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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

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ich endlich oben bin, da seh ich aus der Thurmluke
den weiten Himmel, und frier' gar nicht; und da ist's
als müsse ich die gesammelten Thränen abladen, und
dann bin ich am andern Tag so heiter und so neuge-
boren, und ich suche mit List nach einem Scherz den
ich ausführen möchte; und kannst Du mir glauben?
das alles bist Du.

Bettine.

Die Mutter kommt oft zu uns, wir machen ihr
Maskeraden und alle mögliche Ergötzlichkeit; sie hat
unsere ganze Familie in ihren Schutz genommen, ist
frisch und gesund.

An Bettine.

Die Documente philanthropischer Christen- und Ju-
denschaft sind glücklich angekommen, und Dir soll da-
für, liebe kleine Freundin, der beste Dank werden. Es
ist recht wunderlich, daß man eben zur Zeit, da so viele
Menschen todt geschlagen werden, die übrigen auf's
beste und zierlichste auszuputzen sucht. Fahre fort, mir
von diesen heilsamen Anstalten, als Beschützerin dersel-

ich endlich oben bin, da ſeh ich aus der Thurmluke
den weiten Himmel, und frier' gar nicht; und da iſt's
als müſſe ich die geſammelten Thränen abladen, und
dann bin ich am andern Tag ſo heiter und ſo neuge-
boren, und ich ſuche mit Liſt nach einem Scherz den
ich ausführen möchte; und kannſt Du mir glauben?
das alles biſt Du.

Bettine.

Die Mutter kommt oft zu uns, wir machen ihr
Maskeraden und alle mögliche Ergötzlichkeit; ſie hat
unſere ganze Familie in ihren Schutz genommen, iſt
friſch und geſund.

An Bettine.

Die Documente philanthropiſcher Chriſten- und Ju-
denſchaft ſind glücklich angekommen, und Dir ſoll da-
für, liebe kleine Freundin, der beſte Dank werden. Es
iſt recht wunderlich, daß man eben zur Zeit, da ſo viele
Menſchen todt geſchlagen werden, die übrigen auf's
beſte und zierlichſte auszuputzen ſucht. Fahre fort, mir
von dieſen heilſamen Anſtalten, als Beſchützerin derſel-

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[207/0239] ich endlich oben bin, da ſeh ich aus der Thurmluke den weiten Himmel, und frier' gar nicht; und da iſt's als müſſe ich die geſammelten Thränen abladen, und dann bin ich am andern Tag ſo heiter und ſo neuge- boren, und ich ſuche mit Liſt nach einem Scherz den ich ausführen möchte; und kannſt Du mir glauben? das alles biſt Du. Bettine. Die Mutter kommt oft zu uns, wir machen ihr Maskeraden und alle mögliche Ergötzlichkeit; ſie hat unſere ganze Familie in ihren Schutz genommen, iſt friſch und geſund. An Bettine. Die Documente philanthropiſcher Chriſten- und Ju- denſchaft ſind glücklich angekommen, und Dir ſoll da- für, liebe kleine Freundin, der beſte Dank werden. Es iſt recht wunderlich, daß man eben zur Zeit, da ſo viele Menſchen todt geſchlagen werden, die übrigen auf's beſte und zierlichſte auszuputzen ſucht. Fahre fort, mir von dieſen heilſamen Anſtalten, als Beſchützerin derſel-

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/239>, abgerufen am 21.11.2024.