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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835.

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Trauben auszuleeren, bilden einen wunderschönen Rand;
die starken Männer am Fuß der Kelter, die die kleinen
Knaben auf ihre Schultern heben und auf mannigfache
Weise heraufhelfen, sind ganz außerordentlich herrlich,
nackt, einem oder dem andern hängt ein Tigerfell über
den Rücken, sonst ganz ungeniert. Am Humpen sieht
man auf einer Seite das mainzer Wappen, auf der
andern das von Köln.

Der ganze Humpen steht auf einem Aufsatz der wie
ein sanfter Hügel gestaltet ist; auf diesem sitzen und
liegen Nymphen im Kreis; sie spielen mit Tamburinen,
Becken, Triangel, andre liegen und balgen sich mit
Leoparden, die ihnen über die Köpfe springen; es ist
gar zu schön. -- Das hab' ich Ihr nun beschrieben,
aber hätte Sie es erst gesehen, Sie würde vor Verwun-
derung laut aufgeschrieen haben. Was überfällt einem
nur, wenn man so etwas von Menschenhänden gemacht
sieht? Mir rauchte der Kopf, und ich meinte in der
trunkenen Begeistrung ich werde keine Ruhe finden,
wenn ich nicht auch solche schöne Sachen erfinden und
machen könne. Aber wie ich hinaus kam und es war
Abend geworden, und die Sonne ging so schön unter,
da vergaß ich alles, blos um mit den letzten Strahlen
der Sonne meine Sinne in dem kühlen Rhein zu baden.


Trauben auszuleeren, bilden einen wunderſchönen Rand;
die ſtarken Männer am Fuß der Kelter, die die kleinen
Knaben auf ihre Schultern heben und auf mannigfache
Weiſe heraufhelfen, ſind ganz außerordentlich herrlich,
nackt, einem oder dem andern hängt ein Tigerfell über
den Rücken, ſonſt ganz ungeniert. Am Humpen ſieht
man auf einer Seite das mainzer Wappen, auf der
andern das von Köln.

Der ganze Humpen ſteht auf einem Aufſatz der wie
ein ſanfter Hügel geſtaltet iſt; auf dieſem ſitzen und
liegen Nymphen im Kreis; ſie ſpielen mit Tamburinen,
Becken, Triangel, andre liegen und balgen ſich mit
Leoparden, die ihnen über die Köpfe ſpringen; es iſt
gar zu ſchön. — Das hab' ich Ihr nun beſchrieben,
aber hätte Sie es erſt geſehen, Sie würde vor Verwun-
derung laut aufgeſchrieen haben. Was überfällt einem
nur, wenn man ſo etwas von Menſchenhänden gemacht
ſieht? Mir rauchte der Kopf, und ich meinte in der
trunkenen Begeiſtrung ich werde keine Ruhe finden,
wenn ich nicht auch ſolche ſchöne Sachen erfinden und
machen könne. Aber wie ich hinaus kam und es war
Abend geworden, und die Sonne ging ſo ſchön unter,
da vergaß ich alles, blos um mit den letzten Strahlen
der Sonne meine Sinne in dem kühlen Rhein zu baden.


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[67/0099] Trauben auszuleeren, bilden einen wunderſchönen Rand; die ſtarken Männer am Fuß der Kelter, die die kleinen Knaben auf ihre Schultern heben und auf mannigfache Weiſe heraufhelfen, ſind ganz außerordentlich herrlich, nackt, einem oder dem andern hängt ein Tigerfell über den Rücken, ſonſt ganz ungeniert. Am Humpen ſieht man auf einer Seite das mainzer Wappen, auf der andern das von Köln. Der ganze Humpen ſteht auf einem Aufſatz der wie ein ſanfter Hügel geſtaltet iſt; auf dieſem ſitzen und liegen Nymphen im Kreis; ſie ſpielen mit Tamburinen, Becken, Triangel, andre liegen und balgen ſich mit Leoparden, die ihnen über die Köpfe ſpringen; es iſt gar zu ſchön. — Das hab' ich Ihr nun beſchrieben, aber hätte Sie es erſt geſehen, Sie würde vor Verwun- derung laut aufgeſchrieen haben. Was überfällt einem nur, wenn man ſo etwas von Menſchenhänden gemacht ſieht? Mir rauchte der Kopf, und ich meinte in der trunkenen Begeiſtrung ich werde keine Ruhe finden, wenn ich nicht auch ſolche ſchöne Sachen erfinden und machen könne. Aber wie ich hinaus kam und es war Abend geworden, und die Sonne ging ſo ſchön unter, da vergaß ich alles, blos um mit den letzten Strahlen der Sonne meine Sinne in dem kühlen Rhein zu baden.

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 1. Berlin, 1835, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe01_1835/99>, abgerufen am 21.11.2024.