Arndts, Maria: Der Juhschrei auf der Halseralm. Novelle aus dem bayerischen Gebirgslande. Dresden, 1875.stube hinauf, und die alte Mutter, nicht wissend, ob sie träume ſtube hinauf, und die alte Mutter, nicht wiſſend, ob ſie träume <TEI> <text> <body> <div type="chapter"> <p><pb facs="#f0065"/> ſtube hinauf, und die alte Mutter, nicht wiſſend, ob ſie träume<lb/> oder wache, weinte laut vor Rührung über die königliche Gnade. —<lb/> Nach 10 Minuten fuhr das flotte Fuhrwerk nach Tegernſee<lb/> zurück, und von da eilte der Franzl im Sturmſchritt dem Adler-<lb/> hof entgegen. Die Resl hatte ſich fein herausgeputzt, und ſo-<lb/> gar am Adler ſehen wir einen ſchönen Rock und — was noch<lb/> mehr iſt — ſein beſtes Feiertagsgeſicht. — „Grüß Euch Gott<lb/> tauſendmal!“ — rief Franz, als er eintrat, und reichte eine<lb/> Hand dem Adler, die andere der Resl. Dann frug er dieſe<lb/> mit bewegter, faſt zitternder Stimme: „Resl! iſt’s denn jetzt<lb/> kein G’ſpiel mehr?“ „Nein, Franz“, erwiederte ſie mit ſeelen-<lb/> vergnügtem Geſicht, „es iſt kein G’ſpiel mehr. Diesmal iſt’s<lb/> wirklich und wahrhaftig Ernſt.“ — „O du herzliebe Resl!“<lb/> rief der Glückliche und drückte das Mädchen feſt an ſeine Bruſt.<lb/> „Schau’, mich fragt’s gar nicht, ob ich einverſtanden bin“, brum-<lb/> melte der Alte. — „Der Herr König hat mir’s ja ſagen laſſen,<lb/> daß Jhr eingewilligt habt, Vater“, ſagte der Franzl und be-<lb/> theuerte, wie er die liebe Resl ſo glücklich machen wolle, als<lb/> es nur immer in ſeinen Kräften ſteht. „Nun, ſo werdet halt<lb/> in Gott’s Namen ein Paar“, ſagte der Adler mit weicher<lb/> Stimme; „und wenn Jhr ſo froh mit einander ſeid, wie ich<lb/> mit meinem ſeligen Weib gelebt hab’, dann könnt’s ſchon zu-<lb/> frieden ſein.“ — Unter Lachen, Scherzen und munterem Ge-<lb/> plauder entſchwanden die letzten Abendſtunden wie im Flug. —<lb/> Jm Dorfe aber verbreitete ſich die Kunde, die Resl habe<lb/> ſich mit dem Franzl verlobt, wie durch einen Zauberſchlag.<lb/> — Wie wüthend ſtampfte der Michel auf den Boden und tobte:<lb/> „Das muß ich auch noch erleben! Umbringen könnt’ ich Jeden,<lb/> der mir in den Weg kommt.“ — Sogleich ſuchte er den Seppl<lb/> auf, den er aber zu ſeinem Aerger weit ruhiger fand, als er<lb/> ſich’s gedacht. „Das ertragſt du“, frug er, „daß dir die Resl<lb/> untreu geworden iſt? mit Fingern werden ſie auf dich zeigen,<lb/> daß du dich gar nicht mehr kannſt ſehen laſſen.“ „Was ſoll ich<lb/> machen?“ antwortete der Seppl, „ich kann’s Mädel nicht zwingen.“<lb/> „Freilich nicht, aber am Franz kannſt du deinen Zorn aus-<lb/> laſſen“; und etwas leiſer ſetzte Michel hinzu: „Jch will dir be-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0065]
ſtube hinauf, und die alte Mutter, nicht wiſſend, ob ſie träume
oder wache, weinte laut vor Rührung über die königliche Gnade. —
Nach 10 Minuten fuhr das flotte Fuhrwerk nach Tegernſee
zurück, und von da eilte der Franzl im Sturmſchritt dem Adler-
hof entgegen. Die Resl hatte ſich fein herausgeputzt, und ſo-
gar am Adler ſehen wir einen ſchönen Rock und — was noch
mehr iſt — ſein beſtes Feiertagsgeſicht. — „Grüß Euch Gott
tauſendmal!“ — rief Franz, als er eintrat, und reichte eine
Hand dem Adler, die andere der Resl. Dann frug er dieſe
mit bewegter, faſt zitternder Stimme: „Resl! iſt’s denn jetzt
kein G’ſpiel mehr?“ „Nein, Franz“, erwiederte ſie mit ſeelen-
vergnügtem Geſicht, „es iſt kein G’ſpiel mehr. Diesmal iſt’s
wirklich und wahrhaftig Ernſt.“ — „O du herzliebe Resl!“
rief der Glückliche und drückte das Mädchen feſt an ſeine Bruſt.
„Schau’, mich fragt’s gar nicht, ob ich einverſtanden bin“, brum-
melte der Alte. — „Der Herr König hat mir’s ja ſagen laſſen,
daß Jhr eingewilligt habt, Vater“, ſagte der Franzl und be-
theuerte, wie er die liebe Resl ſo glücklich machen wolle, als
es nur immer in ſeinen Kräften ſteht. „Nun, ſo werdet halt
in Gott’s Namen ein Paar“, ſagte der Adler mit weicher
Stimme; „und wenn Jhr ſo froh mit einander ſeid, wie ich
mit meinem ſeligen Weib gelebt hab’, dann könnt’s ſchon zu-
frieden ſein.“ — Unter Lachen, Scherzen und munterem Ge-
plauder entſchwanden die letzten Abendſtunden wie im Flug. —
Jm Dorfe aber verbreitete ſich die Kunde, die Resl habe
ſich mit dem Franzl verlobt, wie durch einen Zauberſchlag.
— Wie wüthend ſtampfte der Michel auf den Boden und tobte:
„Das muß ich auch noch erleben! Umbringen könnt’ ich Jeden,
der mir in den Weg kommt.“ — Sogleich ſuchte er den Seppl
auf, den er aber zu ſeinem Aerger weit ruhiger fand, als er
ſich’s gedacht. „Das ertragſt du“, frug er, „daß dir die Resl
untreu geworden iſt? mit Fingern werden ſie auf dich zeigen,
daß du dich gar nicht mehr kannſt ſehen laſſen.“ „Was ſoll ich
machen?“ antwortete der Seppl, „ich kann’s Mädel nicht zwingen.“
„Freilich nicht, aber am Franz kannſt du deinen Zorn aus-
laſſen“; und etwas leiſer ſetzte Michel hinzu: „Jch will dir be-
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Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
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