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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

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dem Weg zum Tempel des Ruhms fortgeleiert sein, wo
man so oft marode wird?

Eben entdeckte ich den Briefträger, ich sprang ihm
entgegen, er zeigte mir auch von weitem deinen Brief,
er freute sich mit mir und hatte auch Ursache dazu, er
sagte: Gewiß ist der Brief von dem Herrn Liebsten!
Ja, sagte ich, für die Ewigkeit! das hielt er für ein
melancholisches Ausrufungszeichen.

Die Mutter hat mir auch heute geschrieben, sie sagt
mir's herzlich, daß sie mir wohl will, von deinem Sohn
erhalte ich zuweilen Nachricht durch andre, er selbst aber
läßt nichts von sich hören.

Und nun leb' wohl, dein Aufenthalt im Karlsbad
sei Dir gedeihlich, ich segne deine Gesundheit, wenn Du
krank wärst und Schmerzen littest, würde ich sehr mit-
leiden, ich hab' so Manches nachfühlen müssen; was
Du wohl längst verschmerzt hattest, noch eh' ich Dich
kannte.

Die drei Mohren sollen deine Wächter sein, daß
sich kein fremder Gast bei Dir einschleiche, und Du Dir
kein geschnitzeltes Bild machst, dasselbige anzubeten. Laß
Dir's bei den drei Mohren gesagt sein, daß ich um den
Ernst deiner Treue bitte, erhalte mir sie unter den zier-
lichen müssigen Badenymphen, die Dich umtanzen, die

dem Weg zum Tempel des Ruhms fortgeleiert ſein, wo
man ſo oft marode wird?

Eben entdeckte ich den Briefträger, ich ſprang ihm
entgegen, er zeigte mir auch von weitem deinen Brief,
er freute ſich mit mir und hatte auch Urſache dazu, er
ſagte: Gewiß iſt der Brief von dem Herrn Liebſten!
Ja, ſagte ich, für die Ewigkeit! das hielt er für ein
melancholiſches Ausrufungszeichen.

Die Mutter hat mir auch heute geſchrieben, ſie ſagt
mir's herzlich, daß ſie mir wohl will, von deinem Sohn
erhalte ich zuweilen Nachricht durch andre, er ſelbſt aber
läßt nichts von ſich hören.

Und nun leb' wohl, dein Aufenthalt im Karlsbad
ſei Dir gedeihlich, ich ſegne deine Geſundheit, wenn Du
krank wärſt und Schmerzen litteſt, würde ich ſehr mit-
leiden, ich hab' ſo Manches nachfühlen müſſen; was
Du wohl längſt verſchmerzt hatteſt, noch eh' ich Dich
kannte.

Die drei Mohren ſollen deine Wächter ſein, daß
ſich kein fremder Gaſt bei Dir einſchleiche, und Du Dir
kein geſchnitzeltes Bild machſt, daſſelbige anzubeten. Laß
Dir's bei den drei Mohren geſagt ſein, daß ich um den
Ernſt deiner Treue bitte, erhalte mir ſie unter den zier-
lichen müſſigen Badenymphen, die Dich umtanzen, die

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[237/0269] dem Weg zum Tempel des Ruhms fortgeleiert ſein, wo man ſo oft marode wird? Eben entdeckte ich den Briefträger, ich ſprang ihm entgegen, er zeigte mir auch von weitem deinen Brief, er freute ſich mit mir und hatte auch Urſache dazu, er ſagte: Gewiß iſt der Brief von dem Herrn Liebſten! Ja, ſagte ich, für die Ewigkeit! das hielt er für ein melancholiſches Ausrufungszeichen. Die Mutter hat mir auch heute geſchrieben, ſie ſagt mir's herzlich, daß ſie mir wohl will, von deinem Sohn erhalte ich zuweilen Nachricht durch andre, er ſelbſt aber läßt nichts von ſich hören. Und nun leb' wohl, dein Aufenthalt im Karlsbad ſei Dir gedeihlich, ich ſegne deine Geſundheit, wenn Du krank wärſt und Schmerzen litteſt, würde ich ſehr mit- leiden, ich hab' ſo Manches nachfühlen müſſen; was Du wohl längſt verſchmerzt hatteſt, noch eh' ich Dich kannte. Die drei Mohren ſollen deine Wächter ſein, daß ſich kein fremder Gaſt bei Dir einſchleiche, und Du Dir kein geſchnitzeltes Bild machſt, daſſelbige anzubeten. Laß Dir's bei den drei Mohren geſagt ſein, daß ich um den Ernſt deiner Treue bitte, erhalte mir ſie unter den zier- lichen müſſigen Badenymphen, die Dich umtanzen, die

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/269>, abgerufen am 22.11.2024.