Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Und die zarte Gliederlein
Wohl in ein Federbett gewickelt ein.

Wälder, Felder schweigen still,
Und niemand ist der mit mir sprechen will,
Alle Flüß haben ihren Lauf,
Und niemand ist, der mit mir bleibet auf.
Heut hab ich die Wach allhier,
Schönste vor deiner verschloßnen Thür,
Sonn und Mond, dazu das Firmament,
Schaun wie mein junges Herz vor Liebe brennt.
Hörst du nicht die Seufzer schallen,
Schönste vor deinem Slafcämmerlein fallen,
Stehest du nicht auf und lässest mich nicht ein,
Wie köntest du so unbarmherzig seyn.
Harfenklang und Saitenspiel,
Hab ich lassen spielen so oft und viel,
Ich hab es lassen spielen so oft und viel,
So daß mir keine Saite mehr klingen will.
Berg und Hügel auch dieses Thal,
Schreien über mich auch hunderttausendmal,
Froh wollt ich seyn, wenns dir und mir wohlgeht,
Obschon mein treues Herz in Trauren steht.
Gute Nacht, gute Nacht! Frau Nachtigall
In dem Thal, tausendmal, überall,
Grüße sie aus meinem Herzensgrund,
Aus meinem Herzen, mit deinem Mund.

Und die zarte Gliederlein
Wohl in ein Federbett gewickelt ein.

Waͤlder, Felder ſchweigen ſtill,
Und niemand iſt der mit mir ſprechen will,
Alle Fluͤß haben ihren Lauf,
Und niemand iſt, der mit mir bleibet auf.
Heut hab ich die Wach allhier,
Schoͤnſte vor deiner verſchloßnen Thuͤr,
Sonn und Mond, dazu das Firmament,
Schaun wie mein junges Herz vor Liebe brennt.
Hoͤrſt du nicht die Seufzer ſchallen,
Schoͤnſte vor deinem Slafcaͤmmerlein fallen,
Steheſt du nicht auf und laͤſſeſt mich nicht ein,
Wie koͤnteſt du ſo unbarmherzig ſeyn.
Harfenklang und Saitenſpiel,
Hab ich laſſen ſpielen ſo oft und viel,
Ich hab es laſſen ſpielen ſo oft und viel,
So daß mir keine Saite mehr klingen will.
Berg und Huͤgel auch dieſes Thal,
Schreien uͤber mich auch hunderttauſendmal,
Froh wollt ich ſeyn, wenns dir und mir wohlgeht,
Obſchon mein treues Herz in Trauren ſteht.
Gute Nacht, gute Nacht! Frau Nachtigall
In dem Thal, tauſendmal, uͤberall,
Gruͤße ſie aus meinem Herzensgrund,
Aus meinem Herzen, mit deinem Mund.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <pb facs="#f0229" n="217"/>
              <l>Und die zarte Gliederlein</l><lb/>
              <l>Wohl in ein Federbett gewickelt ein.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Wa&#x0364;lder, Felder &#x017F;chweigen &#x017F;till,</l><lb/>
              <l>Und niemand i&#x017F;t der mit mir &#x017F;prechen will,</l><lb/>
              <l>Alle Flu&#x0364;ß haben ihren Lauf,</l><lb/>
              <l>Und niemand i&#x017F;t, der mit mir bleibet auf.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Heut hab ich die Wach allhier,</l><lb/>
              <l>Scho&#x0364;n&#x017F;te vor deiner ver&#x017F;chloßnen Thu&#x0364;r,</l><lb/>
              <l>Sonn und Mond, dazu das Firmament,</l><lb/>
              <l>Schaun wie mein junges Herz vor Liebe brennt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Ho&#x0364;r&#x017F;t du nicht die Seufzer &#x017F;challen,</l><lb/>
              <l>Scho&#x0364;n&#x017F;te vor deinem Slafca&#x0364;mmerlein fallen,</l><lb/>
              <l>Stehe&#x017F;t du nicht auf und la&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t mich nicht ein,</l><lb/>
              <l>Wie ko&#x0364;nte&#x017F;t du &#x017F;o unbarmherzig &#x017F;eyn.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Harfenklang und Saiten&#x017F;piel,</l><lb/>
              <l>Hab ich la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;pielen &#x017F;o oft und viel,</l><lb/>
              <l>Ich hab es la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;pielen &#x017F;o oft und viel,</l><lb/>
              <l>So daß mir keine Saite mehr klingen will.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Berg und Hu&#x0364;gel auch die&#x017F;es Thal,</l><lb/>
              <l>Schreien u&#x0364;ber mich auch hunderttau&#x017F;endmal,</l><lb/>
              <l>Froh wollt ich &#x017F;eyn, wenns dir und mir wohlgeht,</l><lb/>
              <l>Ob&#x017F;chon mein treues Herz in Trauren &#x017F;teht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Gute Nacht, gute Nacht! Frau Nachtigall</l><lb/>
              <l>In dem Thal, tau&#x017F;endmal, u&#x0364;berall,</l><lb/>
              <l>Gru&#x0364;ße &#x017F;ie aus meinem Herzensgrund,</l><lb/>
              <l>Aus meinem Herzen, mit deinem Mund.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0229] Und die zarte Gliederlein Wohl in ein Federbett gewickelt ein. Waͤlder, Felder ſchweigen ſtill, Und niemand iſt der mit mir ſprechen will, Alle Fluͤß haben ihren Lauf, Und niemand iſt, der mit mir bleibet auf. Heut hab ich die Wach allhier, Schoͤnſte vor deiner verſchloßnen Thuͤr, Sonn und Mond, dazu das Firmament, Schaun wie mein junges Herz vor Liebe brennt. Hoͤrſt du nicht die Seufzer ſchallen, Schoͤnſte vor deinem Slafcaͤmmerlein fallen, Steheſt du nicht auf und laͤſſeſt mich nicht ein, Wie koͤnteſt du ſo unbarmherzig ſeyn. Harfenklang und Saitenſpiel, Hab ich laſſen ſpielen ſo oft und viel, Ich hab es laſſen ſpielen ſo oft und viel, So daß mir keine Saite mehr klingen will. Berg und Huͤgel auch dieſes Thal, Schreien uͤber mich auch hunderttauſendmal, Froh wollt ich ſeyn, wenns dir und mir wohlgeht, Obſchon mein treues Herz in Trauren ſteht. Gute Nacht, gute Nacht! Frau Nachtigall In dem Thal, tauſendmal, uͤberall, Gruͤße ſie aus meinem Herzensgrund, Aus meinem Herzen, mit deinem Mund.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/229
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 2. Heidelberg, 1808, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn02_1808/229>, abgerufen am 25.11.2024.