Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].

Bild:
<< vorherige Seite
Erich Hartleben.
Heilig gelten der Zeit Rechte des Alters nur:
Weil es bestand vordem, ist es bestehenswerth!
Heilig gelten der Zeit nicht
Treupflichten des eignen Sinns. --
Sträuben sollen wir uns wider das Eisenjoch,
Dem der Gewohnheit Schmutz Würde des Alters lieh;
Wen das steigende Licht grüßt,
Nicht sehn' er die Nacht zurück!


Schuld und Schicksal ...

Originalbeitrag.

Schuld und Schicksal schlagen ums Haupt des Menschen
Ihre lebensfeindlichen finstren Schwingen,
Selten küßt ihn irgend ein Strahl der Freude
Flüchtig beglückend.
Aber dennoch wittert und spürt die Seele
Ueber all der lastenden Nacht der Schmerzen
Eines reinen, nimmergetrübten Himmels
Göttliche Klarheit! --
Harren stets und hoffen und aufwärts blicken
Mit der Sehnsucht glühendem Seherauge
Muß der Mensch. Zu bitter und herb enttäuschet
Leben und Welt ihn.


Wohin Du horchst ...

Originalbeitrag.

Wohin Du horchst, vernimmst Du den Hülferuf
Der Noth! Wohin Du blickest, erschrecken Dich
Gerungne Hände, bleiche Lippen,
Welche des Todes Beschwörung murmeln!

Erich Hartleben.
Heilig gelten der Zeit Rechte des Alters nur:
Weil es beſtand vordem, iſt es beſtehenswerth!
Heilig gelten der Zeit nicht
Treupflichten des eignen Sinns. —
Sträuben ſollen wir uns wider das Eiſenjoch,
Dem der Gewohnheit Schmutz Würde des Alters lieh;
Wen das ſteigende Licht grüßt,
Nicht ſehn’ er die Nacht zurück!


Schuld und Schickſal …

Originalbeitrag.

Schuld und Schickſal ſchlagen ums Haupt des Menſchen
Ihre lebensfeindlichen finſtren Schwingen,
Selten küßt ihn irgend ein Strahl der Freude
Flüchtig beglückend.
Aber dennoch wittert und ſpürt die Seele
Ueber all der laſtenden Nacht der Schmerzen
Eines reinen, nimmergetrübten Himmels
Göttliche Klarheit! —
Harren ſtets und hoffen und aufwärts blicken
Mit der Sehnſucht glühendem Seherauge
Muß der Menſch. Zu bitter und herb enttäuſchet
Leben und Welt ihn.


Wohin Du horchſt …

Originalbeitrag.

Wohin Du horchſt, vernimmſt Du den Hülferuf
Der Noth! Wohin Du blickeſt, erſchrecken Dich
Gerungne Hände, bleiche Lippen,
Welche des Todes Beſchwörung murmeln!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0222" n="204"/>
            <fw place="top" type="header">Erich Hartleben.</fw><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Heilig gelten der Zeit Rechte des Alters nur:</l><lb/>
              <l>Weil es be&#x017F;tand vordem, i&#x017F;t es be&#x017F;tehenswerth!</l><lb/>
              <l>Heilig gelten der Zeit nicht</l><lb/>
              <l>Treupflichten des eignen Sinns. &#x2014;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Sträuben &#x017F;ollen wir uns wider das Ei&#x017F;enjoch,</l><lb/>
              <l>Dem der Gewohnheit Schmutz Würde des Alters lieh;</l><lb/>
              <l>Wen das &#x017F;teigende Licht grüßt,</l><lb/>
              <l>Nicht &#x017F;ehn&#x2019; er die Nacht zurück!</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Schuld und Schick&#x017F;al &#x2026;</hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">Originalbeitrag.</hi> </p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Schuld und Schick&#x017F;al &#x017F;chlagen ums Haupt des Men&#x017F;chen</l><lb/>
              <l>Ihre lebensfeindlichen fin&#x017F;tren Schwingen,</l><lb/>
              <l>Selten küßt ihn irgend ein Strahl der Freude</l><lb/>
              <l>Flüchtig beglückend.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Aber dennoch wittert und &#x017F;pürt die Seele</l><lb/>
              <l>Ueber all der la&#x017F;tenden Nacht der Schmerzen</l><lb/>
              <l>Eines reinen, nimmergetrübten Himmels</l><lb/>
              <l>Göttliche Klarheit! &#x2014;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Harren &#x017F;tets und hoffen und aufwärts blicken</l><lb/>
              <l>Mit der Sehn&#x017F;ucht glühendem Seherauge</l><lb/>
              <l>Muß der Men&#x017F;ch. Zu bitter und herb enttäu&#x017F;chet</l><lb/>
              <l>Leben und Welt ihn.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Wohin Du horch&#x017F;t &#x2026;</hi> </head><lb/>
          <p> <hi rendition="#c">Originalbeitrag.</hi> </p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Wohin Du horch&#x017F;t, vernimm&#x017F;t Du den Hülferuf</l><lb/>
              <l>Der Noth! Wohin Du blicke&#x017F;t, er&#x017F;chrecken Dich</l><lb/>
              <l>Gerungne Hände, bleiche Lippen,</l><lb/>
              <l>Welche des Todes Be&#x017F;chwörung murmeln!</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[204/0222] Erich Hartleben. Heilig gelten der Zeit Rechte des Alters nur: Weil es beſtand vordem, iſt es beſtehenswerth! Heilig gelten der Zeit nicht Treupflichten des eignen Sinns. — Sträuben ſollen wir uns wider das Eiſenjoch, Dem der Gewohnheit Schmutz Würde des Alters lieh; Wen das ſteigende Licht grüßt, Nicht ſehn’ er die Nacht zurück! Schuld und Schickſal … Originalbeitrag. Schuld und Schickſal ſchlagen ums Haupt des Menſchen Ihre lebensfeindlichen finſtren Schwingen, Selten küßt ihn irgend ein Strahl der Freude Flüchtig beglückend. Aber dennoch wittert und ſpürt die Seele Ueber all der laſtenden Nacht der Schmerzen Eines reinen, nimmergetrübten Himmels Göttliche Klarheit! — Harren ſtets und hoffen und aufwärts blicken Mit der Sehnſucht glühendem Seherauge Muß der Menſch. Zu bitter und herb enttäuſchet Leben und Welt ihn. Wohin Du horchſt … Originalbeitrag. Wohin Du horchſt, vernimmſt Du den Hülferuf Der Noth! Wohin Du blickeſt, erſchrecken Dich Gerungne Hände, bleiche Lippen, Welche des Todes Beſchwörung murmeln!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/222
Zitationshilfe: Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885], S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arent_dichtercharaktere_1885/222>, abgerufen am 24.11.2024.