und jenseits aufsteigen, bin ich in liebender Ahndung Dir schon vorangeeilt, und während Freunde, Kinder und Schützlinge, und das Volk daß Dich seinen Dich- ter nennt, die Seele zum Abschied bereitend, Dir in fei- erlichem Zug langsam nachschreitet: Schreite, fliege, jauchze ich bewillkommend Dir entgegen die Seele in den Duft der Wolken tauchend, die deine Füße tragen aufgelöst in die Atmosphäre deiner Beseeligung; ob wir uns in diesem Augenblick verstehen, mein Freund! der noch den irdischen Leib trägt, dieser Leib der seinen Geist ein Urquell der Grazie ausströmte über mich, mich hei- ligte, verwandelte, der mich anbeten lehrte die Schön- heit im Gefühl, der diese Schönheit als einen schützen- den Mantel über mich ausbreitete, und mein Leben un- ter dieser Verhüllung in einen heiligen Geheimnißzustand erhob, ob wir uns verstehen will ich nicht fragen in diesem Augenblick tiefster Rührung. Sei bewegt, wie ich es bin; laß mich erst ausweinen deine Füße in mei- nen Schoos verbergend, dann ziehe mich herauf an's Herz, gieb deinem Arm noch einmal die Freiheit mich zu umfassen, lege die seegnende Hand auf das Haupt das sich Dir geweihet hat, überströme mich mit deinem Blick, nein! mehr! verdunkle, verberge deinen Blick in meinem, und es wird mir nicht fehlen, daß deine Lip-
und jenſeits aufſteigen, bin ich in liebender Ahndung Dir ſchon vorangeeilt, und während Freunde, Kinder und Schützlinge, und das Volk daß Dich ſeinen Dich- ter nennt, die Seele zum Abſchied bereitend, Dir in fei- erlichem Zug langſam nachſchreitet: Schreite, fliege, jauchze ich bewillkommend Dir entgegen die Seele in den Duft der Wolken tauchend, die deine Füße tragen aufgelöſt in die Atmoſphäre deiner Beſeeligung; ob wir uns in dieſem Augenblick verſtehen, mein Freund! der noch den irdiſchen Leib trägt, dieſer Leib der ſeinen Geiſt ein Urquell der Grazie ausſtrömte über mich, mich hei- ligte, verwandelte, der mich anbeten lehrte die Schön- heit im Gefühl, der dieſe Schönheit als einen ſchützen- den Mantel über mich ausbreitete, und mein Leben un- ter dieſer Verhüllung in einen heiligen Geheimnißzuſtand erhob, ob wir uns verſtehen will ich nicht fragen in dieſem Augenblick tiefſter Rührung. Sei bewegt, wie ich es bin; laß mich erſt ausweinen deine Füße in mei- nen Schoos verbergend, dann ziehe mich herauf an's Herz, gieb deinem Arm noch einmal die Freiheit mich zu umfaſſen, lege die ſeegnende Hand auf das Haupt das ſich Dir geweihet hat, überſtröme mich mit deinem Blick, nein! mehr! verdunkle, verberge deinen Blick in meinem, und es wird mir nicht fehlen, daß deine Lip-
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und jenſeits aufſteigen, bin ich in liebender Ahndung
Dir ſchon vorangeeilt, und während Freunde, Kinder
und Schützlinge, und das Volk daß Dich ſeinen Dich-
ter nennt, die Seele zum Abſchied bereitend, Dir in fei-
erlichem Zug langſam nachſchreitet: Schreite, fliege,
jauchze ich bewillkommend Dir entgegen die Seele in
den Duft der Wolken tauchend, die deine Füße tragen
aufgelöſt in die Atmoſphäre deiner Beſeeligung; ob wir
uns in dieſem Augenblick verſtehen, mein Freund! der
noch den irdiſchen Leib trägt, dieſer Leib der ſeinen Geiſt
ein Urquell der Grazie ausſtrömte über mich, mich hei-
ligte, verwandelte, der mich anbeten lehrte die Schön-
heit im Gefühl, der dieſe Schönheit als einen ſchützen-
den Mantel über mich ausbreitete, und mein Leben un-
ter dieſer Verhüllung in einen heiligen Geheimnißzuſtand
erhob, ob wir uns verſtehen will ich nicht fragen in
dieſem Augenblick tiefſter Rührung. Sei bewegt, wie
ich es bin; laß mich erſt ausweinen deine Füße in mei-
nen Schoos verbergend, dann ziehe mich herauf an's
Herz, gieb deinem Arm noch einmal die Freiheit mich
zu umfaſſen, lege die ſeegnende Hand auf das Haupt
das ſich Dir geweihet hat, überſtröme mich mit deinem
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/328>, abgerufen am 24.11.2024.
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