Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.-- Da ich ihn nach längerer Zeit wieder sah, öff- — Da ich ihn nach längerer Zeit wieder ſah, öff- <TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0024" n="IV"/> — Da ich ihn nach längerer Zeit wieder ſah, öff-<lb/> nete er ein Schubfach worin meine Briefe lagen,<lb/> und ſagte: „<hi rendition="#g">Ich leſe alle Tage darin</hi>.“ Da-<lb/> mals erregten mir dieſe Worte einen leiſen Schauer.<lb/> Als ich jetzt dieſe Briefe wieder las, mit dieſen Spu-<lb/> ren ſeiner Hand, da empfand ich denſelben Schauer,<lb/> und ich hätte mich nicht leichtlich von einem der<lb/> geringſten Blätter trennen mögen. Ich habe alſo<lb/> die Bitte des Kanzler von Müller mit Schweigen<lb/> übergangen aber nicht undankbar vergeſſen; möge<lb/> ihm der <choice><sic>Grbrauch</sic><corr>Gebrauch</corr></choice>, den ich davon gemacht habe,<lb/> beides meinen Dank und meine Rechtfertigung be-<lb/> weiſen.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </front> </text> </TEI> [IV/0024]
— Da ich ihn nach längerer Zeit wieder ſah, öff-
nete er ein Schubfach worin meine Briefe lagen,
und ſagte: „Ich leſe alle Tage darin.“ Da-
mals erregten mir dieſe Worte einen leiſen Schauer.
Als ich jetzt dieſe Briefe wieder las, mit dieſen Spu-
ren ſeiner Hand, da empfand ich denſelben Schauer,
und ich hätte mich nicht leichtlich von einem der
geringſten Blätter trennen mögen. Ich habe alſo
die Bitte des Kanzler von Müller mit Schweigen
übergangen aber nicht undankbar vergeſſen; möge
ihm der Gebrauch, den ich davon gemacht habe,
beides meinen Dank und meine Rechtfertigung be-
weiſen.
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