Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

däucht, es wird jederzeit auf's herzlichste aufgenommen,
dein offenherziges Plaudern ist mir eine ächte Unter-
haltung und deine vertraulichen Hingebungen überwie-
gen mir alles. Lebe wohl, bleibe mir nah, und fahre
fort mir wohl zu thun.


Goethe.

Das Reich Gottes stehet in der Kraft zu jeder Zeit
und an allen Orten, dies habe ich heute bemerkt bei
einer hohlen Eiche, die da stand in der Schaar wilder
hoher Waldpflanzen mächtig groß und ihre Jahrhun-
derte zählte ganz abgewendet vom Sonnenschein. Wolfs-
stein ist bei drei Stunden von hier, man muß über man-
chen Stiegelhupfer, kömmt allmählig aufwärts zwischen
Tannen und Fichten, die ihre breiten Äste im Sand
schleifen. Dort stand vor vielen hundert Jahren ein
Jagdschloß von Ludwig dem Schönen; Herzog in Bai-
ern dessen sonderliche Lust war, in Nebel und Abend-
dämmerung herum zu schweifen, da war er einsmals
abwärts gegangen, und hatte ihn die Dunkelheit heim-
lich noch an eine Mühle geführt, das Wasser hörte er

däucht, es wird jederzeit auf's herzlichſte aufgenommen,
dein offenherziges Plaudern iſt mir eine ächte Unter-
haltung und deine vertraulichen Hingebungen überwie-
gen mir alles. Lebe wohl, bleibe mir nah, und fahre
fort mir wohl zu thun.


Goethe.

Das Reich Gottes ſtehet in der Kraft zu jeder Zeit
und an allen Orten, dies habe ich heute bemerkt bei
einer hohlen Eiche, die da ſtand in der Schaar wilder
hoher Waldpflanzen mächtig groß und ihre Jahrhun-
derte zählte ganz abgewendet vom Sonnenſchein. Wolfs-
ſtein iſt bei drei Stunden von hier, man muß über man-
chen Stiegelhupfer, kömmt allmählig aufwärts zwiſchen
Tannen und Fichten, die ihre breiten Äſte im Sand
ſchleifen. Dort ſtand vor vielen hundert Jahren ein
Jagdſchloß von Ludwig dem Schönen; Herzog in Bai-
ern deſſen ſonderliche Luſt war, in Nebel und Abend-
dämmerung herum zu ſchweifen, da war er einsmals
abwärts gegangen, und hatte ihn die Dunkelheit heim-
lich noch an eine Mühle geführt, das Waſſer hörte er

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0128" n="118"/>
däucht, es wird jederzeit auf's herzlich&#x017F;te aufgenommen,<lb/>
dein offenherziges Plaudern i&#x017F;t mir eine ächte Unter-<lb/>
haltung und deine vertraulichen Hingebungen überwie-<lb/>
gen mir alles. Lebe wohl, bleibe mir nah, und fahre<lb/>
fort mir wohl zu thun.</p><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Jena, 7. Oktober.</hi> </dateline><lb/>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et">Goethe.</hi> </salute>
          </closer><lb/>
        </div>
        <div n="2">
          <dateline> <hi rendition="#et">Landshut, am 24. Oktober.</hi> </dateline><lb/>
          <p>Das Reich Gottes &#x017F;tehet in der Kraft zu jeder Zeit<lb/>
und an allen Orten, dies habe ich heute bemerkt bei<lb/>
einer hohlen Eiche, die da &#x017F;tand in der Schaar wilder<lb/>
hoher Waldpflanzen mächtig groß und ihre Jahrhun-<lb/>
derte zählte ganz abgewendet vom Sonnen&#x017F;chein. Wolfs-<lb/>
&#x017F;tein i&#x017F;t bei drei Stunden von hier, man muß über man-<lb/>
chen Stiegelhupfer, kömmt allmählig aufwärts zwi&#x017F;chen<lb/>
Tannen und Fichten, die ihre breiten Ä&#x017F;te im Sand<lb/>
&#x017F;chleifen. Dort &#x017F;tand vor vielen hundert Jahren ein<lb/>
Jagd&#x017F;chloß von Ludwig dem Schönen; Herzog in Bai-<lb/>
ern de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;onderliche Lu&#x017F;t war, in Nebel und Abend-<lb/>
dämmerung herum zu &#x017F;chweifen, da war er einsmals<lb/>
abwärts gegangen, und hatte ihn die Dunkelheit heim-<lb/>
lich noch an eine Mühle geführt, das Wa&#x017F;&#x017F;er hörte er<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0128] däucht, es wird jederzeit auf's herzlichſte aufgenommen, dein offenherziges Plaudern iſt mir eine ächte Unter- haltung und deine vertraulichen Hingebungen überwie- gen mir alles. Lebe wohl, bleibe mir nah, und fahre fort mir wohl zu thun. Jena, 7. Oktober. Goethe. Landshut, am 24. Oktober. Das Reich Gottes ſtehet in der Kraft zu jeder Zeit und an allen Orten, dies habe ich heute bemerkt bei einer hohlen Eiche, die da ſtand in der Schaar wilder hoher Waldpflanzen mächtig groß und ihre Jahrhun- derte zählte ganz abgewendet vom Sonnenſchein. Wolfs- ſtein iſt bei drei Stunden von hier, man muß über man- chen Stiegelhupfer, kömmt allmählig aufwärts zwiſchen Tannen und Fichten, die ihre breiten Äſte im Sand ſchleifen. Dort ſtand vor vielen hundert Jahren ein Jagdſchloß von Ludwig dem Schönen; Herzog in Bai- ern deſſen ſonderliche Luſt war, in Nebel und Abend- dämmerung herum zu ſchweifen, da war er einsmals abwärts gegangen, und hatte ihn die Dunkelheit heim- lich noch an eine Mühle geführt, das Waſſer hörte er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/128
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/128>, abgerufen am 24.11.2024.