doch ja auf die Spur zu kommen, fahre fort an mich zu denken und mir etwas von deinem wunderlichen Le- ben zu sagen, deine Briefe werden wiederholt gelesen mit vieler Freude, was Dir auch die Feder darauf er- wiedern könnte, es wäre doch immer weit entfernt von dem unmittelbaren Eindruck, dem man sich so gern hin- giebt, selbst wenn es Täuschung wär, denn wer vermag bei wachenden Sinnen zu glauben an den Reichthum deiner Liebe, den man als Traum aufzunehmen wohl am besten thut. -- Was Du zum voraus über die Wahlverwandtschaften sagst, ist prophetischer Blick, denn leider geht die Sonne düster genug dort unter. Suche doch ja dem Albrecht Dürrer auf die Spur zu kommen. Lebe recht wohl.
Jena, den 11. September 1809.
Goethe.
Heute bitt ich wieder einmal um Verzeihung, liebe Bettine, wie ich es schon oft hätte thun sollen. Ich habe Dir wegen des Bildes vergebne Sorge gemacht, es ist in Weimar wirklich angekommen, und nur durch Zufall und Vernachlässigung kam die Nachricht nicht an mich herüber. Nun soll es mich bei meiner Rück-
doch ja auf die Spur zu kommen, fahre fort an mich zu denken und mir etwas von deinem wunderlichen Le- ben zu ſagen, deine Briefe werden wiederholt geleſen mit vieler Freude, was Dir auch die Feder darauf er- wiedern könnte, es wäre doch immer weit entfernt von dem unmittelbaren Eindruck, dem man ſich ſo gern hin- giebt, ſelbſt wenn es Täuſchung wär, denn wer vermag bei wachenden Sinnen zu glauben an den Reichthum deiner Liebe, den man als Traum aufzunehmen wohl am beſten thut. — Was Du zum voraus über die Wahlverwandtſchaften ſagſt, iſt prophetiſcher Blick, denn leider geht die Sonne düſter genug dort unter. Suche doch ja dem Albrecht Dürrer auf die Spur zu kommen. Lebe recht wohl.
Jena, den 11. September 1809.
Goethe.
Heute bitt ich wieder einmal um Verzeihung, liebe Bettine, wie ich es ſchon oft hätte thun ſollen. Ich habe Dir wegen des Bildes vergebne Sorge gemacht, es iſt in Weimar wirklich angekommen, und nur durch Zufall und Vernachläſſigung kam die Nachricht nicht an mich herüber. Nun ſoll es mich bei meiner Rück-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0120"n="110"/>
doch ja auf die Spur zu kommen, fahre fort an mich<lb/>
zu denken und mir etwas von deinem wunderlichen Le-<lb/>
ben zu ſagen, deine Briefe werden wiederholt geleſen<lb/>
mit vieler Freude, was Dir auch die Feder darauf er-<lb/>
wiedern könnte, es wäre doch immer weit entfernt von<lb/>
dem unmittelbaren Eindruck, dem man ſich ſo gern hin-<lb/>
giebt, ſelbſt wenn es Täuſchung wär, denn wer vermag<lb/>
bei wachenden Sinnen zu glauben an den Reichthum<lb/>
deiner Liebe, den man als Traum aufzunehmen wohl<lb/>
am beſten thut. — Was Du zum voraus über die<lb/>
Wahlverwandtſchaften ſagſt, iſt prophetiſcher Blick, denn<lb/>
leider geht die Sonne düſter genug dort unter. Suche<lb/>
doch ja dem Albrecht Dürrer auf die Spur zu kommen.<lb/>
Lebe recht wohl.</p><lb/><dateline><hirendition="#et">Jena, den 11. September 1809.</hi></dateline><lb/><closer><salute><hirendition="#et">Goethe.</hi></salute></closer></div><lb/><divn="2"><p>Heute bitt ich wieder einmal um Verzeihung, liebe<lb/>
Bettine, wie ich es ſchon oft hätte thun ſollen. Ich<lb/>
habe Dir wegen des Bildes vergebne Sorge gemacht,<lb/>
es iſt in Weimar wirklich angekommen, und nur durch<lb/>
Zufall und Vernachläſſigung kam die Nachricht nicht<lb/>
an mich herüber. Nun ſoll es mich bei meiner Rück-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[110/0120]
doch ja auf die Spur zu kommen, fahre fort an mich
zu denken und mir etwas von deinem wunderlichen Le-
ben zu ſagen, deine Briefe werden wiederholt geleſen
mit vieler Freude, was Dir auch die Feder darauf er-
wiedern könnte, es wäre doch immer weit entfernt von
dem unmittelbaren Eindruck, dem man ſich ſo gern hin-
giebt, ſelbſt wenn es Täuſchung wär, denn wer vermag
bei wachenden Sinnen zu glauben an den Reichthum
deiner Liebe, den man als Traum aufzunehmen wohl
am beſten thut. — Was Du zum voraus über die
Wahlverwandtſchaften ſagſt, iſt prophetiſcher Blick, denn
leider geht die Sonne düſter genug dort unter. Suche
doch ja dem Albrecht Dürrer auf die Spur zu kommen.
Lebe recht wohl.
Jena, den 11. September 1809.
Goethe.
Heute bitt ich wieder einmal um Verzeihung, liebe
Bettine, wie ich es ſchon oft hätte thun ſollen. Ich
habe Dir wegen des Bildes vergebne Sorge gemacht,
es iſt in Weimar wirklich angekommen, und nur durch
Zufall und Vernachläſſigung kam die Nachricht nicht
an mich herüber. Nun ſoll es mich bei meiner Rück-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/120>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.