Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808.

Bild:
<< vorherige Seite

Nun wollt ich doch gern sehen,
Wie ers wollt greifen an;
Wenn sollt ein Sturm geschehen,
Als ich gesehen han.
Zu laufen noch zu steigen,
Kann man ihn brauchen nicht;
Vom Waten will ich schweigen,
Wie denn da oft geschicht.
Da steht er wie ein Lüllen,
In sein zerhackten Kleid;
Wie will er doch erfüllen
Seinen geschwornen Eyd?
Er kann sich selbst nicht schützen,
Wenn Laufen nöthig wär;
Bleibts Herz in Hosen sitzen,
Sein Herz muß halten her.
Kein Türk, kein Heid, kein Tartar
Solch Unflat je erfind.
Davon sonst ein Hausvater
Gekleidet Weib und Kind,
Das muß jezt einer haben
Zu einem paar Hosen gar;
Doch sind sie freye Knaben,
Truz wers ihnen wehren darf.
Sechs Ellen lündisch Gewande
Wird einem begnügen kaum;
Ist das nicht große Schande,
Darunter hat sie Raum.
Wohl neun und neunzig Ellen
Karteken muß er han;

Nun wollt ich doch gern ſehen,
Wie ers wollt greifen an;
Wenn ſollt ein Sturm geſchehen,
Als ich geſehen han.
Zu laufen noch zu ſteigen,
Kann man ihn brauchen nicht;
Vom Waten will ich ſchweigen,
Wie denn da oft geſchicht.
Da ſteht er wie ein Luͤllen,
In ſein zerhackten Kleid;
Wie will er doch erfuͤllen
Seinen geſchwornen Eyd?
Er kann ſich ſelbſt nicht ſchuͤtzen,
Wenn Laufen noͤthig waͤr;
Bleibts Herz in Hoſen ſitzen,
Sein Herz muß halten her.
Kein Tuͤrk, kein Heid, kein Tartar
Solch Unflat je erfind.
Davon ſonſt ein Hausvater
Gekleidet Weib und Kind,
Das muß jezt einer haben
Zu einem paar Hoſen gar;
Doch ſind ſie freye Knaben,
Truz wers ihnen wehren darf.
Sechs Ellen luͤndiſch Gewande
Wird einem begnuͤgen kaum;
Iſt das nicht große Schande,
Darunter hat ſie Raum.
Wohl neun und neunzig Ellen
Karteken muß er han;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <pb facs="#f0173" n="163"/>
              <l>Nun wollt ich doch gern &#x017F;ehen,</l><lb/>
              <l>Wie ers wollt greifen an;</l><lb/>
              <l>Wenn &#x017F;ollt ein Sturm ge&#x017F;chehen,</l><lb/>
              <l>Als ich ge&#x017F;ehen han.</l><lb/>
              <l>Zu laufen noch zu &#x017F;teigen,</l><lb/>
              <l>Kann man ihn brauchen nicht;</l><lb/>
              <l>Vom Waten will ich &#x017F;chweigen,</l><lb/>
              <l>Wie denn da oft ge&#x017F;chicht.</l><lb/>
              <l>Da &#x017F;teht er wie ein Lu&#x0364;llen,</l><lb/>
              <l>In &#x017F;ein zerhackten Kleid;</l><lb/>
              <l>Wie will er doch erfu&#x0364;llen</l><lb/>
              <l>Seinen ge&#x017F;chwornen Eyd?</l><lb/>
              <l>Er kann &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t nicht &#x017F;chu&#x0364;tzen,</l><lb/>
              <l>Wenn Laufen no&#x0364;thig wa&#x0364;r;</l><lb/>
              <l>Bleibts Herz in Ho&#x017F;en &#x017F;itzen,</l><lb/>
              <l>Sein Herz muß halten her.</l><lb/>
              <l>Kein Tu&#x0364;rk, kein Heid, kein Tartar</l><lb/>
              <l>Solch Unflat je erfind.</l><lb/>
              <l>Davon &#x017F;on&#x017F;t ein Hausvater</l><lb/>
              <l>Gekleidet Weib und Kind,</l><lb/>
              <l>Das muß jezt einer haben</l><lb/>
              <l>Zu einem paar Ho&#x017F;en gar;</l><lb/>
              <l>Doch &#x017F;ind &#x017F;ie freye Knaben,</l><lb/>
              <l>Truz wers ihnen wehren darf.</l><lb/>
              <l>Sechs Ellen lu&#x0364;ndi&#x017F;ch Gewande</l><lb/>
              <l>Wird einem begnu&#x0364;gen kaum;</l><lb/>
              <l>I&#x017F;t das nicht große Schande,</l><lb/>
              <l>Darunter hat &#x017F;ie Raum.</l><lb/>
              <l>Wohl neun und neunzig Ellen</l><lb/>
              <l>Karteken muß er han;</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0173] Nun wollt ich doch gern ſehen, Wie ers wollt greifen an; Wenn ſollt ein Sturm geſchehen, Als ich geſehen han. Zu laufen noch zu ſteigen, Kann man ihn brauchen nicht; Vom Waten will ich ſchweigen, Wie denn da oft geſchicht. Da ſteht er wie ein Luͤllen, In ſein zerhackten Kleid; Wie will er doch erfuͤllen Seinen geſchwornen Eyd? Er kann ſich ſelbſt nicht ſchuͤtzen, Wenn Laufen noͤthig waͤr; Bleibts Herz in Hoſen ſitzen, Sein Herz muß halten her. Kein Tuͤrk, kein Heid, kein Tartar Solch Unflat je erfind. Davon ſonſt ein Hausvater Gekleidet Weib und Kind, Das muß jezt einer haben Zu einem paar Hoſen gar; Doch ſind ſie freye Knaben, Truz wers ihnen wehren darf. Sechs Ellen luͤndiſch Gewande Wird einem begnuͤgen kaum; Iſt das nicht große Schande, Darunter hat ſie Raum. Wohl neun und neunzig Ellen Karteken muß er han;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/173
Zitationshilfe: Arnim, Achim von; Brentano, Clemens: Des Knaben Wunderhorn. Bd. 3. Heidelberg, 1808, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnim_wunderhorn03_1808/173>, abgerufen am 22.12.2024.