Das ist ein liebes, feines Kind, listig wie ein Füchs- chen, mit einer Glücksbombe fährst Du mir in's Haus, in der Du deine Ansprüche und gerechte Klagen ver- steckst. Das schmettert einem denn auch so nieder, daß man gar nicht daran denkt sich zu rechtfertigen. -- Die Weste, innen von weichem Sammt, außen glatte Seide, ist nun mein Bußgewand, je behaglicher mir unter die- sem wohlgeeigneten Brustlatz wird, je bedrängter ist mein Gewissen, und wie ich gar nach zwei Tagen zu- fällig in die Westentasche fahre und da das Register meiner Sünden herausziehe, so bin ich denn auch gleich entschlossen, keine Entschuldigungen für mein langes Schweigen aufzusuchen. Dir selbst aber mache ich es zur Aufgabe, mein Schweigen bei deinen so überraschen- den Mittheilungen auf eine gefällige Weise auszulegen, die deiner nie versiegenden Liebe, deiner Treue für ge- genwärtiges und vergangenes auf verwandte Weise ent- spricht. Über die Wahlverwandtschaften nur dies: der Dichter war bei der Entwickelung dieser herben Geschicke tief bewegt, er hat sein Theil Schmerzen getragen, schmäle daher nicht mit ihm, daß er auch die Freunde zur Theilnahme auffordert. Da nun so manches trau-
Goethe an Bettine.
Das iſt ein liebes, feines Kind, liſtig wie ein Füchs- chen, mit einer Glücksbombe fährſt Du mir in's Haus, in der Du deine Anſprüche und gerechte Klagen ver- ſteckſt. Das ſchmettert einem denn auch ſo nieder, daß man gar nicht daran denkt ſich zu rechtfertigen. — Die Weſte, innen von weichem Sammt, außen glatte Seide, iſt nun mein Bußgewand, je behaglicher mir unter die- ſem wohlgeeigneten Bruſtlatz wird, je bedrängter iſt mein Gewiſſen, und wie ich gar nach zwei Tagen zu- fällig in die Weſtentaſche fahre und da das Regiſter meiner Sünden herausziehe, ſo bin ich denn auch gleich entſchloſſen, keine Entſchuldigungen für mein langes Schweigen aufzuſuchen. Dir ſelbſt aber mache ich es zur Aufgabe, mein Schweigen bei deinen ſo überraſchen- den Mittheilungen auf eine gefällige Weiſe auszulegen, die deiner nie verſiegenden Liebe, deiner Treue für ge- genwärtiges und vergangenes auf verwandte Weiſe ent- ſpricht. Über die Wahlverwandtſchaften nur dies: der Dichter war bei der Entwickelung dieſer herben Geſchicke tief bewegt, er hat ſein Theil Schmerzen getragen, ſchmäle daher nicht mit ihm, daß er auch die Freunde zur Theilnahme auffordert. Da nun ſo manches trau-
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Goethe an Bettine.
Das iſt ein liebes, feines Kind, liſtig wie ein Füchs-
chen, mit einer Glücksbombe fährſt Du mir in's Haus,
in der Du deine Anſprüche und gerechte Klagen ver-
ſteckſt. Das ſchmettert einem denn auch ſo nieder, daß
man gar nicht daran denkt ſich zu rechtfertigen. — Die
Weſte, innen von weichem Sammt, außen glatte Seide,
iſt nun mein Bußgewand, je behaglicher mir unter die-
ſem wohlgeeigneten Bruſtlatz wird, je bedrängter iſt
mein Gewiſſen, und wie ich gar nach zwei Tagen zu-
fällig in die Weſtentaſche fahre und da das Regiſter
meiner Sünden herausziehe, ſo bin ich denn auch gleich
entſchloſſen, keine Entſchuldigungen für mein langes
Schweigen aufzuſuchen. Dir ſelbſt aber mache ich es
zur Aufgabe, mein Schweigen bei deinen ſo überraſchen-
den Mittheilungen auf eine gefällige Weiſe auszulegen,
die deiner nie verſiegenden Liebe, deiner Treue für ge-
genwärtiges und vergangenes auf verwandte Weiſe ent-
ſpricht. Über die Wahlverwandtſchaften nur dies: der
Dichter war bei der Entwickelung dieſer herben Geſchicke
tief bewegt, er hat ſein Theil Schmerzen getragen,
ſchmäle daher nicht mit ihm, daß er auch die Freunde
zur Theilnahme auffordert. Da nun ſo manches trau-
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/165>, abgerufen am 21.11.2024.
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