"mich dann mit Euer Gnaden abgeletzet. Habe Deren zu "lieb ein neues Liedlein gedicht, so Euer Gnad das be- "gehrt zu hören, wollt ichs Deren zu letze singen. Der "gute Herr, so dann von Art ein demüthiger Herr war, "sagt: Mein Grünenwald ich wills gern hören, wo sind "deine Mitsinger, so dir behülflich seyn werden, laß sie "kommen. Mein Gnädiger Herr, sagt er, ich muß al- "lein singen, dann mir kann hierin weder Baß noch Dis- "kant helfen. So sing her, sagt der Fuker. Der gute "Grünenwald hub an und sang sein Lied mit ganz fröh- "licher Stimm heraus. Der gut Herr verstund sein "Krankheit bald, meinet aber nit, daß der Sach so gar "wär, wie er in seinem Singen zu verstehn geben hat, "darum schickt er eilend nach dem Wirth; als er nun die "Wahrheit erfuhr, bezahlt er dem Wirth die Schuld, "errettet dem Grünenwald seinen Mantel, und schenkt "ihm eine gute Zehrung dazu. Die nahm er mit Dank "an, zoge demnach seine Straße, da erhob sich ein Wind, "der selbigen Mantel recht lustig vor dem Hause des "armseligen Wirthes aufblies, war aber dem Wirthe
„mich dann mit Euer Gnaden abgeletzet. Habe Deren zu „lieb ein neues Liedlein gedicht, ſo Euer Gnad das be- „gehrt zu hoͤren, wollt ichs Deren zu letze ſingen. Der „gute Herr, ſo dann von Art ein demuͤthiger Herr war, „ſagt: Mein Gruͤnenwald ich wills gern hoͤren, wo ſind „deine Mitſinger, ſo dir behuͤlflich ſeyn werden, laß ſie „kommen. Mein Gnaͤdiger Herr, ſagt er, ich muß al- „lein ſingen, dann mir kann hierin weder Baß noch Dis- „kant helfen. So ſing her, ſagt der Fuker. Der gute „Gruͤnenwald hub an und ſang ſein Lied mit ganz froͤh- „licher Stimm heraus. Der gut Herr verſtund ſein „Krankheit bald, meinet aber nit, daß der Sach ſo gar „waͤr, wie er in ſeinem Singen zu verſtehn geben hat, „darum ſchickt er eilend nach dem Wirth; als er nun die „Wahrheit erfuhr, bezahlt er dem Wirth die Schuld, „errettet dem Gruͤnenwald ſeinen Mantel, und ſchenkt „ihm eine gute Zehrung dazu. Die nahm er mit Dank „an, zoge demnach ſeine Straße, da erhob ſich ein Wind, „der ſelbigen Mantel recht luſtig vor dem Hauſe des „armſeligen Wirthes aufblies, war aber dem Wirthe
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„mich dann mit Euer Gnaden abgeletzet. Habe Deren zu
„lieb ein neues Liedlein gedicht, ſo Euer Gnad das be-
„gehrt zu hoͤren, wollt ichs Deren zu letze ſingen. Der
„gute Herr, ſo dann von Art ein demuͤthiger Herr war,
„ſagt: Mein Gruͤnenwald ich wills gern hoͤren, wo ſind
„deine Mitſinger, ſo dir behuͤlflich ſeyn werden, laß ſie
„kommen. Mein Gnaͤdiger Herr, ſagt er, ich muß al-
„lein ſingen, dann mir kann hierin weder Baß noch Dis-
„kant helfen. So ſing her, ſagt der Fuker. Der gute
„Gruͤnenwald hub an und ſang ſein Lied mit ganz froͤh-
„licher Stimm heraus. Der gut Herr verſtund ſein
„Krankheit bald, meinet aber nit, daß der Sach ſo gar
„waͤr, wie er in ſeinem Singen zu verſtehn geben hat,
„darum ſchickt er eilend nach dem Wirth; als er nun die
„Wahrheit erfuhr, bezahlt er dem Wirth die Schuld,
„errettet dem Gruͤnenwald ſeinen Mantel, und ſchenkt
„ihm eine gute Zehrung dazu. Die nahm er mit Dank
„an, zoge demnach ſeine Straße, da erhob ſich ein Wind,
„der ſelbigen Mantel recht luſtig vor dem Hauſe des
„armſeligen Wirthes aufblies, war aber dem Wirthe
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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. [9]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/18>, abgerufen am 21.11.2024.
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