Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 1. Heidelberg, 1806.Die Wächter hielten sie bald an, Wer ist ihr Vater, man sie fragt? "Der Commandant" sie frei aussagt, Der Eine Wächter aber spricht: "Der Commandant kein Kind hat nicht." An ihrer Kleidung man erkannt, Daß sie auch sey von hohem Stand, Ein Wächter sie geführet hat Bis vor die Herren in der Stadt. Die Jungfrau sagt und blieb dabey, Der Commandant ihr Vater sey, Und sey sie nur erst vor zwey Stund Hinausgegangen da jetzund. Den Herren nahm es Wunder sehr, Man fragt, wo sie gewesen wär, Ihr's Vaters Nahm, Stamm und Geschlecht, Das mußte sie erklären recht. Man suchte auf die alte Schrift, Unter andern man auch dies antrift, Daß sich ein Braut verloren hat Zu Groß-Wardein in dieser Stadt. Der Jahre Zahl man bald nachschlägt, Hundert und zwanzig Jahr austrägt, Die Jungfrau war so schön und klar, Als wenn sie wäre fünfzehn Jahr. Die Waͤchter hielten ſie bald an, Wer iſt ihr Vater, man ſie fragt? „Der Commandant“ ſie frei ausſagt, Der Eine Waͤchter aber ſpricht: „Der Commandant kein Kind hat nicht.“ An ihrer Kleidung man erkannt, Daß ſie auch ſey von hohem Stand, Ein Waͤchter ſie gefuͤhret hat Bis vor die Herren in der Stadt. Die Jungfrau ſagt und blieb dabey, Der Commandant ihr Vater ſey, Und ſey ſie nur erſt vor zwey Stund Hinausgegangen da jetzund. Den Herren nahm es Wunder ſehr, Man fragt, wo ſie geweſen waͤr, Ihr's Vaters Nahm, Stamm und Geſchlecht, Das mußte ſie erklaͤren recht. Man ſuchte auf die alte Schrift, Unter andern man auch dies antrift, Daß ſich ein Braut verloren hat Zu Groß-Wardein in dieſer Stadt. Der Jahre Zahl man bald nachſchlaͤgt, Hundert und zwanzig Jahr austraͤgt, Die Jungfrau war ſo ſchoͤn und klar, Als wenn ſie waͤre fuͤnfzehn Jahr. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="21"> <pb facs="#f0077" n="68"/> <l>Die Waͤchter hielten ſie bald an,</l><lb/> <l>Sie ſprach: „Laßt mich zum Vater gehn.“</l> </lg><lb/> <lg n="22"> <l>Wer iſt ihr Vater, man ſie fragt?</l><lb/> <l>„Der Commandant“ ſie frei ausſagt,</l><lb/> <l>Der Eine Waͤchter aber ſpricht:</l><lb/> <l>„Der Commandant kein Kind hat nicht.“</l> </lg><lb/> <lg n="23"> <l>An ihrer Kleidung man erkannt,</l><lb/> <l>Daß ſie auch ſey von hohem Stand,</l><lb/> <l>Ein Waͤchter ſie gefuͤhret hat</l><lb/> <l>Bis vor die Herren in der Stadt.</l> </lg><lb/> <lg n="24"> <l>Die Jungfrau ſagt und blieb dabey,</l><lb/> <l>Der Commandant ihr Vater ſey,</l><lb/> <l>Und ſey ſie nur erſt vor zwey Stund</l><lb/> <l>Hinausgegangen da jetzund.</l> </lg><lb/> <lg n="25"> <l>Den Herren nahm es Wunder ſehr,</l><lb/> <l>Man fragt, wo ſie geweſen waͤr,</l><lb/> <l>Ihr's Vaters Nahm, Stamm und Geſchlecht,</l><lb/> <l>Das mußte ſie erklaͤren recht.</l> </lg><lb/> <lg n="26"> <l>Man ſuchte auf die alte Schrift,</l><lb/> <l>Unter andern man auch dies antrift,</l><lb/> <l>Daß ſich ein Braut verloren hat</l><lb/> <l>Zu Groß-Wardein in dieſer Stadt.</l> </lg><lb/> <lg n="27"> <l>Der Jahre Zahl man bald nachſchlaͤgt,</l><lb/> <l>Hundert und zwanzig Jahr austraͤgt,</l><lb/> <l>Die Jungfrau war ſo ſchoͤn und klar,</l><lb/> <l>Als wenn ſie waͤre fuͤnfzehn Jahr.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [68/0077]
Die Waͤchter hielten ſie bald an,
Sie ſprach: „Laßt mich zum Vater gehn.“
Wer iſt ihr Vater, man ſie fragt?
„Der Commandant“ ſie frei ausſagt,
Der Eine Waͤchter aber ſpricht:
„Der Commandant kein Kind hat nicht.“
An ihrer Kleidung man erkannt,
Daß ſie auch ſey von hohem Stand,
Ein Waͤchter ſie gefuͤhret hat
Bis vor die Herren in der Stadt.
Die Jungfrau ſagt und blieb dabey,
Der Commandant ihr Vater ſey,
Und ſey ſie nur erſt vor zwey Stund
Hinausgegangen da jetzund.
Den Herren nahm es Wunder ſehr,
Man fragt, wo ſie geweſen waͤr,
Ihr's Vaters Nahm, Stamm und Geſchlecht,
Das mußte ſie erklaͤren recht.
Man ſuchte auf die alte Schrift,
Unter andern man auch dies antrift,
Daß ſich ein Braut verloren hat
Zu Groß-Wardein in dieſer Stadt.
Der Jahre Zahl man bald nachſchlaͤgt,
Hundert und zwanzig Jahr austraͤgt,
Die Jungfrau war ſo ſchoͤn und klar,
Als wenn ſie waͤre fuͤnfzehn Jahr.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |