Füße, und daß das Gras noch nieder liege, -- und der Schiffer lenkte unwillkührlich dorthin, und Franz be- wußtlos sprach im Schiff alles dem Bauer nach, was er in der Ferne verstehen konnte, und da mußt' ich denn mit anhören die schauderhaften Bruchstücke der Erzäh- lung vom rothen Kleid, das aufgeschnürt war, und der Dolch, den ich so gut kannte, und das Tuch mit Stei- nen um ihren Hals, und die breite Wunde; -- aber ich weinte nicht, ich schwieg. -- Da kam der Bruder zu mir und sagte: sei stark, Mädchen. -- Wir lande- ten in Rüdesheim; überall erzählte man sich die Ge- schichte; ich lief in Windesschnelle an allen vorüber, den Ostein hinauf eine halbe Stunde Berg an, ohne auszuruhen; -- oben war mir der Athem vergangen, mein Kopf brannte, ich war den andern weit voraus- geeilt. -- Da lag der herrliche Rhein mit seinem schma- ragdnen Schmuck der Inseln; da sah ich die Ströme von allen Seiten dem Rhein zufließen, und die reichen friedlichen Städte an beiden Ufern, und die gesegneten Gelände an beiden Seiten; da fragte ich mich, ob mich die Zeit über diesen Verlust beschwichtigen werde, und da war auch der Entschluß gefaßt, kühn mich über den Jammer hinauszuschwingen, denn es schien mir unwürdig, Jammer zu äußern, den ich einstens beherrschen könne.
Füße, und daß das Gras noch nieder liege, — und der Schiffer lenkte unwillkührlich dorthin, und Franz be- wußtlos ſprach im Schiff alles dem Bauer nach, was er in der Ferne verſtehen konnte, und da mußt' ich denn mit anhören die ſchauderhaften Bruchſtücke der Erzäh- lung vom rothen Kleid, das aufgeſchnürt war, und der Dolch, den ich ſo gut kannte, und das Tuch mit Stei- nen um ihren Hals, und die breite Wunde; — aber ich weinte nicht, ich ſchwieg. — Da kam der Bruder zu mir und ſagte: ſei ſtark, Mädchen. — Wir lande- ten in Rüdesheim; überall erzählte man ſich die Ge- ſchichte; ich lief in Windesſchnelle an allen vorüber, den Oſtein hinauf eine halbe Stunde Berg an, ohne auszuruhen; — oben war mir der Athem vergangen, mein Kopf brannte, ich war den andern weit voraus- geeilt. — Da lag der herrliche Rhein mit ſeinem ſchma- ragdnen Schmuck der Inſeln; da ſah ich die Ströme von allen Seiten dem Rhein zufließen, und die reichen friedlichen Städte an beiden Ufern, und die geſegneten Gelände an beiden Seiten; da fragte ich mich, ob mich die Zeit über dieſen Verluſt beſchwichtigen werde, und da war auch der Entſchluß gefaßt, kühn mich über den Jammer hinauszuſchwingen, denn es ſchien mir unwürdig, Jammer zu äußern, den ich einſtens beherrſchen könne.
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Füße, und daß das Gras noch nieder liege, — und der
Schiffer lenkte unwillkührlich dorthin, und Franz be-
wußtlos ſprach im Schiff alles dem Bauer nach, was
er in der Ferne verſtehen konnte, und da mußt' ich denn
mit anhören die ſchauderhaften Bruchſtücke der Erzäh-
lung vom rothen Kleid, das aufgeſchnürt war, und der
Dolch, den ich ſo gut kannte, und das Tuch mit Stei-
nen um ihren Hals, und die breite Wunde; — aber
ich weinte nicht, ich ſchwieg. — Da kam der Bruder
zu mir und ſagte: ſei ſtark, Mädchen. — Wir lande-
ten in Rüdesheim; überall erzählte man ſich die Ge-
ſchichte; ich lief in Windesſchnelle an allen vorüber,
den Oſtein hinauf eine halbe Stunde Berg an, ohne
auszuruhen; — oben war mir der Athem vergangen,
mein Kopf brannte, ich war den andern weit voraus-
geeilt. — Da lag der herrliche Rhein mit ſeinem ſchma-
ragdnen Schmuck der Inſeln; da ſah ich die Ströme
von allen Seiten dem Rhein zufließen, und die reichen
friedlichen Städte an beiden Ufern, und die geſegneten
Gelände an beiden Seiten; da fragte ich mich, ob mich
die Zeit über dieſen Verluſt beſchwichtigen werde, und
da war auch der Entſchluß gefaßt, kühn mich über den
Jammer hinauszuſchwingen, denn es ſchien mir unwürdig,
Jammer zu äußern, den ich einſtens beherrſchen könne.
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/142>, abgerufen am 21.11.2024.
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