Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875.nehmen Herrn heirathen; sie ist ja nur ein Bauernkind." "Das nehmen Herrn heirathen; ſie iſt ja nur ein Bauernkind.“ „Das <TEI> <text> <body> <div type="chapter"> <p><pb facs="#f0029"/> nehmen Herrn heirathen; ſie iſt ja nur ein Bauernkind.“ „Das<lb/> ſoll ſie auch nicht,“ war die Antwort; „aber kommt, ſetzen wir<lb/> uns, dann will ich Euch alles klar machen.“ — Nun erzählte<lb/> er den ganzen Plan des Königs, und wie die Jungfer Theres<lb/> erkoren wurde, die Braut vorzuſtellen. Mit ſichtlicher Vater-<lb/> freude ſagte darauf der Adler: „Ja, das iſt freilich eine be-<lb/> ſondere Sach’, und ich glaub’ ſelber, daß meine Resl keine üble<lb/> Braut ſein wird, aber ich muß doch dem Mädel einmal rufen.<lb/> Resl, komm herunter!“ Die Resl, welche der Erzählung mit<lb/> entſchieden weniger Luſt zugehört hatte, als man hätte glauben<lb/> ſollen, warf ihre naſſe Schürze weg, kam ſchnell herunter, und<lb/> ſtellte ſich mit einem knapp gemeſſenen Gruß gegen den Frem-<lb/> den vor ihren Vater. Dieſer nahm ſie bei der Hand und<lb/> ſagte: „Resl, der Herr König will, daß du bei einem großen<lb/> Feſt eine Braut vorſtellſt.“ „Jch hab’ alles gehört, Vater,<lb/> aber aufrichtig geſtanden, macht’s mir keine Freud’, und wär’s<lb/> mir lieber, wenn ſie ein anderes Mädel nehmen würden.“ „So,<lb/> warum denn Resl?“ „Weil’s mir grad’ wie eine Komödie<lb/> vorkommt, und weil ich mir vorſtellen kann, wie recht viele<lb/> Leut’ zuſammen kommen, die mich dann den ganzen Tag an-<lb/> ſchauen und von mir reden, und der Vater weiß ja, das iſt<lb/> nicht meine Sach’.“ „Es iſt recht lobenswerth, liebes Kind,“<lb/> ſagte der Tegernſeer, „daß Jhr nach ſolchen Dingen nicht ver-<lb/> langt, aber ich fürchte, Seine Majeſtät wird es übel vermerken,<lb/> wenn ſein Begehren abgeſchlagen wird.“ „Beileib!“ fiel der<lb/> Adler lebhaft ein, „wir geben ja unſer Leben für unſern guten<lb/> König, und die Resl wird gewiß noch Ja ſagen.“ Nach kurzem<lb/> Bedenken ſagte ſie denn auch mit kleinlauter Stimme: „wenn’s<lb/> halt der Vater und der Herr König haben wollen, ſo ſag’ ich<lb/> in Gottes Namen Ja. Ganz gewiß werd’ ich mich aber recht<lb/> ungeſchickt anſtellen.“ „O, das iſt nicht zu fürchten“, meinte<lb/> der Fremde, „im Punkte des Heirathens ſind alle Frauenzimmer<lb/> äußerſt gelehrig. Jch danke alſo für die Zuſage; nächſten Sonn-<lb/> tag nach der Kirchenzeit kommt der geſchmückte Hochzeitswagen<lb/> hierher, und holt die Braut, ihren Vater und die Braut-<lb/> jungfer, des Letners Tochter, zum Feſte ab.“ „Die Leni?“ rief<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0029]
nehmen Herrn heirathen; ſie iſt ja nur ein Bauernkind.“ „Das
ſoll ſie auch nicht,“ war die Antwort; „aber kommt, ſetzen wir
uns, dann will ich Euch alles klar machen.“ — Nun erzählte
er den ganzen Plan des Königs, und wie die Jungfer Theres
erkoren wurde, die Braut vorzuſtellen. Mit ſichtlicher Vater-
freude ſagte darauf der Adler: „Ja, das iſt freilich eine be-
ſondere Sach’, und ich glaub’ ſelber, daß meine Resl keine üble
Braut ſein wird, aber ich muß doch dem Mädel einmal rufen.
Resl, komm herunter!“ Die Resl, welche der Erzählung mit
entſchieden weniger Luſt zugehört hatte, als man hätte glauben
ſollen, warf ihre naſſe Schürze weg, kam ſchnell herunter, und
ſtellte ſich mit einem knapp gemeſſenen Gruß gegen den Frem-
den vor ihren Vater. Dieſer nahm ſie bei der Hand und
ſagte: „Resl, der Herr König will, daß du bei einem großen
Feſt eine Braut vorſtellſt.“ „Jch hab’ alles gehört, Vater,
aber aufrichtig geſtanden, macht’s mir keine Freud’, und wär’s
mir lieber, wenn ſie ein anderes Mädel nehmen würden.“ „So,
warum denn Resl?“ „Weil’s mir grad’ wie eine Komödie
vorkommt, und weil ich mir vorſtellen kann, wie recht viele
Leut’ zuſammen kommen, die mich dann den ganzen Tag an-
ſchauen und von mir reden, und der Vater weiß ja, das iſt
nicht meine Sach’.“ „Es iſt recht lobenswerth, liebes Kind,“
ſagte der Tegernſeer, „daß Jhr nach ſolchen Dingen nicht ver-
langt, aber ich fürchte, Seine Majeſtät wird es übel vermerken,
wenn ſein Begehren abgeſchlagen wird.“ „Beileib!“ fiel der
Adler lebhaft ein, „wir geben ja unſer Leben für unſern guten
König, und die Resl wird gewiß noch Ja ſagen.“ Nach kurzem
Bedenken ſagte ſie denn auch mit kleinlauter Stimme: „wenn’s
halt der Vater und der Herr König haben wollen, ſo ſag’ ich
in Gottes Namen Ja. Ganz gewiß werd’ ich mich aber recht
ungeſchickt anſtellen.“ „O, das iſt nicht zu fürchten“, meinte
der Fremde, „im Punkte des Heirathens ſind alle Frauenzimmer
äußerſt gelehrig. Jch danke alſo für die Zuſage; nächſten Sonn-
tag nach der Kirchenzeit kommt der geſchmückte Hochzeitswagen
hierher, und holt die Braut, ihren Vater und die Braut-
jungfer, des Letners Tochter, zum Feſte ab.“ „Die Leni?“ rief
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