verschränkt. Nein, sagte sie, wenn Du mich nicht an- siehst, so erzähl' ich nichts; und da ich meinen Eigen- sinn nicht brechen konnte, ward sie ganz still. -- Ich ging auf und ab durch die drei langen, schmalen Zim- mer, und so oft ich an ihr vorüberschritt, sah sie mich an, als wolle sie sagen: Wie lang' soll's dauern? -- endlich sagte sie: hör! -- ich dächte Du gingst; -- Wo- hin? fragte ich. -- Nach Weimar zum Wolfgang, und holtest Dir wieder Respekt gegen seine Mutter; ach Mutter, wenn das möglich wär'! sagte ich, und fiel ihr um den Hals, und küßte sie und lief im Zimmer auf und ab. Ei, sagte sie, warum soll es denn nicht mög- lich sein? Der Weg dahin hängt ja an einander und ist kein Abgrund dazwischen; ich weiß nicht was Dich abhält, wenn Du eine so ungeheure Sehnsucht hast; -- eine Meile vierzigmal zu machen ist der ganze Spaß, und dann kommst Du wieder und erzählst mir alles. --
Nun hab' ich die ganze Nacht von der einen Meile geträumt, die ich vierzigmal machen werde; es ist ja wahr, die Mutter hat recht, nach vierzig durchjagten Stunden läg' ich am Herzen des Freundes; es ist auf dieser Erde, wo ich ihn finden kann, auf gebahnten Wegen gehet die Straße, alles deutet dorthin, der Stern am Him- mel leuchtet bis zu seiner Schwelle, die Kinder am Weg
verſchränkt. Nein, ſagte ſie, wenn Du mich nicht an- ſiehſt, ſo erzähl' ich nichts; und da ich meinen Eigen- ſinn nicht brechen konnte, ward ſie ganz ſtill. — Ich ging auf und ab durch die drei langen, ſchmalen Zim- mer, und ſo oft ich an ihr vorüberſchritt, ſah ſie mich an, als wolle ſie ſagen: Wie lang' ſoll's dauern? — endlich ſagte ſie: hör! — ich dächte Du gingſt; — Wo- hin? fragte ich. — Nach Weimar zum Wolfgang, und holteſt Dir wieder Reſpekt gegen ſeine Mutter; ach Mutter, wenn das möglich wär'! ſagte ich, und fiel ihr um den Hals, und küßte ſie und lief im Zimmer auf und ab. Ei, ſagte ſie, warum ſoll es denn nicht mög- lich ſein? Der Weg dahin hängt ja an einander und iſt kein Abgrund dazwiſchen; ich weiß nicht was Dich abhält, wenn Du eine ſo ungeheure Sehnſucht haſt; — eine Meile vierzigmal zu machen iſt der ganze Spaß, und dann kommſt Du wieder und erzählſt mir alles. —
Nun hab' ich die ganze Nacht von der einen Meile geträumt, die ich vierzigmal machen werde; es iſt ja wahr, die Mutter hat recht, nach vierzig durchjagten Stunden läg' ich am Herzen des Freundes; es iſt auf dieſer Erde, wo ich ihn finden kann, auf gebahnten Wegen gehet die Straße, alles deutet dorthin, der Stern am Him- mel leuchtet bis zu ſeiner Schwelle, die Kinder am Weg
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verſchränkt. Nein, ſagte ſie, wenn Du mich nicht an-
ſiehſt, ſo erzähl' ich nichts; und da ich meinen Eigen-
ſinn nicht brechen konnte, ward ſie ganz ſtill. — Ich
ging auf und ab durch die drei langen, ſchmalen Zim-
mer, und ſo oft ich an ihr vorüberſchritt, ſah ſie mich
an, als wolle ſie ſagen: Wie lang' ſoll's dauern? —
endlich ſagte ſie: hör! — ich dächte Du gingſt; — Wo-
hin? fragte ich. — Nach Weimar zum Wolfgang, und
holteſt Dir wieder Reſpekt gegen ſeine Mutter; ach
Mutter, wenn das möglich wär'! ſagte ich, und fiel ihr
um den Hals, und küßte ſie und lief im Zimmer auf
und ab. Ei, ſagte ſie, warum ſoll es denn nicht mög-
lich ſein? Der Weg dahin hängt ja an einander und
iſt kein Abgrund dazwiſchen; ich weiß nicht was Dich
abhält, wenn Du eine ſo ungeheure Sehnſucht haſt; —
eine Meile vierzigmal zu machen iſt der ganze Spaß,
und dann kommſt Du wieder und erzählſt mir alles. —
Nun hab' ich die ganze Nacht von der einen Meile
geträumt, die ich vierzigmal machen werde; es iſt ja wahr,
die Mutter hat recht, nach vierzig durchjagten Stunden läg'
ich am Herzen des Freundes; es iſt auf dieſer Erde,
wo ich ihn finden kann, auf gebahnten Wegen gehet
die Straße, alles deutet dorthin, der Stern am Him-
mel leuchtet bis zu ſeiner Schwelle, die Kinder am Weg
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/164>, abgerufen am 21.11.2024.
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