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Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

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Heinrich Hart.
Gespräch mit dem Tode.
1884.

Originalbeitrag.

Ich: Wer bist Du Mondesleuchtender?
Er: Der Tod,
Den Deiner Seele dumpfer Schrei entbot;
Ich sah wie Dich der Erde Noth umdrängt,
Auf, folge mir, ich löse was Dich zwängt.
Ich: Wohin? wohin? Dein Weg ist dunkle Nacht,
Ich liebte stets des Tages goldne Pracht.
Er: Was weiß Dein blindes Auge von dem Licht,
Das tiefrem Schoß, als Sonnenglanz entbricht!
Tauch in die eigne Seele Du hinein,
Fühlt sie nicht andren Lichtes Widerschein?
Ich: So keimte neues Sein aus diesem Sein
Und es verfaulte nur dies morsch Gebein?
Er: Sieh dort den Rauch, der im Gewölk verschwebt,
Weil er kein Rauch mehr, hat er ausgelebt?
Wenn das Gewölk grauregnend niedersprüht,
Ist's nicht der Rauch, vor dem das Feld erblüht?
Ich: Was gilt die Welt mir, wenn mein Ich zerfällt!
Er: Weh dem, der für den Fuß die Krücke hält;
Ein Traum vom Ichthum, voller Fieberpein,
Ein Kranken an dem Ich ist euer Sein.
Schlepp weiter, weiter Dein armsel'ges Ich
Und Hölle wird die Ewigkeit für Dich.
Das Ich ist eurer Sünden Quell allein;
Was in euch flach, was ekel, was gemein,
Das Ich gebiert es; eurem Ich zu lieb
Verhurt ihr eures Geistes Gottestrieb,
Heinrich Hart.
Geſpräch mit dem Tode.
1884.

Originalbeitrag.

Ich: Wer biſt Du Mondesleuchtender?
Er: Der Tod,
Den Deiner Seele dumpfer Schrei entbot;
Ich ſah wie Dich der Erde Noth umdrängt,
Auf, folge mir, ich löſe was Dich zwängt.
Ich: Wohin? wohin? Dein Weg iſt dunkle Nacht,
Ich liebte ſtets des Tages goldne Pracht.
Er: Was weiß Dein blindes Auge von dem Licht,
Das tiefrem Schoß, als Sonnenglanz entbricht!
Tauch in die eigne Seele Du hinein,
Fühlt ſie nicht andren Lichtes Widerſchein?
Ich: So keimte neues Sein aus dieſem Sein
Und es verfaulte nur dies morſch Gebein?
Er: Sieh dort den Rauch, der im Gewölk verſchwebt,
Weil er kein Rauch mehr, hat er ausgelebt?
Wenn das Gewölk grauregnend niederſprüht,
Iſt’s nicht der Rauch, vor dem das Feld erblüht?
Ich: Was gilt die Welt mir, wenn mein Ich zerfällt!
Er: Weh dem, der für den Fuß die Krücke hält;
Ein Traum vom Ichthum, voller Fieberpein,
Ein Kranken an dem Ich iſt euer Sein.
Schlepp weiter, weiter Dein armſel’ges Ich
Und Hölle wird die Ewigkeit für Dich.
Das Ich iſt eurer Sünden Quell allein;
Was in euch flach, was ekel, was gemein,
Das Ich gebiert es; eurem Ich zu lieb
Verhurt ihr eures Geiſtes Gottestrieb,
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[194/0212] Heinrich Hart. Geſpräch mit dem Tode. 1884. Originalbeitrag. Ich: Wer biſt Du Mondesleuchtender? Er: Der Tod, Den Deiner Seele dumpfer Schrei entbot; Ich ſah wie Dich der Erde Noth umdrängt, Auf, folge mir, ich löſe was Dich zwängt. Ich: Wohin? wohin? Dein Weg iſt dunkle Nacht, Ich liebte ſtets des Tages goldne Pracht. Er: Was weiß Dein blindes Auge von dem Licht, Das tiefrem Schoß, als Sonnenglanz entbricht! Tauch in die eigne Seele Du hinein, Fühlt ſie nicht andren Lichtes Widerſchein? Ich: So keimte neues Sein aus dieſem Sein Und es verfaulte nur dies morſch Gebein? Er: Sieh dort den Rauch, der im Gewölk verſchwebt, Weil er kein Rauch mehr, hat er ausgelebt? Wenn das Gewölk grauregnend niederſprüht, Iſt’s nicht der Rauch, vor dem das Feld erblüht? Ich: Was gilt die Welt mir, wenn mein Ich zerfällt! Er: Weh dem, der für den Fuß die Krücke hält; Ein Traum vom Ichthum, voller Fieberpein, Ein Kranken an dem Ich iſt euer Sein. Schlepp weiter, weiter Dein armſel’ges Ich Und Hölle wird die Ewigkeit für Dich. Das Ich iſt eurer Sünden Quell allein; Was in euch flach, was ekel, was gemein, Das Ich gebiert es; eurem Ich zu lieb Verhurt ihr eures Geiſtes Gottestrieb,

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Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/212>, abgerufen am 21.11.2024.