Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Heinrich Hart. Das Lied der Menschheit. Vorgesang. Originalbeitrag. 1883. Diese Dichtung bildet den Vorgesang zu einem Epos: "Das Lied der Menschheit", das in Einst war die Welt ein endlos tiefes Meer Von Finsternissen -- todt und stumm und leer. Kein Hauch, kein Athem, weder Fluth noch Schaum, Zeit ohne Werden, Schlafen ohne Traum, Leidlose Ruhe, Kraft, die nichts erfüllt, Ein Grab, das Schatten wesenlos umhüllt. Einst aber wie ein Blitz durchfuhr's das All, Das Meer barst auf mit dumpfem Donnerhall Und tausend Wirbel kreuzten durch die Wogen Und tausend Feuer zuckten rings und flogen Und auseinander klüfteten die Gluthen Und schossen sprühend hin gleich Flammenruthen Und ballten kreisend sich zu Sonnenwelten, Verschlangen sich und barsten und zerschellten -- Von Nebeln wirr umflattert, dampfumbraust, Aufbrandend in Gewittern, sturmdurchsaust. Die Nacht versank, es wich des Todes Bann Und heiliger Schauer durch die Schöpfung rann, Da lag die Welt, ein Wasser, breit und klar, Lichtinseln zogen funkelnd, Schaar an Schaar, In wiegenden Reigen schwebend wie zum Spiel, Rastlos der Weg, geheimnißvoll das Ziel. Heinrich Hart. Das Lied der Menſchheit. Vorgeſang. Originalbeitrag. 1883. Dieſe Dichtung bildet den Vorgeſang zu einem Epos: „Das Lied der Menſchheit“, das in Einſt war die Welt ein endlos tiefes Meer Von Finſterniſſen — todt und ſtumm und leer. Kein Hauch, kein Athem, weder Fluth noch Schaum, Zeit ohne Werden, Schlafen ohne Traum, Leidloſe Ruhe, Kraft, die nichts erfüllt, Ein Grab, das Schatten weſenlos umhüllt. Einſt aber wie ein Blitz durchfuhr’s das All, Das Meer barſt auf mit dumpfem Donnerhall Und tauſend Wirbel kreuzten durch die Wogen Und tauſend Feuer zuckten rings und flogen Und auseinander klüfteten die Gluthen Und ſchoſſen ſprühend hin gleich Flammenruthen Und ballten kreiſend ſich zu Sonnenwelten, Verſchlangen ſich und barſten und zerſchellten — Von Nebeln wirr umflattert, dampfumbrauſt, Aufbrandend in Gewittern, ſturmdurchſauſt. Die Nacht verſank, es wich des Todes Bann Und heiliger Schauer durch die Schöpfung rann, Da lag die Welt, ein Waſſer, breit und klar, Lichtinſeln zogen funkelnd, Schaar an Schaar, In wiegenden Reigen ſchwebend wie zum Spiel, Raſtlos der Weg, geheimnißvoll das Ziel. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0189" n="[171]"/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Heinrich Hart.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Das Lied der Menſchheit</hi>.<lb/> Vorgeſang.</hi><lb/> <hi rendition="#c">Originalbeitrag. 1883.</hi> </head><lb/> <argument> <p>Dieſe Dichtung bildet den Vorgeſang zu einem Epos: „<hi rendition="#g">Das Lied der Menſchheit</hi>“, das in<lb/> einer Reihe von ideal zuſammenhängenden Geſängen, deren jeder eine in ſich abgeſchloſſene Erzählung um-<lb/> faßt, die Entwicklung der Menſchheit von ihren erſten Anfängen bis zur Gegenwart herauf, darſtellt.</p> </argument><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">E</hi>inſt war die Welt ein endlos tiefes Meer</l><lb/> <l>Von Finſterniſſen — todt und ſtumm und leer.</l><lb/> <l>Kein Hauch, kein Athem, weder Fluth noch Schaum,</l><lb/> <l>Zeit ohne Werden, Schlafen ohne Traum,</l><lb/> <l>Leidloſe Ruhe, Kraft, die nichts erfüllt,</l><lb/> <l>Ein Grab, das Schatten weſenlos umhüllt.</l><lb/> <l>Einſt aber wie ein Blitz durchfuhr’s das All,</l><lb/> <l>Das Meer barſt auf mit dumpfem Donnerhall</l><lb/> <l>Und tauſend Wirbel kreuzten durch die Wogen</l><lb/> <l>Und tauſend Feuer zuckten rings und flogen</l><lb/> <l>Und auseinander klüfteten die Gluthen</l><lb/> <l>Und ſchoſſen ſprühend hin gleich Flammenruthen</l><lb/> <l>Und ballten kreiſend ſich zu Sonnenwelten,</l><lb/> <l>Verſchlangen ſich und barſten und zerſchellten —</l><lb/> <l>Von Nebeln wirr umflattert, dampfumbrauſt,</l><lb/> <l>Aufbrandend in Gewittern, ſturmdurchſauſt.</l><lb/> <l>Die Nacht verſank, es wich des Todes Bann</l><lb/> <l>Und heiliger Schauer durch die Schöpfung rann,</l><lb/> <l>Da lag die Welt, ein Waſſer, breit und klar,</l><lb/> <l>Lichtinſeln zogen funkelnd, Schaar an Schaar,</l><lb/> <l>In wiegenden Reigen ſchwebend wie zum Spiel,</l><lb/> <l>Raſtlos der Weg, geheimnißvoll das Ziel.</l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[171]/0189]
Heinrich Hart.
Das Lied der Menſchheit.
Vorgeſang.
Originalbeitrag. 1883.
Dieſe Dichtung bildet den Vorgeſang zu einem Epos: „Das Lied der Menſchheit“, das in
einer Reihe von ideal zuſammenhängenden Geſängen, deren jeder eine in ſich abgeſchloſſene Erzählung um-
faßt, die Entwicklung der Menſchheit von ihren erſten Anfängen bis zur Gegenwart herauf, darſtellt.
Einſt war die Welt ein endlos tiefes Meer
Von Finſterniſſen — todt und ſtumm und leer.
Kein Hauch, kein Athem, weder Fluth noch Schaum,
Zeit ohne Werden, Schlafen ohne Traum,
Leidloſe Ruhe, Kraft, die nichts erfüllt,
Ein Grab, das Schatten weſenlos umhüllt.
Einſt aber wie ein Blitz durchfuhr’s das All,
Das Meer barſt auf mit dumpfem Donnerhall
Und tauſend Wirbel kreuzten durch die Wogen
Und tauſend Feuer zuckten rings und flogen
Und auseinander klüfteten die Gluthen
Und ſchoſſen ſprühend hin gleich Flammenruthen
Und ballten kreiſend ſich zu Sonnenwelten,
Verſchlangen ſich und barſten und zerſchellten —
Von Nebeln wirr umflattert, dampfumbrauſt,
Aufbrandend in Gewittern, ſturmdurchſauſt.
Die Nacht verſank, es wich des Todes Bann
Und heiliger Schauer durch die Schöpfung rann,
Da lag die Welt, ein Waſſer, breit und klar,
Lichtinſeln zogen funkelnd, Schaar an Schaar,
In wiegenden Reigen ſchwebend wie zum Spiel,
Raſtlos der Weg, geheimnißvoll das Ziel.
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