Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Gaben der Milde. Bd. 4. Berlin, 1818, S. 75-124.

Bild:
<< vorherige Seite

achten weiß, einem Triumphzuge; die Frauen
warfen Lorbeerkränze auf den Wagen, Alles
drängte sich den stolzen Bösewicht kenne[n]
zu lernen, der so viele tausend Menschen
während drei Tage beherrscht hatte. Die
Männer aber reichten ihre Blumenkränze
Rosalien und ihrem Kinde und rühmten sie
als Befreierin und schwuren ihr und dem
Kinde reichlich zu vergelten, daß sie ihre
Stadt vom Untergange gerettet habe.

Nach solchem Tage läßt sich in einem
Menschenleben selten noch etwas erleben,
was der Mühe des Erzählens werth wäre,
wenn gleich die Wiederbeglückten, die Fluch¬
befreiten, erst in diesen ruhigeren Jahren
den ganzen Umfang des gewonnenen Glücks
erkannten. Der gute alte Kommandant nahm
Francoeur als Sohn an und konnte er ihm
auch nicht seinen Namen übertragen, so ließ
er ihm doch einen Theil seines Vermögens
und seinen Segen. Was aber Rosalie noch
inniger berührte, war ein Bericht, der erst
nach Jahren aus Prag einlief, in welchem
ein Freund der Mutter anzeigte, daß diese

achten weiß, einem Triumphzuge; die Frauen
warfen Lorbeerkränze auf den Wagen, Alles
drängte ſich den ſtolzen Böſewicht kenne[n]
zu lernen, der ſo viele tauſend Menſchen
während drei Tage beherrſcht hatte. Die
Männer aber reichten ihre Blumenkränze
Roſalien und ihrem Kinde und rühmten ſie
als Befreierin und ſchwuren ihr und dem
Kinde reichlich zu vergelten, daß ſie ihre
Stadt vom Untergange gerettet habe.

Nach ſolchem Tage läßt ſich in einem
Menſchenleben ſelten noch etwas erleben,
was der Mühe des Erzählens werth wäre,
wenn gleich die Wiederbeglückten, die Fluch¬
befreiten, erſt in dieſen ruhigeren Jahren
den ganzen Umfang des gewonnenen Glücks
erkannten. Der gute alte Kommandant nahm
Francoeur als Sohn an und konnte er ihm
auch nicht ſeinen Namen übertragen, ſo ließ
er ihm doch einen Theil ſeines Vermögens
und ſeinen Segen. Was aber Roſalie noch
inniger berührte, war ein Bericht, der erſt
nach Jahren aus Prag einlief, in welchem
ein Freund der Mutter anzeigte, daß dieſe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0055" n="123"/>
achten weiß, einem Triumphzuge; die Frauen<lb/>
warfen Lorbeerkränze auf den Wagen, Alles<lb/>
drängte &#x017F;ich den &#x017F;tolzen <choice><sic>&#x017F;ewich t</sic><corr>&#x017F;ewicht</corr></choice> kenne<supplied>n</supplied><lb/>
zu lernen, der &#x017F;o viele tau&#x017F;end Men&#x017F;chen<lb/>
während drei Tage beherr&#x017F;cht hatte. Die<lb/>
Männer aber reichten ihre Blumenkränze<lb/>
Ro&#x017F;alien und ihrem Kinde und rühmten &#x017F;ie<lb/>
als <choice><sic>Brfreierin</sic><corr>Befreierin</corr></choice> und &#x017F;chwuren ihr und dem<lb/>
Kinde reichlich zu vergelten, daß &#x017F;ie ihre<lb/>
Stadt vom Untergange gerettet habe.</p><lb/>
        <p>Nach &#x017F;olchem Tage läßt &#x017F;ich in <hi rendition="#g">einem</hi><lb/>
Men&#x017F;chenleben &#x017F;elten noch etwas erleben,<lb/>
was der Mühe des Erzählens werth wäre,<lb/>
wenn gleich die Wiederbeglückten, die Fluch¬<lb/>
befreiten, er&#x017F;t in die&#x017F;en ruhigeren Jahren<lb/>
den ganzen Umfang des gewonnenen Glücks<lb/>
erkannten. Der gute alte Kommandant nahm<lb/>
Francoeur als Sohn an und konnte er ihm<lb/>
auch nicht &#x017F;einen Namen übertragen, &#x017F;o ließ<lb/>
er ihm doch einen Theil &#x017F;eines Vermögens<lb/>
und &#x017F;einen Segen. Was aber Ro&#x017F;alie noch<lb/>
inniger berührte, war ein Bericht, der er&#x017F;t<lb/>
nach Jahren aus Prag einlief, in welchem<lb/>
ein Freund der Mutter anzeigte, daß die&#x017F;e<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0055] achten weiß, einem Triumphzuge; die Frauen warfen Lorbeerkränze auf den Wagen, Alles drängte ſich den ſtolzen Böſewicht kennen zu lernen, der ſo viele tauſend Menſchen während drei Tage beherrſcht hatte. Die Männer aber reichten ihre Blumenkränze Roſalien und ihrem Kinde und rühmten ſie als Befreierin und ſchwuren ihr und dem Kinde reichlich zu vergelten, daß ſie ihre Stadt vom Untergange gerettet habe. Nach ſolchem Tage läßt ſich in einem Menſchenleben ſelten noch etwas erleben, was der Mühe des Erzählens werth wäre, wenn gleich die Wiederbeglückten, die Fluch¬ befreiten, erſt in dieſen ruhigeren Jahren den ganzen Umfang des gewonnenen Glücks erkannten. Der gute alte Kommandant nahm Francoeur als Sohn an und konnte er ihm auch nicht ſeinen Namen übertragen, ſo ließ er ihm doch einen Theil ſeines Vermögens und ſeinen Segen. Was aber Roſalie noch inniger berührte, war ein Bericht, der erſt nach Jahren aus Prag einlief, in welchem ein Freund der Mutter anzeigte, daß dieſe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Achim von Arnims Erzählung „Der tolle Invalide au… [mehr]

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnima_invalide_1818
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnima_invalide_1818/55
Zitationshilfe: Arnim, Achim von: Der tolle Invalide auf dem Fort Ratonneau. In: Gaben der Milde. Bd. 4. Berlin, 1818, S. 75-124, hier S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnima_invalide_1818/55>, abgerufen am 02.05.2024.