Er hatt' das Wort kaum ausgesagt, Sein Weibchen ihm entgegen trat, Mit ihrem Kindlein kleine.
"Du Müller, du Mahler, du Mörder, du Dieb! "Du hast mir meine Schwester zu den Mördern geführt, "Gar bald sollst du mir sterben."
Der unschuldige Tod des jungen Knaben.
Fliegendes Blat.
Es liegt ein Schloß in Oesterreich, Das ist ganz wohl gebauet, Von Silber und von rothem Gold, Mit Marmorstein gemauert.
Darinnen liegt ein junger Knab, Auf seinen Hals gefangen, Wohl vierzig Klafter unter der Erd, Bei Ottern und bey Schlangen.
Sein Vater kam von Rosenberg, Wohl vor den Thurm gegangen: "Ach Sohne, liebster Sohne mein, "Wie hart liegst du gefangen!"
"Ach Vater, liebster Vater mein, "So hart lieg ich gefangen, "Wohl vierzig Klafter unter der Erd, "Bey Ottern und bey Schlangen."
Er hatt' das Wort kaum ausgeſagt, Sein Weibchen ihm entgegen trat, Mit ihrem Kindlein kleine.
„Du Muͤller, du Mahler, du Moͤrder, du Dieb! „Du haſt mir meine Schweſter zu den Moͤrdern gefuͤhrt, „Gar bald ſollſt du mir ſterben.“
Der unſchuldige Tod des jungen Knaben.
Fliegendes Blat.
Es liegt ein Schloß in Oeſterreich, Das iſt ganz wohl gebauet, Von Silber und von rothem Gold, Mit Marmorſtein gemauert.
Darinnen liegt ein junger Knab, Auf ſeinen Hals gefangen, Wohl vierzig Klafter unter der Erd, Bei Ottern und bey Schlangen.
Sein Vater kam von Roſenberg, Wohl vor den Thurm gegangen: „Ach Sohne, liebſter Sohne mein, „Wie hart liegſt du gefangen!“
„Ach Vater, liebſter Vater mein, „So hart lieg ich gefangen, „Wohl vierzig Klafter unter der Erd, „Bey Ottern und bey Schlangen.“
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Er hatt' das Wort kaum ausgeſagt,
Sein Weibchen ihm entgegen trat,
Mit ihrem Kindlein kleine.
„Du Muͤller, du Mahler, du Moͤrder, du Dieb!
„Du haſt mir meine Schweſter zu den Moͤrdern gefuͤhrt,
„Gar bald ſollſt du mir ſterben.“
Der unſchuldige Tod des jungen Knaben.
Fliegendes Blat.
Es liegt ein Schloß in Oeſterreich,
Das iſt ganz wohl gebauet,
Von Silber und von rothem Gold,
Mit Marmorſtein gemauert.
Darinnen liegt ein junger Knab,
Auf ſeinen Hals gefangen,
Wohl vierzig Klafter unter der Erd,
Bei Ottern und bey Schlangen.
Sein Vater kam von Roſenberg,
Wohl vor den Thurm gegangen:
„Ach Sohne, liebſter Sohne mein,
„Wie hart liegſt du gefangen!“
„Ach Vater, liebſter Vater mein,
„So hart lieg ich gefangen,
„Wohl vierzig Klafter unter der Erd,
„Bey Ottern und bey Schlangen.“
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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/229>, abgerufen am 16.02.2025.
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