und wenn Du nicht wach werden willst, und meiner bewußt sein, dann wird Dich's stechen. -- Sag! ist dies Leidenschaft, was ich Dir hier vorbete? -- O sag's doch; -- wenn's wahr wäre, wenn ich geboren wär in Lei- denschaft zu verflammen, wenn ich die hohe Ceder wär, auf dem die Welt überragenden Libanon, angezündet zum Opfer deinem Genius, und verduften könnte in Wohlgerüchen, daß jeder deinen Geist einsöge durch mich; wenns so wär, mein Freund, das Leidenschaft den Geist des Geliebten entbindet, wie das Feuer den Duft! -- und so ist es auch! dein Geist wohnt in mir, und entzündet mich, und ich verzehre mich in Flammen, und verdufte, und was die aussprühenden Funken erreichen, das verbrennt mit; -- so knackert und flackert jetzt die Musik in mir, -- die muß auch herhalten zum lustigen Opferfeuer; sie will nur nicht recht zünden, und setzt viel Rauch. Ich gedenke hier Deiner und Schiller's; die Welt sieht Euch an wie zwei Brüder auf einem Thron, er hat so viel Anhänger wie Du; -- sie wis- sen's nicht, daß sie durch den einen vom andern berührt werden; ich aber bin dessen gewiß. -- Ich war auch einmal ungerecht gegen Schiller, und glaubte, weil ich Dich liebe, ich dürfe seiner nicht achten; aber nachdem ich Dich gesehen hatte, und nach dem seine
und wenn Du nicht wach werden willſt, und meiner bewußt ſein, dann wird Dich's ſtechen. — Sag! iſt dies Leidenſchaft, was ich Dir hier vorbete? — O ſag's doch; — wenn's wahr wäre, wenn ich geboren wär in Lei- denſchaft zu verflammen, wenn ich die hohe Ceder wär, auf dem die Welt überragenden Libanon, angezündet zum Opfer deinem Genius, und verduften könnte in Wohlgerüchen, daß jeder deinen Geiſt einſöge durch mich; wenns ſo wär, mein Freund, das Leidenſchaft den Geiſt des Geliebten entbindet, wie das Feuer den Duft! — und ſo iſt es auch! dein Geiſt wohnt in mir, und entzündet mich, und ich verzehre mich in Flammen, und verdufte, und was die ausſprühenden Funken erreichen, das verbrennt mit; — ſo knackert und flackert jetzt die Muſik in mir, — die muß auch herhalten zum luſtigen Opferfeuer; ſie will nur nicht recht zünden, und ſetzt viel Rauch. Ich gedenke hier Deiner und Schiller's; die Welt ſieht Euch an wie zwei Brüder auf einem Thron, er hat ſo viel Anhänger wie Du; — ſie wiſ- ſen's nicht, daß ſie durch den einen vom andern berührt werden; ich aber bin deſſen gewiß. — Ich war auch einmal ungerecht gegen Schiller, und glaubte, weil ich Dich liebe, ich dürfe ſeiner nicht achten; aber nachdem ich Dich geſehen hatte, und nach dem ſeine
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und wenn Du nicht wach werden willſt, und meiner
bewußt ſein, dann wird Dich's ſtechen. — Sag! iſt
dies Leidenſchaft, was ich Dir hier vorbete? — O ſag's
doch; — wenn's wahr wäre, wenn ich geboren wär in Lei-
denſchaft zu verflammen, wenn ich die hohe Ceder wär,
auf dem die Welt überragenden Libanon, angezündet
zum Opfer deinem Genius, und verduften könnte in
Wohlgerüchen, daß jeder deinen Geiſt einſöge durch mich;
wenns ſo wär, mein Freund, das Leidenſchaft den
Geiſt des Geliebten entbindet, wie das Feuer den Duft!
— und ſo iſt es auch! dein Geiſt wohnt in mir, und
entzündet mich, und ich verzehre mich in Flammen, und
verdufte, und was die ausſprühenden Funken erreichen,
das verbrennt mit; — ſo knackert und flackert jetzt die
Muſik in mir, — die muß auch herhalten zum luſtigen
Opferfeuer; ſie will nur nicht recht zünden, und ſetzt
viel Rauch. Ich gedenke hier Deiner und Schiller's;
die Welt ſieht Euch an wie zwei Brüder auf einem
Thron, er hat ſo viel Anhänger wie Du; — ſie wiſ-
ſen's nicht, daß ſie durch den einen vom andern
berührt werden; ich aber bin deſſen gewiß. — Ich
war auch einmal ungerecht gegen Schiller, und glaubte,
weil ich Dich liebe, ich dürfe ſeiner nicht achten; aber
nachdem ich Dich geſehen hatte, und nach dem ſeine
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/303>, abgerufen am 22.11.2024.
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