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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

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umstrickt, die durch seine Reden nur noch verwickelter
wurden, und er war ängstlich auf seiner Hut, daß ich
ihm nicht eins seiner Geheimnisse erschnappe, um es Dir
zu übertragen, er möchte gern mit Dir selber hierüber
sprechen, am meisten klagte er, daß Du ihm auf einen
demüthigen, aufrichtigen Brief keine Antwort gegeben,
ich aber tröstete ihn damit, daß Du mir auf einen bit-
tenden, liebenden Brief auch keine Antwort gegeben,
und so war es gut. -- Ich kann dem armen Mann
nicht begreiflich machen, daß er die Perlen mit den
Kleien gemischt, und daß wahrscheinlich beides zusammt
von den Schweinen gefressen wird. Du aber könntest
hier gewiß Gutes stiften, wenn Du Dich über seine Ent-
deckungen mit ihm einlassen wolltest. Beikommende Ta-
belle hab ich ihm für Dich abgeluxt, sie gefällt mir so
wohl, daß ich sie wie ein schönes Bild betrachte.

Jetzt hab ich noch eine geringe Frage, aber sie gilt
mir viel, denn sie soll mir eine Antwort eintragen: hast
Du Albrecht Dürrer's Bildniß, welches schon vor sechs
Wochen von hier abging, erhalten? -- wo nicht, so
bitte ich, lasse doch in Weimar bei den Fuhrleuten nach-
fragen.

Es geht hier eine Sage unter dem Volk, es werde
bald eine Erscheinung sein, die soll Wahlverwandtschaf-

umſtrickt, die durch ſeine Reden nur noch verwickelter
wurden, und er war ängſtlich auf ſeiner Hut, daß ich
ihm nicht eins ſeiner Geheimniſſe erſchnappe, um es Dir
zu übertragen, er möchte gern mit Dir ſelber hierüber
ſprechen, am meiſten klagte er, daß Du ihm auf einen
demüthigen, aufrichtigen Brief keine Antwort gegeben,
ich aber tröſtete ihn damit, daß Du mir auf einen bit-
tenden, liebenden Brief auch keine Antwort gegeben,
und ſo war es gut. — Ich kann dem armen Mann
nicht begreiflich machen, daß er die Perlen mit den
Kleien gemiſcht, und daß wahrſcheinlich beides zuſammt
von den Schweinen gefreſſen wird. Du aber könnteſt
hier gewiß Gutes ſtiften, wenn Du Dich über ſeine Ent-
deckungen mit ihm einlaſſen wollteſt. Beikommende Ta-
belle hab ich ihm für Dich abgeluxt, ſie gefällt mir ſo
wohl, daß ich ſie wie ein ſchönes Bild betrachte.

Jetzt hab ich noch eine geringe Frage, aber ſie gilt
mir viel, denn ſie ſoll mir eine Antwort eintragen: haſt
Du Albrecht Dürrer's Bildniß, welches ſchon vor ſechs
Wochen von hier abging, erhalten? — wo nicht, ſo
bitte ich, laſſe doch in Weimar bei den Fuhrleuten nach-
fragen.

Es geht hier eine Sage unter dem Volk, es werde
bald eine Erſcheinung ſein, die ſoll Wahlverwandtſchaf-

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[106/0116] umſtrickt, die durch ſeine Reden nur noch verwickelter wurden, und er war ängſtlich auf ſeiner Hut, daß ich ihm nicht eins ſeiner Geheimniſſe erſchnappe, um es Dir zu übertragen, er möchte gern mit Dir ſelber hierüber ſprechen, am meiſten klagte er, daß Du ihm auf einen demüthigen, aufrichtigen Brief keine Antwort gegeben, ich aber tröſtete ihn damit, daß Du mir auf einen bit- tenden, liebenden Brief auch keine Antwort gegeben, und ſo war es gut. — Ich kann dem armen Mann nicht begreiflich machen, daß er die Perlen mit den Kleien gemiſcht, und daß wahrſcheinlich beides zuſammt von den Schweinen gefreſſen wird. Du aber könnteſt hier gewiß Gutes ſtiften, wenn Du Dich über ſeine Ent- deckungen mit ihm einlaſſen wollteſt. Beikommende Ta- belle hab ich ihm für Dich abgeluxt, ſie gefällt mir ſo wohl, daß ich ſie wie ein ſchönes Bild betrachte. Jetzt hab ich noch eine geringe Frage, aber ſie gilt mir viel, denn ſie ſoll mir eine Antwort eintragen: haſt Du Albrecht Dürrer's Bildniß, welches ſchon vor ſechs Wochen von hier abging, erhalten? — wo nicht, ſo bitte ich, laſſe doch in Weimar bei den Fuhrleuten nach- fragen. Es geht hier eine Sage unter dem Volk, es werde bald eine Erſcheinung ſein, die ſoll Wahlverwandtſchaf-

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/116>, abgerufen am 21.11.2024.