Arent, Wilhelm (Hrsg.): Moderne Dichter-Charaktere. Leipzig, [1885].Julius Hart. Einsamkeit, wie bebte ich einst vor dir, Schrak vor dir, wie die erste Blüthe Schrickt im Garten vor nachziehenden Winterfrösten. Schauernd vor dir barg ich mein Haupt An der Frauen weißem Busen, Suchte dich heilige Liebe, Helles, kühles Morgenwasser du, Daß ich in dir baden wollte Und gesunden zu ewiger hoher Wunderfreude! Liebe! Rosige Briefchen ihr, Beschmutzt mit Lügen und falschen Schwüren, In's Feuer, in's Feuer! Vorüber wallen an mir Gestalten -- -- Hinunter, hinunter ihr Gleißenden, Nicht lockt ihr mich wieder! Und auch du! Waffengenosse, mit dem ich stets zusammenstand, Umqualmt vom Rauch der Schlacht, Du, mein Schild, Du, mein Streitbeil -- Ein Mantel deckte uns, ein Becher labte uns -- Wir beide, Zweige am selben Baum, Brüder wir, -- Nach anderem schöneren Sterne Ausbreitest du die opfernden Hände, Und von mir fliehen deine Augen. Allein, allein! Feinde ringsum! Dicht wie wetterschwarze Wolken Drängen sie gegen mich heran, Hier im Busen, draußen im lärmenden Weltstrom, Umlagern mein Zelt wie Raubthiere. Tausend Pfeile sind gerichtet gegen mein Herz, Tausend Schwerter flammen wider mich; Wenn der Morgen mit blassem Munde mich küßt, Setzt sich fahle Noth zu mir, Julius Hart. Einſamkeit, wie bebte ich einſt vor dir, Schrak vor dir, wie die erſte Blüthe Schrickt im Garten vor nachziehenden Winterfröſten. Schauernd vor dir barg ich mein Haupt An der Frauen weißem Buſen, Suchte dich heilige Liebe, Helles, kühles Morgenwaſſer du, Daß ich in dir baden wollte Und geſunden zu ewiger hoher Wunderfreude! Liebe! Roſige Briefchen ihr, Beſchmutzt mit Lügen und falſchen Schwüren, In’s Feuer, in’s Feuer! Vorüber wallen an mir Geſtalten — — Hinunter, hinunter ihr Gleißenden, Nicht lockt ihr mich wieder! Und auch du! Waffengenoſſe, mit dem ich ſtets zuſammenſtand, Umqualmt vom Rauch der Schlacht, Du, mein Schild, Du, mein Streitbeil — Ein Mantel deckte uns, ein Becher labte uns — Wir beide, Zweige am ſelben Baum, Brüder wir, — Nach anderem ſchöneren Sterne Ausbreiteſt du die opfernden Hände, Und von mir fliehen deine Augen. Allein, allein! Feinde ringsum! Dicht wie wetterſchwarze Wolken Drängen ſie gegen mich heran, Hier im Buſen, draußen im lärmenden Weltſtrom, Umlagern mein Zelt wie Raubthiere. Tauſend Pfeile ſind gerichtet gegen mein Herz, Tauſend Schwerter flammen wider mich; Wenn der Morgen mit blaſſem Munde mich küßt, Setzt ſich fahle Noth zu mir, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0091" n="73"/> <fw place="top" type="header">Julius Hart.</fw><lb/> <lg n="6"> <l>Einſamkeit, wie bebte ich einſt vor dir,</l><lb/> <l>Schrak vor dir, wie die erſte Blüthe</l><lb/> <l>Schrickt im Garten vor nachziehenden Winterfröſten.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Schauernd vor dir barg ich mein Haupt</l><lb/> <l>An der Frauen weißem Buſen,</l><lb/> <l>Suchte dich heilige Liebe,</l><lb/> <l>Helles, kühles Morgenwaſſer du,</l><lb/> <l>Daß ich in dir baden wollte</l><lb/> <l>Und geſunden zu ewiger hoher Wunderfreude!</l><lb/> <l>Liebe! Roſige Briefchen ihr,</l><lb/> <l>Beſchmutzt mit Lügen und falſchen Schwüren,</l><lb/> <l>In’s Feuer, in’s Feuer!</l><lb/> <l>Vorüber wallen an mir Geſtalten — —</l><lb/> <l>Hinunter, hinunter ihr Gleißenden,</l><lb/> <l>Nicht lockt ihr mich wieder!</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Und auch du!</l><lb/> <l>Waffengenoſſe, mit dem ich ſtets zuſammenſtand,</l><lb/> <l>Umqualmt vom Rauch der Schlacht,</l><lb/> <l>Du, mein Schild, Du, mein Streitbeil —</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Ein</hi> Mantel deckte uns, <hi rendition="#g">ein</hi> Becher labte uns —</l><lb/> <l>Wir beide, Zweige am ſelben Baum,</l><lb/> <l>Brüder wir, —</l><lb/> <l>Nach anderem ſchöneren Sterne</l><lb/> <l>Ausbreiteſt du die opfernden Hände,</l><lb/> <l>Und von mir fliehen deine Augen.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Allein, allein!</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>Feinde ringsum!</l><lb/> <l>Dicht wie wetterſchwarze Wolken</l><lb/> <l>Drängen ſie gegen mich heran,</l><lb/> <l>Hier im Buſen, draußen im lärmenden Weltſtrom,</l><lb/> <l>Umlagern mein Zelt wie Raubthiere.</l><lb/> <l>Tauſend Pfeile ſind gerichtet gegen mein Herz,</l><lb/> <l>Tauſend Schwerter flammen wider mich;</l><lb/> <l>Wenn der Morgen mit blaſſem Munde mich küßt,</l><lb/> <l>Setzt ſich fahle Noth zu mir,</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [73/0091]
Julius Hart.
Einſamkeit, wie bebte ich einſt vor dir,
Schrak vor dir, wie die erſte Blüthe
Schrickt im Garten vor nachziehenden Winterfröſten.
Schauernd vor dir barg ich mein Haupt
An der Frauen weißem Buſen,
Suchte dich heilige Liebe,
Helles, kühles Morgenwaſſer du,
Daß ich in dir baden wollte
Und geſunden zu ewiger hoher Wunderfreude!
Liebe! Roſige Briefchen ihr,
Beſchmutzt mit Lügen und falſchen Schwüren,
In’s Feuer, in’s Feuer!
Vorüber wallen an mir Geſtalten — —
Hinunter, hinunter ihr Gleißenden,
Nicht lockt ihr mich wieder!
Und auch du!
Waffengenoſſe, mit dem ich ſtets zuſammenſtand,
Umqualmt vom Rauch der Schlacht,
Du, mein Schild, Du, mein Streitbeil —
Ein Mantel deckte uns, ein Becher labte uns —
Wir beide, Zweige am ſelben Baum,
Brüder wir, —
Nach anderem ſchöneren Sterne
Ausbreiteſt du die opfernden Hände,
Und von mir fliehen deine Augen.
Allein, allein!
Feinde ringsum!
Dicht wie wetterſchwarze Wolken
Drängen ſie gegen mich heran,
Hier im Buſen, draußen im lärmenden Weltſtrom,
Umlagern mein Zelt wie Raubthiere.
Tauſend Pfeile ſind gerichtet gegen mein Herz,
Tauſend Schwerter flammen wider mich;
Wenn der Morgen mit blaſſem Munde mich küßt,
Setzt ſich fahle Noth zu mir,
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