zeigt, daß Du Herz und Nieren genau prüfst, so wer- den Dir Fischherzen auch interessant sein, und vielleicht entdeckst Du, daß deine Charlotte das Herz eines Weis- fisches hat; mit nächstem wo ich noch manches andre übersende werd ich's mit schicken. Die Zeichnung achte nicht gering, lernst Du den Mann einmal kennen, so wirst Du sehen daß er seinem Spiegel Ehre macht.
Um wieder auf etwas bitteres zu kommen, die Me- line mit den schönen Augenwimpern von der Du sag- test sie gleiche einer Rose die der Thau eben aus tiefen Schlaf geweckt, die heirathet einen Mann von dem die allgemeine Sage geht er sei ein ganz vortrefflicher Mensch. O wie ist das traurig, Sklave der Vortrefflichkeit sein, da bringt man es nicht weiter wie Charlotte es gebracht hat, man ketzert sich und andre mit der Tugend ab. Verzeih nur daß ich immer wieder von deinem Buch anfange ich sollte lieber schweigen, da ich nicht Geist ge- nug habe es ganz zu fassen.
Seltsam ist es, daß während die Wirklichkeit mich so gewaltig aufregt, schlägt mich die Dichtung so ge- waltig nieder. Die schwarzen Augen die groß sind und etwas weit offen, aber ganz erfüllt voll Freundlichkeit wenn sie mich ansehen, der Mund von dessen Lippen Lieder fließen, die ich schließen kann mit einem Siegel,
zeigt, daß Du Herz und Nieren genau prüfſt, ſo wer- den Dir Fiſchherzen auch intereſſant ſein, und vielleicht entdeckſt Du, daß deine Charlotte das Herz eines Weis- fiſches hat; mit nächſtem wo ich noch manches andre überſende werd ich's mit ſchicken. Die Zeichnung achte nicht gering, lernſt Du den Mann einmal kennen, ſo wirſt Du ſehen daß er ſeinem Spiegel Ehre macht.
Um wieder auf etwas bitteres zu kommen, die Me- line mit den ſchönen Augenwimpern von der Du ſag- teſt ſie gleiche einer Roſe die der Thau eben aus tiefen Schlaf geweckt, die heirathet einen Mann von dem die allgemeine Sage geht er ſei ein ganz vortrefflicher Menſch. O wie iſt das traurig, Sklave der Vortrefflichkeit ſein, da bringt man es nicht weiter wie Charlotte es gebracht hat, man ketzert ſich und andre mit der Tugend ab. Verzeih nur daß ich immer wieder von deinem Buch anfange ich ſollte lieber ſchweigen, da ich nicht Geiſt ge- nug habe es ganz zu faſſen.
Seltſam iſt es, daß während die Wirklichkeit mich ſo gewaltig aufregt, ſchlägt mich die Dichtung ſo ge- waltig nieder. Die ſchwarzen Augen die groß ſind und etwas weit offen, aber ganz erfüllt voll Freundlichkeit wenn ſie mich anſehen, der Mund von deſſen Lippen Lieder fließen, die ich ſchließen kann mit einem Siegel,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0161"n="151"/>
zeigt, daß Du Herz und Nieren genau prüfſt, ſo wer-<lb/>
den Dir Fiſchherzen auch intereſſant ſein, und vielleicht<lb/>
entdeckſt Du, daß deine Charlotte das Herz eines Weis-<lb/>
fiſches hat; mit nächſtem wo ich noch manches andre<lb/>
überſende werd ich's mit ſchicken. Die Zeichnung achte<lb/>
nicht gering, lernſt Du den Mann einmal kennen, ſo<lb/>
wirſt Du ſehen daß er ſeinem Spiegel Ehre macht.</p><lb/><p>Um wieder auf etwas bitteres zu kommen, die Me-<lb/>
line mit den ſchönen Augenwimpern von der Du ſag-<lb/>
teſt ſie gleiche einer Roſe die der Thau eben aus tiefen<lb/>
Schlaf geweckt, die heirathet einen Mann von dem die<lb/>
allgemeine Sage geht er ſei ein ganz vortrefflicher Menſch.<lb/>
O wie iſt das traurig, Sklave der Vortrefflichkeit ſein,<lb/>
da bringt man es nicht weiter wie Charlotte es gebracht<lb/>
hat, man ketzert ſich und andre mit der Tugend ab.<lb/>
Verzeih nur daß ich immer wieder von deinem Buch<lb/>
anfange ich ſollte lieber ſchweigen, da ich nicht Geiſt ge-<lb/>
nug habe es ganz zu faſſen.</p><lb/><p>Seltſam iſt es, daß während die Wirklichkeit mich<lb/>ſo gewaltig aufregt, ſchlägt mich die Dichtung ſo ge-<lb/>
waltig nieder. Die ſchwarzen Augen die groß ſind und<lb/>
etwas weit offen, aber ganz erfüllt voll Freundlichkeit<lb/>
wenn ſie mich anſehen, der Mund von deſſen Lippen<lb/>
Lieder fließen, die ich ſchließen kann mit einem Siegel,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[151/0161]
zeigt, daß Du Herz und Nieren genau prüfſt, ſo wer-
den Dir Fiſchherzen auch intereſſant ſein, und vielleicht
entdeckſt Du, daß deine Charlotte das Herz eines Weis-
fiſches hat; mit nächſtem wo ich noch manches andre
überſende werd ich's mit ſchicken. Die Zeichnung achte
nicht gering, lernſt Du den Mann einmal kennen, ſo
wirſt Du ſehen daß er ſeinem Spiegel Ehre macht.
Um wieder auf etwas bitteres zu kommen, die Me-
line mit den ſchönen Augenwimpern von der Du ſag-
teſt ſie gleiche einer Roſe die der Thau eben aus tiefen
Schlaf geweckt, die heirathet einen Mann von dem die
allgemeine Sage geht er ſei ein ganz vortrefflicher Menſch.
O wie iſt das traurig, Sklave der Vortrefflichkeit ſein,
da bringt man es nicht weiter wie Charlotte es gebracht
hat, man ketzert ſich und andre mit der Tugend ab.
Verzeih nur daß ich immer wieder von deinem Buch
anfange ich ſollte lieber ſchweigen, da ich nicht Geiſt ge-
nug habe es ganz zu faſſen.
Seltſam iſt es, daß während die Wirklichkeit mich
ſo gewaltig aufregt, ſchlägt mich die Dichtung ſo ge-
waltig nieder. Die ſchwarzen Augen die groß ſind und
etwas weit offen, aber ganz erfüllt voll Freundlichkeit
wenn ſie mich anſehen, der Mund von deſſen Lippen
Lieder fließen, die ich ſchließen kann mit einem Siegel,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/161>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.