Schreck mit dem Feuer, ich sagt: Ei Herr Pfarrer, ist denn der Katharine Thurm grad so groß, daß er mir auf die Nas' fällt wenn er umstürtzt? -- Da hat er ge- sessen mit seinem dicken Bauch im schwarzen Talar mit dem runden weißen Kragen im doppelten Falten, mit der runden Stutzperück und den Schnallenschuh auf Deiner Schawell, und hat den Brief gelesen, hätt's mein Sohn gesehen er hätt' gelacht.
Katharina Goethe.
Frau Mutter ich danke Ihr für die zwei Brief' hinter einander das war einmal gepflügt, recht durch schweres Erdreich, man sieht's, die Schollen liegen ne- ben an, wie dick; gewiß das sind der Lischen ihre Fin- ger gewesen mit denen Sie die Furchen gezogen hat, die sind recht krumm, was mich wundert das ist daß ich Ihr so gern schreib', daß ich keine Gelegenheit versäum', und alles was mir begegnet, prüf ich, ob es nicht schön wär ihr zu schreiben, das ist weil ich doch nicht alles und fortwährend an den Wolfgang schreiben kann, ich hab ihn gesagt in Weimar: Wenn ich dort wohnte, so wollt ich als nur die Sonn- und Feiertäg' zu ihm kommen und nicht alle Tag, das hat ihn gefreut; so
Schreck mit dem Feuer, ich ſagt: Ei Herr Pfarrer, iſt denn der Katharine Thurm grad ſo groß, daß er mir auf die Naſ' fällt wenn er umſtürtzt? — Da hat er ge- ſeſſen mit ſeinem dicken Bauch im ſchwarzen Talar mit dem runden weißen Kragen im doppelten Falten, mit der runden Stutzperück und den Schnallenſchuh auf Deiner Schawell, und hat den Brief geleſen, hätt's mein Sohn geſehen er hätt' gelacht.
Katharina Goethe.
Frau Mutter ich danke Ihr für die zwei Brief' hinter einander das war einmal gepflügt, recht durch ſchweres Erdreich, man ſieht's, die Schollen liegen ne- ben an, wie dick; gewiß das ſind der Lischen ihre Fin- ger geweſen mit denen Sie die Furchen gezogen hat, die ſind recht krumm, was mich wundert das iſt daß ich Ihr ſo gern ſchreib', daß ich keine Gelegenheit verſäum', und alles was mir begegnet, prüf ich, ob es nicht ſchön wär ihr zu ſchreiben, das iſt weil ich doch nicht alles und fortwährend an den Wolfgang ſchreiben kann, ich hab ihn geſagt in Weimar: Wenn ich dort wohnte, ſo wollt ich als nur die Sonn- und Feiertäg' zu ihm kommen und nicht alle Tag, das hat ihn gefreut; ſo
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Schreck mit dem Feuer, ich ſagt: Ei Herr Pfarrer, iſt
denn der Katharine Thurm grad ſo groß, daß er mir
auf die Naſ' fällt wenn er umſtürtzt? — Da hat er ge-
ſeſſen mit ſeinem dicken Bauch im ſchwarzen Talar mit
dem runden weißen Kragen im doppelten Falten, mit
der runden Stutzperück und den Schnallenſchuh auf
Deiner Schawell, und hat den Brief geleſen, hätt's mein
Sohn geſehen er hätt' gelacht.
Katharina Goethe.
Frau Mutter ich danke Ihr für die zwei Brief'
hinter einander das war einmal gepflügt, recht durch
ſchweres Erdreich, man ſieht's, die Schollen liegen ne-
ben an, wie dick; gewiß das ſind der Lischen ihre Fin-
ger geweſen mit denen Sie die Furchen gezogen hat,
die ſind recht krumm, was mich wundert das iſt daß ich
Ihr ſo gern ſchreib', daß ich keine Gelegenheit verſäum',
und alles was mir begegnet, prüf ich, ob es nicht ſchön
wär ihr zu ſchreiben, das iſt weil ich doch nicht alles
und fortwährend an den Wolfgang ſchreiben kann, ich
hab ihn geſagt in Weimar: Wenn ich dort wohnte,
ſo wollt ich als nur die Sonn- und Feiertäg' zu ihm
kommen und nicht alle Tag, das hat ihn gefreut; ſo
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/74>, abgerufen am 21.11.2024.
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