zenlicht als vom Tag erleuchtet, die Altäre von Silber, an den Wänden hängen silberne Glieder und Gebeine, und viele silberne Herzen mit goldnen Flammen oder feurigen Wunden, -- wie sonderbar, Goethe! der Mensch! er bringt seine Schmerzen als Opfer der Gottheit, und da mögen diese Schmerzen entstanden sein woher sie wollen, in Gott wird alles göttlich; -- Max von Baiern knieet in Lebensgröße auch von Silber auf den schwar- zen Stufen des Altars, vor dem kohlrabenschwarzen Muttergottesbild, das ganz in Diamanten gekleidet ist, zwei Männerstimmen, von der dumpfen Orgel begleitet, singen ihr Hymnen, das stille Messelesen, die Menschen, die mit Thränen die Stufen des Altars küssen, viele tausend Seufzer aus allen Ecken, das macht den wun- derlichsten Eindruck. Wo alle beten, sollt ich auch be- ten, dachte ich, aber nimmermehr, das Herz war in be- ständigem Klopfen; ich hatte vor der Thür einem Bet- telmann einen Veilchenkranz abgekauft, da stand ein kleines Kind vor dem Altar mit blonden Locken, es sah mich so freundlich an und langte nach dem Kranz, den gab ich ihm, da warf es ihn auf den Altar, denn es war zu klein um hinauf zu reichen, der Kranz fiel grade zu den Füßen der Mutter Gottes, es war ein glücklicher Wurf, der machte mein Herz leicht. Der Strom der
zenlicht als vom Tag erleuchtet, die Altäre von Silber, an den Wänden hängen ſilberne Glieder und Gebeine, und viele ſilberne Herzen mit goldnen Flammen oder feurigen Wunden, — wie ſonderbar, Goethe! der Menſch! er bringt ſeine Schmerzen als Opfer der Gottheit, und da mögen dieſe Schmerzen entſtanden ſein woher ſie wollen, in Gott wird alles göttlich; — Max von Baiern knieet in Lebensgröße auch von Silber auf den ſchwar- zen Stufen des Altars, vor dem kohlrabenſchwarzen Muttergottesbild, das ganz in Diamanten gekleidet iſt, zwei Männerſtimmen, von der dumpfen Orgel begleitet, ſingen ihr Hymnen, das ſtille Meſſeleſen, die Menſchen, die mit Thränen die Stufen des Altars küſſen, viele tauſend Seufzer aus allen Ecken, das macht den wun- derlichſten Eindruck. Wo alle beten, ſollt ich auch be- ten, dachte ich, aber nimmermehr, das Herz war in be- ſtändigem Klopfen; ich hatte vor der Thür einem Bet- telmann einen Veilchenkranz abgekauft, da ſtand ein kleines Kind vor dem Altar mit blonden Locken, es ſah mich ſo freundlich an und langte nach dem Kranz, den gab ich ihm, da warf es ihn auf den Altar, denn es war zu klein um hinauf zu reichen, der Kranz fiel grade zu den Füßen der Mutter Gottes, es war ein glücklicher Wurf, der machte mein Herz leicht. Der Strom der
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zenlicht als vom Tag erleuchtet, die Altäre von Silber,
an den Wänden hängen ſilberne Glieder und Gebeine,
und viele ſilberne Herzen mit goldnen Flammen oder
feurigen Wunden, — wie ſonderbar, Goethe! der Menſch!
er bringt ſeine Schmerzen als Opfer der Gottheit, und
da mögen dieſe Schmerzen entſtanden ſein woher ſie
wollen, in Gott wird alles göttlich; — Max von Baiern
knieet in Lebensgröße auch von Silber auf den ſchwar-
zen Stufen des Altars, vor dem kohlrabenſchwarzen
Muttergottesbild, das ganz in Diamanten gekleidet iſt,
zwei Männerſtimmen, von der dumpfen Orgel begleitet,
ſingen ihr Hymnen, das ſtille Meſſeleſen, die Menſchen,
die mit Thränen die Stufen des Altars küſſen, viele
tauſend Seufzer aus allen Ecken, das macht den wun-
derlichſten Eindruck. Wo alle beten, ſollt ich auch be-
ten, dachte ich, aber nimmermehr, das Herz war in be-
ſtändigem Klopfen; ich hatte vor der Thür einem Bet-
telmann einen Veilchenkranz abgekauft, da ſtand ein
kleines Kind vor dem Altar mit blonden Locken, es ſah
mich ſo freundlich an und langte nach dem Kranz, den
gab ich ihm, da warf es ihn auf den Altar, denn es
war zu klein um hinauf zu reichen, der Kranz fiel grade
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/194>, abgerufen am 21.11.2024.
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