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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.

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"Ich seh sie heut und nimmermehr,
"Mit meinen schwarzbraunen Augen."

Sein Vater beim Gerichte stand,
Sein Herz wollt ihm zerbrechen:
"Ach Sohne, liebster Sohne mein,
"Dein'n Tod will ich schon rächen."
"Ach Vater, liebster Vater mein,
"Meinen Tod sollt ihr nicht rächen,
"Bracht meiner Seele schwere Pein,
"Um Unschuld will ich sterben.
"Es ist nicht um das Leben mein,
"Noch um meinen stolzen Leibe,
"Es ist um meine Frau Mutter daheim,
"Die weinet also sehre."
Es stund kaum an den dritten Tag,
Ein Engel kam vom Himmel,
Sprach: Nehmt ihn vom Gerichte ab,
Sonst wird die Stadt versinken!
Es währet kaum ein halbes Jahr,
Der Tod, der ward gerochen,
Es wurden auf drey hundert Mann
Des Knaben wegen erstochen.
Wer ists, der uns das Liedlein sang,
So frey ist es gesungen?
Das haben gethan drey Jungfräulein,
Zu Wien im Oesterreiche.


„Ich ſeh ſie heut und nimmermehr,
„Mit meinen ſchwarzbraunen Augen.“

Sein Vater beim Gerichte ſtand,
Sein Herz wollt ihm zerbrechen:
„Ach Sohne, liebſter Sohne mein,
„Dein'n Tod will ich ſchon raͤchen.“
„Ach Vater, liebſter Vater mein,
„Meinen Tod ſollt ihr nicht raͤchen,
„Bracht meiner Seele ſchwere Pein,
„Um Unſchuld will ich ſterben.
„Es iſt nicht um das Leben mein,
„Noch um meinen ſtolzen Leibe,
„Es iſt um meine Frau Mutter daheim,
„Die weinet alſo ſehre.“
Es ſtund kaum an den dritten Tag,
Ein Engel kam vom Himmel,
Sprach: Nehmt ihn vom Gerichte ab,
Sonſt wird die Stadt verſinken!
Es waͤhret kaum ein halbes Jahr,
Der Tod, der ward gerochen,
Es wurden auf drey hundert Mann
Des Knaben wegen erſtochen.
Wer iſts, der uns das Liedlein ſang,
So frey iſt es geſungen?
Das haben gethan drey Jungfraͤulein,
Zu Wien im Oeſterreiche.


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[222/0231] „Ich ſeh ſie heut und nimmermehr, „Mit meinen ſchwarzbraunen Augen.“ Sein Vater beim Gerichte ſtand, Sein Herz wollt ihm zerbrechen: „Ach Sohne, liebſter Sohne mein, „Dein'n Tod will ich ſchon raͤchen.“ „Ach Vater, liebſter Vater mein, „Meinen Tod ſollt ihr nicht raͤchen, „Bracht meiner Seele ſchwere Pein, „Um Unſchuld will ich ſterben. „Es iſt nicht um das Leben mein, „Noch um meinen ſtolzen Leibe, „Es iſt um meine Frau Mutter daheim, „Die weinet alſo ſehre.“ Es ſtund kaum an den dritten Tag, Ein Engel kam vom Himmel, Sprach: Nehmt ihn vom Gerichte ab, Sonſt wird die Stadt verſinken! Es waͤhret kaum ein halbes Jahr, Der Tod, der ward gerochen, Es wurden auf drey hundert Mann Des Knaben wegen erſtochen. Wer iſts, der uns das Liedlein ſang, So frey iſt es geſungen? Das haben gethan drey Jungfraͤulein, Zu Wien im Oeſterreiche.

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Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/231>, abgerufen am 21.11.2024.