Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Stadt wohnte, oder darauf reiste. In Paris hatte man
schon etwas ähnliches. Veranlasse ihn doch, noch je-
mand vorzunehmen, den ich kenne, und schreibe seinen
Namen, vielleicht gelingt ihm nicht alles wie das inte-
ressante Bettinchen, fürwahr sie sitzt so treulich und herz-
lich da, daß man dem etwas korpulenten Buche, das
übrigens im Bilde recht gut komponirt, seine Stelle be-
neiden muß. Das zerknillte Blättchen habe ich sogleich
aufgezogen, mit einem braunen Rahmen umstrichen,
und so steht es vor mir indem ich dies schreibe, sende
ja bald bessere Abdrücke.

Albrecht Dürrer wäre ganz glücklich angekommen,
wenn man nicht die unselige Vorsicht gehabt hätte, fei-
nes Papier oben auf zu packen, das denn im Kleide an
einigen Stellen gerieben hat, die jetzt restaurirt werden.
Die Kopie verdient alle Achtung, sie ist mit großem
Fleiß und mit einer ernsten, redlichen Absicht verfertigt,
das Original möglichst wieder zu geben. Sage dem
Künstler meinen Dank, Dir sag ich ihn täglich, wenn
ich das Bild erblicke; ich möchte von diesem Pinsel wohl
einmal ein Portrait nach der Natur sehen.

Da ich das Wort Natur abermals niederschreibe,
so fühle ich mich gedrungen Dir zu sagen: daß Du
doch dein Naturevangelium, das Du den Künstlern pre-

Stadt wohnte, oder darauf reiſte. In Paris hatte man
ſchon etwas ähnliches. Veranlaſſe ihn doch, noch je-
mand vorzunehmen, den ich kenne, und ſchreibe ſeinen
Namen, vielleicht gelingt ihm nicht alles wie das inte-
reſſante Bettinchen, fürwahr ſie ſitzt ſo treulich und herz-
lich da, daß man dem etwas korpulenten Buche, das
übrigens im Bilde recht gut komponirt, ſeine Stelle be-
neiden muß. Das zerknillte Blättchen habe ich ſogleich
aufgezogen, mit einem braunen Rahmen umſtrichen,
und ſo ſteht es vor mir indem ich dies ſchreibe, ſende
ja bald beſſere Abdrücke.

Albrecht Dürrer wäre ganz glücklich angekommen,
wenn man nicht die unſelige Vorſicht gehabt hätte, fei-
nes Papier oben auf zu packen, das denn im Kleide an
einigen Stellen gerieben hat, die jetzt reſtaurirt werden.
Die Kopie verdient alle Achtung, ſie iſt mit großem
Fleiß und mit einer ernſten, redlichen Abſicht verfertigt,
das Original möglichſt wieder zu geben. Sage dem
Künſtler meinen Dank, Dir ſag ich ihn täglich, wenn
ich das Bild erblicke; ich möchte von dieſem Pinſel wohl
einmal ein Portrait nach der Natur ſehen.

Da ich das Wort Natur abermals niederſchreibe,
ſo fühle ich mich gedrungen Dir zu ſagen: daß Du
doch dein Naturevangelium, das Du den Künſtlern pre-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0142" n="132"/>
Stadt wohnte, oder darauf rei&#x017F;te. In Paris hatte man<lb/>
&#x017F;chon etwas ähnliches. Veranla&#x017F;&#x017F;e ihn doch, noch je-<lb/>
mand vorzunehmen, den ich kenne, und &#x017F;chreibe &#x017F;einen<lb/>
Namen, vielleicht gelingt ihm nicht alles wie das inte-<lb/>
re&#x017F;&#x017F;ante Bettinchen, fürwahr &#x017F;ie &#x017F;itzt &#x017F;o treulich und herz-<lb/>
lich da, daß man dem etwas korpulenten Buche, das<lb/>
übrigens im Bilde recht gut komponirt, &#x017F;eine Stelle be-<lb/>
neiden muß. Das zerknillte Blättchen habe ich &#x017F;ogleich<lb/>
aufgezogen, mit einem braunen Rahmen um&#x017F;trichen,<lb/>
und &#x017F;o &#x017F;teht es vor mir indem ich dies &#x017F;chreibe, &#x017F;ende<lb/>
ja bald be&#x017F;&#x017F;ere Abdrücke.</p><lb/>
          <p>Albrecht Dürrer wäre ganz glücklich angekommen,<lb/>
wenn man nicht die un&#x017F;elige Vor&#x017F;icht gehabt hätte, fei-<lb/>
nes Papier oben auf zu packen, das denn im Kleide an<lb/>
einigen Stellen gerieben hat, die jetzt re&#x017F;taurirt werden.<lb/>
Die Kopie verdient alle Achtung, &#x017F;ie i&#x017F;t mit großem<lb/>
Fleiß und mit einer ern&#x017F;ten, redlichen Ab&#x017F;icht verfertigt,<lb/>
das Original möglich&#x017F;t wieder zu geben. Sage dem<lb/>
Kün&#x017F;tler meinen Dank, Dir &#x017F;ag ich ihn täglich, wenn<lb/>
ich das Bild erblicke; ich möchte von die&#x017F;em Pin&#x017F;el wohl<lb/>
einmal ein Portrait nach der Natur &#x017F;ehen.</p><lb/>
          <p>Da ich das Wort Natur abermals nieder&#x017F;chreibe,<lb/>
&#x017F;o fühle ich mich gedrungen Dir zu &#x017F;agen: daß Du<lb/>
doch dein Naturevangelium, das Du den Kün&#x017F;tlern pre-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[132/0142] Stadt wohnte, oder darauf reiſte. In Paris hatte man ſchon etwas ähnliches. Veranlaſſe ihn doch, noch je- mand vorzunehmen, den ich kenne, und ſchreibe ſeinen Namen, vielleicht gelingt ihm nicht alles wie das inte- reſſante Bettinchen, fürwahr ſie ſitzt ſo treulich und herz- lich da, daß man dem etwas korpulenten Buche, das übrigens im Bilde recht gut komponirt, ſeine Stelle be- neiden muß. Das zerknillte Blättchen habe ich ſogleich aufgezogen, mit einem braunen Rahmen umſtrichen, und ſo ſteht es vor mir indem ich dies ſchreibe, ſende ja bald beſſere Abdrücke. Albrecht Dürrer wäre ganz glücklich angekommen, wenn man nicht die unſelige Vorſicht gehabt hätte, fei- nes Papier oben auf zu packen, das denn im Kleide an einigen Stellen gerieben hat, die jetzt reſtaurirt werden. Die Kopie verdient alle Achtung, ſie iſt mit großem Fleiß und mit einer ernſten, redlichen Abſicht verfertigt, das Original möglichſt wieder zu geben. Sage dem Künſtler meinen Dank, Dir ſag ich ihn täglich, wenn ich das Bild erblicke; ich möchte von dieſem Pinſel wohl einmal ein Portrait nach der Natur ſehen. Da ich das Wort Natur abermals niederſchreibe, ſo fühle ich mich gedrungen Dir zu ſagen: daß Du doch dein Naturevangelium, das Du den Künſtlern pre-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/142
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/142>, abgerufen am 21.11.2024.