D'umee anbelangt, so hat er sehr interessante, wissen- schaftliche Sachen die er Dir alle verspricht, die Corre- spondence mit ... giebt er nicht heraus, ich soll nur sagen, Du habest es nicht verdient, und er werde diese Briefe als einen wichtigen Famil[i]enschatz aufbewahren, und als ein Muster von feurigen Ausdrücken bei der höchsten Ehrerbietung. Ich weiß nicht, was mich befiel bei dieser Rede, ich fühlte, daß ich roth ward, da hob er mir das Kinn in die Höhe und sagte: Was fehlt Ihnen denn, mein Kind, sie schreiben wohl auch an Goethe? -- Ja, sagte ich, unter der Obhut seiner Mut- ter. So, so, das ist ganz schön, kann denn die Mutter lesen? -- Da mußt ich ungeheuer lachen, ich sagte: Wahrhaftig, Euer Hoheit haben's errathen; ich muß der Mutter alles vorlesen, und was sie nicht wissen soll, das übergeh' ich. -- Er brachte noch allerlei Scherzhaf- tes vor und frug, ob ich Dich Du nenne, und was ich Dir alles schreibe? -- ich sagte des Rythmus halber nenne ich Dich Du, und eben habe ich seine Dispensa- tion einholen wollen um schriftlich beichten zu dürfen, denn ich wolle Dir gern beichten; er lachte, er sprang auf, (denn er ist sehr vif und macht oft große Sätze) und sagte: Geist wie der Blitz! ja, ich gebe Ihnen Di- spensation und ihm, -- schreiben Sie es ihm ja, -- geb'
D'umée anbelangt, ſo hat er ſehr intereſſante, wiſſen- ſchaftliche Sachen die er Dir alle verſpricht, die Corre- ſpondence mit … giebt er nicht heraus, ich ſoll nur ſagen, Du habeſt es nicht verdient, und er werde dieſe Briefe als einen wichtigen Famil[i]enſchatz aufbewahren, und als ein Muſter von feurigen Ausdrücken bei der höchſten Ehrerbietung. Ich weiß nicht, was mich befiel bei dieſer Rede, ich fühlte, daß ich roth ward, da hob er mir das Kinn in die Höhe und ſagte: Was fehlt Ihnen denn, mein Kind, ſie ſchreiben wohl auch an Goethe? — Ja, ſagte ich, unter der Obhut ſeiner Mut- ter. So, ſo, das iſt ganz ſchön, kann denn die Mutter leſen? — Da mußt ich ungeheuer lachen, ich ſagte: Wahrhaftig, Euer Hoheit haben's errathen; ich muß der Mutter alles vorleſen, und was ſie nicht wiſſen ſoll, das übergeh' ich. — Er brachte noch allerlei Scherzhaf- tes vor und frug, ob ich Dich Du nenne, und was ich Dir alles ſchreibe? — ich ſagte des Rythmus halber nenne ich Dich Du, und eben habe ich ſeine Diſpenſa- tion einholen wollen um ſchriftlich beichten zu dürfen, denn ich wolle Dir gern beichten; er lachte, er ſprang auf, (denn er iſt ſehr vif und macht oft große Sätze) und ſagte: Geiſt wie der Blitz! ja, ich gebe Ihnen Di- ſpenſation und ihm, — ſchreiben Sie es ihm ja, — geb'
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D'umée anbelangt, ſo hat er ſehr intereſſante, wiſſen-
ſchaftliche Sachen die er Dir alle verſpricht, die Corre-
ſpondence mit … giebt er nicht heraus, ich ſoll nur
ſagen, Du habeſt es nicht verdient, und er werde dieſe
Briefe als einen wichtigen Familienſchatz aufbewahren,
und als ein Muſter von feurigen Ausdrücken bei der
höchſten Ehrerbietung. Ich weiß nicht, was mich befiel
bei dieſer Rede, ich fühlte, daß ich roth ward, da hob
er mir das Kinn in die Höhe und ſagte: Was fehlt
Ihnen denn, mein Kind, ſie ſchreiben wohl auch an
Goethe? — Ja, ſagte ich, unter der Obhut ſeiner Mut-
ter. So, ſo, das iſt ganz ſchön, kann denn die Mutter
leſen? — Da mußt ich ungeheuer lachen, ich ſagte:
Wahrhaftig, Euer Hoheit haben's errathen; ich muß
der Mutter alles vorleſen, und was ſie nicht wiſſen ſoll,
das übergeh' ich. — Er brachte noch allerlei Scherzhaf-
tes vor und frug, ob ich Dich Du nenne, und was ich
Dir alles ſchreibe? — ich ſagte des Rythmus halber
nenne ich Dich Du, und eben habe ich ſeine Diſpenſa-
tion einholen wollen um ſchriftlich beichten zu dürfen,
denn ich wolle Dir gern beichten; er lachte, er ſprang
auf, (denn er iſt ſehr vif und macht oft große Sätze)
und ſagte: Geiſt wie der Blitz! ja, ich gebe Ihnen Di-
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/343>, abgerufen am 23.11.2024.
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