Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Erich Hartleben. Wohin Du helfend schreitest, versinkt Dein Fuß Im Koth der Lügen. -- Selbstischer Dummheit voll Schreit dort ein Protz nach "Ordnung", ihm ja Füllte der "gütige Gott" den Fleischtopf. "Reformation", so heulen die Pfaffen rings. "Es muß die Kirche wieder im Geisterreich Als Herrin thronen: ihre Lehren Scheuchen das Sorgen um weltlich Wohlsein!" Des Staates Herren hoffen des Staates Heil Vom sichren Maulkorb, welcher das Beißen wehrt, Sogar das unbequeme Bellen Wissen sie knebelgewandt zu dämpfen ... In diesem dunkelflutenden Wogenschwall Wo ist der Boden, welcher den Anker hält? Wann naht der Gott im Sturm fahrend, Der die verpesteten Lüfte reinigt? Wo blitzt ein Lichtstrahl kommenden Morgenroths An diesem nachtbelasteten Horizont? Wo sieht der Jugend Thatensehnsucht Flattern die Wimpel des fernen Zieles? Weiße Rose. Originalbeitrag. Ach ich glaube, Daß voreinst mir, Da ich Kind war, Allererst sich Was da schön sei, Offenbart hat In dem Duftbild Weißer Rose. Erich Hartleben. Wohin Du helfend ſchreiteſt, verſinkt Dein Fuß Im Koth der Lügen. — Selbſtiſcher Dummheit voll Schreit dort ein Protz nach „Ordnung“, ihm ja Füllte der „gütige Gott“ den Fleiſchtopf. „Reformation“, ſo heulen die Pfaffen rings. „Es muß die Kirche wieder im Geiſterreich Als Herrin thronen: ihre Lehren Scheuchen das Sorgen um weltlich Wohlſein!“ Des Staates Herren hoffen des Staates Heil Vom ſichren Maulkorb, welcher das Beißen wehrt, Sogar das unbequeme Bellen Wiſſen ſie knebelgewandt zu dämpfen … In dieſem dunkelflutenden Wogenſchwall Wo iſt der Boden, welcher den Anker hält? Wann naht der Gott im Sturm fahrend, Der die verpeſteten Lüfte reinigt? Wo blitzt ein Lichtſtrahl kommenden Morgenroths An dieſem nachtbelaſteten Horizont? Wo ſieht der Jugend Thatenſehnſucht Flattern die Wimpel des fernen Zieles? Weiße Roſe. Originalbeitrag. Ach ich glaube, Daß voreinſt mir, Da ich Kind war, Allererſt ſich Was da ſchön ſei, Offenbart hat In dem Duftbild Weißer Roſe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0223" n="205"/> <fw place="top" type="header">Erich Hartleben.</fw><lb/> <lg n="2"> <l>Wohin Du helfend ſchreiteſt, verſinkt Dein Fuß</l><lb/> <l>Im Koth der Lügen. — Selbſtiſcher Dummheit voll</l><lb/> <l>Schreit dort ein Protz nach „Ordnung“, ihm ja</l><lb/> <l>Füllte der „gütige Gott“ den Fleiſchtopf.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>„Reformation“, ſo heulen die Pfaffen rings.</l><lb/> <l>„Es muß die Kirche wieder im Geiſterreich</l><lb/> <l>Als Herrin thronen: ihre Lehren</l><lb/> <l>Scheuchen das Sorgen um <hi rendition="#g">weltlich</hi> Wohlſein!“</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Des Staates Herren hoffen des Staates Heil</l><lb/> <l>Vom ſichren Maulkorb, welcher das Beißen wehrt,</l><lb/> <l>Sogar das unbequeme Bellen</l><lb/> <l>Wiſſen ſie knebelgewandt zu dämpfen …</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>In dieſem dunkelflutenden Wogenſchwall</l><lb/> <l>Wo iſt der Boden, welcher den Anker hält?</l><lb/> <l>Wann naht der Gott im Sturm fahrend,</l><lb/> <l>Der die verpeſteten Lüfte reinigt?</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l>Wo blitzt ein Lichtſtrahl kommenden Morgenroths</l><lb/> <l>An dieſem nachtbelaſteten Horizont?</l><lb/> <l>Wo ſieht der Jugend Thatenſehnſucht</l><lb/> <l>Flattern die Wimpel des fernen Zieles?</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Weiße Roſe.</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#c">Originalbeitrag.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ach ich glaube,</l><lb/> <l>Daß voreinſt mir,</l><lb/> <l>Da ich Kind war,</l><lb/> <l>Allererſt ſich</l><lb/> <l>Was da ſchön ſei,</l><lb/> <l>Offenbart hat</l><lb/> <l>In dem Duftbild</l><lb/> <l>Weißer Roſe.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [205/0223]
Erich Hartleben.
Wohin Du helfend ſchreiteſt, verſinkt Dein Fuß
Im Koth der Lügen. — Selbſtiſcher Dummheit voll
Schreit dort ein Protz nach „Ordnung“, ihm ja
Füllte der „gütige Gott“ den Fleiſchtopf.
„Reformation“, ſo heulen die Pfaffen rings.
„Es muß die Kirche wieder im Geiſterreich
Als Herrin thronen: ihre Lehren
Scheuchen das Sorgen um weltlich Wohlſein!“
Des Staates Herren hoffen des Staates Heil
Vom ſichren Maulkorb, welcher das Beißen wehrt,
Sogar das unbequeme Bellen
Wiſſen ſie knebelgewandt zu dämpfen …
In dieſem dunkelflutenden Wogenſchwall
Wo iſt der Boden, welcher den Anker hält?
Wann naht der Gott im Sturm fahrend,
Der die verpeſteten Lüfte reinigt?
Wo blitzt ein Lichtſtrahl kommenden Morgenroths
An dieſem nachtbelaſteten Horizont?
Wo ſieht der Jugend Thatenſehnſucht
Flattern die Wimpel des fernen Zieles?
Weiße Roſe.
Originalbeitrag.
Ach ich glaube,
Daß voreinſt mir,
Da ich Kind war,
Allererſt ſich
Was da ſchön ſei,
Offenbart hat
In dem Duftbild
Weißer Roſe.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |