Gnade widerfahren lassen, weil Du sie verherrlichst, und weiß nichts von Dir! sag' nur, ob Du's zufrieden bist, daß ich Dir schreibe? -- sag' nur: ja Du darfst! Wenn ich nun in etlichen Wochen, denn da haben wir schon Frühling hier, in's Rheingau gehe, dann schreib' ich Dir von jedem Berg aus; bin Dir so immer viel näher, wenn ich außer den Stadtmauern bin, da glaub' ich manchmal mit jedem Athemzug Dich zu fühlen, wie Du im Herzen regierst, wenn es recht schön ist draußen, wenn die Luft schmeichelt, ja wenn die Natur gut und freundlich ist, wie Du, da fühl ich Dich so deutlich. -- Aber was soll ich mit Dir? -- Du selbst hast mir nichts zu sagen, in dem Brief, den Du mir schriebst, den ich zwar so lieb habe, wie meinen Augapfel, da nennst Du mich nicht einmal wie Du gewohnt warst, grad' als ob ich Deiner Vertraulichkeiten nicht werth wäre. Ach, es geht ja von Mund zu Herzen bei mir! ich würde nichts von Schatz und Herz und Kuß veräußern, und wenn ich auch am Hungertuch nagen müßte. In der Karmeliterkirche hab' ich im Herbst allerlei geschrieben, Erinnerungen aus der Kindheit, -- sie fielen mir immer ein wenn ich dahin kam, und doch war ich blos hinge- kommen, um ungestört an Dich zu denken! Jede Le- benszeit geht mir in Dir auf, ich denke mir die Kinder-
Gnade widerfahren laſſen, weil Du ſie verherrlichſt, und weiß nichts von Dir! ſag' nur, ob Du's zufrieden biſt, daß ich Dir ſchreibe? — ſag' nur: ja Du darfſt! Wenn ich nun in etlichen Wochen, denn da haben wir ſchon Frühling hier, in's Rheingau gehe, dann ſchreib' ich Dir von jedem Berg aus; bin Dir ſo immer viel näher, wenn ich außer den Stadtmauern bin, da glaub' ich manchmal mit jedem Athemzug Dich zu fühlen, wie Du im Herzen regierſt, wenn es recht ſchön iſt draußen, wenn die Luft ſchmeichelt, ja wenn die Natur gut und freundlich iſt, wie Du, da fühl ich Dich ſo deutlich. — Aber was ſoll ich mit Dir? — Du ſelbſt haſt mir nichts zu ſagen, in dem Brief, den Du mir ſchriebſt, den ich zwar ſo lieb habe, wie meinen Augapfel, da nennſt Du mich nicht einmal wie Du gewohnt warſt, grad' als ob ich Deiner Vertraulichkeiten nicht werth wäre. Ach, es geht ja von Mund zu Herzen bei mir! ich würde nichts von Schatz und Herz und Kuß veräußern, und wenn ich auch am Hungertuch nagen müßte. In der Karmeliterkirche hab' ich im Herbſt allerlei geſchrieben, Erinnerungen aus der Kindheit, — ſie fielen mir immer ein wenn ich dahin kam, und doch war ich blos hinge- kommen, um ungeſtört an Dich zu denken! Jede Le- benszeit geht mir in Dir auf, ich denke mir die Kinder-
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Gnade widerfahren laſſen, weil Du ſie verherrlichſt,
und weiß nichts von Dir! ſag' nur, ob Du's zufrieden
biſt, daß ich Dir ſchreibe? — ſag' nur: ja Du darfſt!
Wenn ich nun in etlichen Wochen, denn da haben wir
ſchon Frühling hier, in's Rheingau gehe, dann ſchreib'
ich Dir von jedem Berg aus; bin Dir ſo immer viel
näher, wenn ich außer den Stadtmauern bin, da glaub'
ich manchmal mit jedem Athemzug Dich zu fühlen, wie
Du im Herzen regierſt, wenn es recht ſchön iſt draußen,
wenn die Luft ſchmeichelt, ja wenn die Natur gut und
freundlich iſt, wie Du, da fühl ich Dich ſo deutlich. —
Aber was ſoll ich mit Dir? — Du ſelbſt haſt mir nichts
zu ſagen, in dem Brief, den Du mir ſchriebſt, den ich
zwar ſo lieb habe, wie meinen Augapfel, da nennſt Du
mich nicht einmal wie Du gewohnt warſt, grad' als
ob ich Deiner Vertraulichkeiten nicht werth wäre. Ach,
es geht ja von Mund zu Herzen bei mir! ich würde
nichts von Schatz und Herz und Kuß veräußern, und
wenn ich auch am Hungertuch nagen müßte. In der
Karmeliterkirche hab' ich im Herbſt allerlei geſchrieben,
Erinnerungen aus der Kindheit, — ſie fielen mir immer
ein wenn ich dahin kam, und doch war ich blos hinge-
kommen, um ungeſtört an Dich zu denken! Jede Le-
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/231>, abgerufen am 21.11.2024.
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