an Heimath und die Geliebte zeigte mir der alte getreue Pantalon, er will's unter keiner Bedingung abschrei- ben. Eine junge Muse der Schauspielkunst besitzt deren mehrere, der alte Bob hat ihr auf meine Bitte drum angelegen, sie suchte danach unter den Theaterlumpen und fand sie nicht, sonst hätten sie zu Diensten gestan- den meinte sie, der Kronprinz würde ihr andere machen.
Gold und Perlen hab ich nicht, der einzige Schatz nach dem ich gewiß allein greifen würde bei einer Feu- ersbrunst sind deine Briefe, deine schönen Lieder die Du mit eigner Hand geschrieben, sie sind verwahrt in der rothen Sammettasche, die liegt Nachts unter meinem Kopfkissen, darin ist auch noch der Veilchenstrauß, den Du mir in der Gesellschaft bei Wieland so verborgen zustecktest, wo dein Blick wie ein Sperber über allen Blicken kreiste, daß keiner wagte aufzusehen. -- Die junge Muse giebt es auf, die Opfer, die der Kronprinz ihr in Dichterperlen geweiht zu Füßen legte, unter dem Wust von falschem Schmuck und Flitterstaat wieder zu finden, und doch waren sie im Zauberhauch der Mond- nächte bei dem Lied der Nachtigall erfunden, Sylb um Sylbe; Klang um Klang aufgereiht. Wer Sylb um Sylbe die nicht liebt, nicht diesen Schlingen sich ge-
II. 4
an Heimath und die Geliebte zeigte mir der alte getreue Pantalon, er will's unter keiner Bedingung abſchrei- ben. Eine junge Muſe der Schauſpielkunſt beſitzt deren mehrere, der alte Bob hat ihr auf meine Bitte drum angelegen, ſie ſuchte danach unter den Theaterlumpen und fand ſie nicht, ſonſt hätten ſie zu Dienſten geſtan- den meinte ſie, der Kronprinz würde ihr andere machen.
Gold und Perlen hab ich nicht, der einzige Schatz nach dem ich gewiß allein greifen würde bei einer Feu- ersbrunſt ſind deine Briefe, deine ſchönen Lieder die Du mit eigner Hand geſchrieben, ſie ſind verwahrt in der rothen Sammettaſche, die liegt Nachts unter meinem Kopfkiſſen, darin iſt auch noch der Veilchenſtrauß, den Du mir in der Geſellſchaft bei Wieland ſo verborgen zuſteckteſt, wo dein Blick wie ein Sperber über allen Blicken kreiſte, daß keiner wagte aufzuſehen. — Die junge Muſe giebt es auf, die Opfer, die der Kronprinz ihr in Dichterperlen geweiht zu Füßen legte, unter dem Wuſt von falſchem Schmuck und Flitterſtaat wieder zu finden, und doch waren ſie im Zauberhauch der Mond- nächte bei dem Lied der Nachtigall erfunden, Sylb um Sylbe; Klang um Klang aufgereiht. Wer Sylb um Sylbe die nicht liebt, nicht dieſen Schlingen ſich ge-
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an Heimath und die Geliebte zeigte mir der alte getreue
Pantalon, er will's unter keiner Bedingung abſchrei-
ben. Eine junge Muſe der Schauſpielkunſt beſitzt deren
mehrere, der alte Bob hat ihr auf meine Bitte drum
angelegen, ſie ſuchte danach unter den Theaterlumpen
und fand ſie nicht, ſonſt hätten ſie zu Dienſten geſtan-
den meinte ſie, der Kronprinz würde ihr andere machen.
Gold und Perlen hab ich nicht, der einzige Schatz
nach dem ich gewiß allein greifen würde bei einer Feu-
ersbrunſt ſind deine Briefe, deine ſchönen Lieder die Du
mit eigner Hand geſchrieben, ſie ſind verwahrt in der
rothen Sammettaſche, die liegt Nachts unter meinem
Kopfkiſſen, darin iſt auch noch der Veilchenſtrauß, den
Du mir in der Geſellſchaft bei Wieland ſo verborgen
zuſteckteſt, wo dein Blick wie ein Sperber über allen
Blicken kreiſte, daß keiner wagte aufzuſehen. — Die
junge Muſe giebt es auf, die Opfer, die der Kronprinz
ihr in Dichterperlen geweiht zu Füßen legte, unter dem
Wuſt von falſchem Schmuck und Flitterſtaat wieder zu
finden, und doch waren ſie im Zauberhauch der Mond-
nächte bei dem Lied der Nachtigall erfunden, Sylb um
Sylbe; Klang um Klang aufgereiht. Wer Sylb um
Sylbe die nicht liebt, nicht dieſen Schlingen ſich ge-
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Arnim, Bettina von: Goethe's Briefwechsel mit einem Kinde. Bd. 2. Berlin, 1835, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe02_1835/83>, abgerufen am 24.11.2024.
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