Ein tödtlich Herz vernahm, So bitterliche Klage fürwahr; Sie rang ihre schneeweiße Hände, Rauft aus ihr gelbes Haar.
Die Jungfrau thät sich neigen Wohl auf den Grafen schön: "Gott gesegne dich, Erb und Eigen "Und dich königlich Kron! "Desgleichen, Feuer, Wasser, Luft und Erd! "Indem thät sie aufspringen, "Und zog aus ihm sein Schwerdt.
"Hast du durch mich aufgeben "Land, Leute, Ehr und Gut; "Verloren hier dein Leben, "Vergossen auch dein Blut, "Weil du gemeint, ich sey ermordt, "So will ich bey dir bleiben "Ewiglich hier und dort."
Das Schwerdt das thät sie stechen Durch ihr betrübtes Herz. Gott woll nicht an ihr rächen, Den Tod mit ewgem Schmerz! Denn es wahrlich am Tage liegt, Die Lieb überwindet alle Dinge In dieser betrübten Zeit.
Ein toͤdtlich Herz vernahm, So bitterliche Klage fuͤrwahr; Sie rang ihre ſchneeweiße Haͤnde, Rauft aus ihr gelbes Haar.
Die Jungfrau thaͤt ſich neigen Wohl auf den Grafen ſchoͤn: „Gott geſegne dich, Erb und Eigen „Und dich koͤniglich Kron! „Desgleichen, Feuer, Waſſer, Luft und Erd! „Indem thaͤt ſie aufſpringen, „Und zog aus ihm ſein Schwerdt.
„Haſt du durch mich aufgeben „Land, Leute, Ehr und Gut; „Verloren hier dein Leben, „Vergoſſen auch dein Blut, „Weil du gemeint, ich ſey ermordt, „So will ich bey dir bleiben „Ewiglich hier und dort.“
Das Schwerdt das thaͤt ſie ſtechen Durch ihr betruͤbtes Herz. Gott woll nicht an ihr raͤchen, Den Tod mit ewgem Schmerz! Denn es wahrlich am Tage liegt, Die Lieb uͤberwindet alle Dinge In dieſer betruͤbten Zeit.
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[269[279]/0288]
Ein toͤdtlich Herz vernahm,
So bitterliche Klage fuͤrwahr;
Sie rang ihre ſchneeweiße Haͤnde,
Rauft aus ihr gelbes Haar.
Die Jungfrau thaͤt ſich neigen
Wohl auf den Grafen ſchoͤn:
„Gott geſegne dich, Erb und Eigen
„Und dich koͤniglich Kron!
„Desgleichen, Feuer, Waſſer, Luft und Erd!
„Indem thaͤt ſie aufſpringen,
„Und zog aus ihm ſein Schwerdt.
„Haſt du durch mich aufgeben
„Land, Leute, Ehr und Gut;
„Verloren hier dein Leben,
„Vergoſſen auch dein Blut,
„Weil du gemeint, ich ſey ermordt,
„So will ich bey dir bleiben
„Ewiglich hier und dort.“
Das Schwerdt das thaͤt ſie ſtechen
Durch ihr betruͤbtes Herz.
Gott woll nicht an ihr raͤchen,
Den Tod mit ewgem Schmerz!
Denn es wahrlich am Tage liegt,
Die Lieb uͤberwindet alle Dinge
In dieſer betruͤbten Zeit.
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Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806, S. 269[279]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn01_1806/288>, abgerufen am 26.11.2024.
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