"Hat sie sich selbst getödtet. "O weh, der großen Noth!
"Nun mag es Gott erbarmen!" Thät er so manchen Ruf: "O weh, o weh mir Armen, "Seither daß Gott mich schuf!" Sein Schwerdt das zog er aus der Scheid: "Nun kömmts mit mir zu Ende, "Heilig Dreyfaltigkeit!
"Wie hast du meiner vergessen, "Wo ist das edle Weib? "Sie haben die Thiere gefressen, "So gilts auch meinen Leib! "Sie ist durch mich gestorben hie, "Will ich ihren Leib bezahlen!" Er fiel auf beyde Knie.
"Gott segne dich, Mond, und Sonne, "Desgleichen Laub und Gras! "Gott gesegne dich, Freud und Wonne "Und was der Himmel beschloß!" Sein Schwerdt das stach er durch sein Herz: "Es soll kein Frauenbilde, "Durch mich mehr leiden Schmerz!"
Die Sonne sank zum Abend, Die Jungfrau wieder kam Wohl zu dem Brunnen gelaufen,
„Hat ſie ſich ſelbſt getoͤdtet. „O weh, der großen Noth!
„Nun mag es Gott erbarmen!“ Thaͤt er ſo manchen Ruf: „O weh, o weh mir Armen, „Seither daß Gott mich ſchuf!“ Sein Schwerdt das zog er aus der Scheid: „Nun koͤmmts mit mir zu Ende, „Heilig Dreyfaltigkeit!
„Wie haſt du meiner vergeſſen, „Wo iſt das edle Weib? „Sie haben die Thiere gefreſſen, „So gilts auch meinen Leib! „Sie iſt durch mich geſtorben hie, „Will ich ihren Leib bezahlen!“ Er fiel auf beyde Knie.
„Gott ſegne dich, Mond, und Sonne, „Desgleichen Laub und Gras! „Gott geſegne dich, Freud und Wonne „Und was der Himmel beſchloß!“ Sein Schwerdt das ſtach er durch ſein Herz: „Es ſoll kein Frauenbilde, „Durch mich mehr leiden Schmerz!“
Die Sonne ſank zum Abend, Die Jungfrau wieder kam Wohl zu dem Brunnen gelaufen,
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[268[278]/0287]
„Hat ſie ſich ſelbſt getoͤdtet.
„O weh, der großen Noth!
„Nun mag es Gott erbarmen!“
Thaͤt er ſo manchen Ruf:
„O weh, o weh mir Armen,
„Seither daß Gott mich ſchuf!“
Sein Schwerdt das zog er aus der Scheid:
„Nun koͤmmts mit mir zu Ende,
„Heilig Dreyfaltigkeit!
„Wie haſt du meiner vergeſſen,
„Wo iſt das edle Weib?
„Sie haben die Thiere gefreſſen,
„So gilts auch meinen Leib!
„Sie iſt durch mich geſtorben hie,
„Will ich ihren Leib bezahlen!“
Er fiel auf beyde Knie.
„Gott ſegne dich, Mond, und Sonne,
„Desgleichen Laub und Gras!
„Gott geſegne dich, Freud und Wonne
„Und was der Himmel beſchloß!“
Sein Schwerdt das ſtach er durch ſein Herz:
„Es ſoll kein Frauenbilde,
„Durch mich mehr leiden Schmerz!“
Die Sonne ſank zum Abend,
Die Jungfrau wieder kam
Wohl zu dem Brunnen gelaufen,
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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 268[278]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/287>, abgerufen am 26.11.2024.
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