schluͤſſel<lb/> zuruͤck und ſagte: <hi rendition="#fr">Jch will meinen</hi> <hi rendition="#aq">Ap-<lb/> petit</hi> <hi rendition="#fr">brechen/ weil er ſo groß iſt.</hi> Alſo<lb/> ſorgfaͤltig war er die Luͤſte des Leibes zu-<lb/> bewahren und ihnen Zuͤgel anzulegen/<lb/> daß ſolche den Geiſt nicht daͤmpffen und<lb/> uͤbertaͤuben moͤgten.</p><lb/> <p>Keinesweges aber machte er ſich in<lb/> ſolchen Mittel-Dingen unnoͤthige Geſe-<lb/> tze und Gewiſſens-Stricke/ ob haͤtte er<lb/> den Geiſt der Furcht empfangen; ach<lb/> nein! ſein gantzes Leben war ſo bewandt/<lb/> daß die Freyheit und Freudigkeit aus<lb/> allem ſeinem Thun hervor leuchtete.</p><lb/> <p>Er wuſte/ daß die Chriſten allein an<lb/> denen Creaturen Recht bekommen we-<lb/> gen ihrer Verſoͤhnung mit dem Schoͤpf-<lb/> fer.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Er</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [21/0047]
Lebens-Lauff.
Creaturen enthalten/ damit nicht die
Begierden in ihrer natuͤrlichen Unord-
nung dabey ohne Furcht fuͤhren/ und aus
der Freyheit eine Frechheit machten. Da-
rum als ihm auf eine Zeit geluͤſtete
Weintrauben zu eſſen/ und den Garten-
Schluͤſſel deshalben forderte/ reſolvir-
te er ſich bald anders/ gab den Schluͤſſel
zuruͤck und ſagte: Jch will meinen Ap-
petit brechen/ weil er ſo groß iſt. Alſo
ſorgfaͤltig war er die Luͤſte des Leibes zu-
bewahren und ihnen Zuͤgel anzulegen/
daß ſolche den Geiſt nicht daͤmpffen und
uͤbertaͤuben moͤgten.
Keinesweges aber machte er ſich in
ſolchen Mittel-Dingen unnoͤthige Geſe-
tze und Gewiſſens-Stricke/ ob haͤtte er
den Geiſt der Furcht empfangen; ach
nein! ſein gantzes Leben war ſo bewandt/
daß die Freyheit und Freudigkeit aus
allem ſeinem Thun hervor leuchtete.
Er wuſte/ daß die Chriſten allein an
denen Creaturen Recht bekommen we-
gen ihrer Verſoͤhnung mit dem Schoͤpf-
fer.
Er
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/arends_exter_1708 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/arends_exter_1708/47 |
Zitationshilfe: | Arnds, Wilhelm Erasmus: Eines zehen-jährigen Knabens Christlieb Leberecht von Exter/ aus Zerbst/ Christlich geführter Lebens-Lauff. Halle (Saale), 1708, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arends_exter_1708/47>, abgerufen am 16.07.2024. |