Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875.auf. - Mit einemmal ertönte der Ruf: "die Braut kommt!" Zwölf lustige Musikanten mit dem üblichen Rosmarin- auf. – Mit einemmal ertönte der Ruf: „die Braut kommt!“ Zwölf luſtige Muſikanten mit dem üblichen Rosmarin- <TEI> <text> <body> <div type="chapter"> <p><pb facs="#f0032"/> auf. – Mit einemmal ertönte der Ruf: „die Braut kommt!“<lb/> und in der That fuhr ein reich gezierter Wagen mit der Braut<lb/> und ihrer Begleitung am Schloß vorüber und die Straße<lb/> herauf. „Ein wunderſchönes Mädchen! ein blitzſauberes Mädel!<lb/> ein ſakriſches Dirnd’l!“ ſo hörte man bald da, bald dort ſagen.<lb/> Am Gaſthaus, wo alle Uebrigen ſchon verſammelt waren, hielt<lb/> der Wagen, und die liebliche Braut betrat mit ihrem Vater und<lb/> der Brautjungfer, auch einem bildhübſchen Mädchen, den Ver-<lb/> ſammlungsſaal. — Obwohl die Resl wußte, daß alles nur ein<lb/> G’ſpiel iſt, ſo ſuchten doch ihre Augen mit Beklommenheit den-<lb/> jenigen, welcher bis zum Abend ihren Bräutigam vorſtellen<lb/> ſollte, und kaum getraute ſie ſich ihn anzuſehen. Beim Feſt-<lb/> ſchießen hatte ſie ihn nur flüchtig geſehen, denn bald, nachdem<lb/> er ihr als Preisſchütze gezeigt wurde, ging er fort, und nahm<lb/> am Tanzen keinen Antheil. Nicht viel weniger verlegen war<lb/> der Franz, denn gegen ihn war ja des Adlers Resl gar vor-<lb/> nehm und hoch. Glücklicherweiſe aber wurden nun die beiden<lb/> jungen Leute dadurch über ihre Verlegenheit hinweg gebracht,<lb/> daß drei Böllerſchüſſe das Beginnen des Feſtzuges ankündigten.</p><lb/> <p>Zwölf luſtige Muſikanten mit dem üblichen Rosmarin-<lb/> ſtrauß auf dem Hut eröffneten den Zug. Mit Gebirgsſchwegeln,<lb/> die mit bunten Bändern geſchmückt waren, und mit andern<lb/> Pfeifen und verſchiedenartigen Jnſtrumenten ſpielten ſie fröhliche<lb/> Nationalweiſen. Dann folgten paarweiſe die geladenen jungen<lb/> Leute, lauter ausgewählt ſchöne Geſtalten und hübſche Geſichtchen.<lb/> Die Burſchen, trugen ihre kurzen ſchwarzen Hoſen von Tuch<lb/> oder Sammt, welche das kräftige, gebräunte Knie ſehen laſſen,<lb/> die weiß wollenen, mit grüner Seide durchwebten Strümpfe,<lb/> feine Joppen, und die ſpitzen, ſchwarzen Filzhüte, die mit Ros-<lb/> marin, Hahn- und Geierfedern geziert waren. Die Mädchen<lb/> kleidete die ohnehin ſchmucke Tracht heute beſonders hübſch. Rock<lb/> und Jacke waren von lebhafter Farbe und mit Blumen oder<lb/> Laubwerk eingewirkt, die Schuhe ausgeſchnitten und mit einer<lb/> farbigen Bandſchleife aufgeputzt, und die Strümpfe ſchimmerten<lb/> weiß wie Schnee. An der fein gegliederten Silberkette, womit<lb/> das feſte, ſchwarzſeidene Mieder vorne verſchnürt iſt, hingen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0032]
auf. – Mit einemmal ertönte der Ruf: „die Braut kommt!“
und in der That fuhr ein reich gezierter Wagen mit der Braut
und ihrer Begleitung am Schloß vorüber und die Straße
herauf. „Ein wunderſchönes Mädchen! ein blitzſauberes Mädel!
ein ſakriſches Dirnd’l!“ ſo hörte man bald da, bald dort ſagen.
Am Gaſthaus, wo alle Uebrigen ſchon verſammelt waren, hielt
der Wagen, und die liebliche Braut betrat mit ihrem Vater und
der Brautjungfer, auch einem bildhübſchen Mädchen, den Ver-
ſammlungsſaal. — Obwohl die Resl wußte, daß alles nur ein
G’ſpiel iſt, ſo ſuchten doch ihre Augen mit Beklommenheit den-
jenigen, welcher bis zum Abend ihren Bräutigam vorſtellen
ſollte, und kaum getraute ſie ſich ihn anzuſehen. Beim Feſt-
ſchießen hatte ſie ihn nur flüchtig geſehen, denn bald, nachdem
er ihr als Preisſchütze gezeigt wurde, ging er fort, und nahm
am Tanzen keinen Antheil. Nicht viel weniger verlegen war
der Franz, denn gegen ihn war ja des Adlers Resl gar vor-
nehm und hoch. Glücklicherweiſe aber wurden nun die beiden
jungen Leute dadurch über ihre Verlegenheit hinweg gebracht,
daß drei Böllerſchüſſe das Beginnen des Feſtzuges ankündigten.
Zwölf luſtige Muſikanten mit dem üblichen Rosmarin-
ſtrauß auf dem Hut eröffneten den Zug. Mit Gebirgsſchwegeln,
die mit bunten Bändern geſchmückt waren, und mit andern
Pfeifen und verſchiedenartigen Jnſtrumenten ſpielten ſie fröhliche
Nationalweiſen. Dann folgten paarweiſe die geladenen jungen
Leute, lauter ausgewählt ſchöne Geſtalten und hübſche Geſichtchen.
Die Burſchen, trugen ihre kurzen ſchwarzen Hoſen von Tuch
oder Sammt, welche das kräftige, gebräunte Knie ſehen laſſen,
die weiß wollenen, mit grüner Seide durchwebten Strümpfe,
feine Joppen, und die ſpitzen, ſchwarzen Filzhüte, die mit Ros-
marin, Hahn- und Geierfedern geziert waren. Die Mädchen
kleidete die ohnehin ſchmucke Tracht heute beſonders hübſch. Rock
und Jacke waren von lebhafter Farbe und mit Blumen oder
Laubwerk eingewirkt, die Schuhe ausgeſchnitten und mit einer
farbigen Bandſchleife aufgeputzt, und die Strümpfe ſchimmerten
weiß wie Schnee. An der fein gegliederten Silberkette, womit
das feſte, ſchwarzſeidene Mieder vorne verſchnürt iſt, hingen
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