ten, ich sagte zu mir selbst: Nein! er ist nicht unschön, er ist ganz edel, er ist nicht übermüthig gegen mich. Trotzig ist er nur gegen die Welt, die da draußen lärmt, aber mir, die freundlich von ihm denkt ist er gewogen und zugleich fühlte ich als ob Du mir gut seist und ich dachte mich von Deinem Arm umfaßt, und getrennt durch Dich von der ganzen Welt, und im Herzen spürte ich Dir nach, und führte freundliche Gespräche in Ge- danken mit Dir, da kam nachher meine Eifersucht wenn man von Dir sprach oder Deinen Namen sagte, es war als habe man Dich aus meiner Brust gerufen. Vergesse nicht Goethe, wie ich Dich lieben lernte, daß ich nichts von Dir wußte als daß man Dich in meiner Gegen- wart böslich erwähnt hatte; die Tante sprach von Dei- ner Freigeisterei und daß Du nicht an den Teufel glaubst ich glaubte auf der Stelle auch nicht an den Teufel, und war ganz Dein und liebte Dich, ohne zu wissen, daß Du der Dichter seist von dem die Welt so Großes spreche und erwarte, das kam alles später; damals wußt' ich nur, daß die Leute Dich tadelten und mein Herz sagte: Nein, er ist größer und schöner als Alle, und da liebte ich Dich mit heißer Liebe bis auf heut und trotzte der ganzen Welt bis auf heut und wer über Dich sprach von dem wendete ich mich ab, ich konnte
ten, ich ſagte zu mir ſelbſt: Nein! er iſt nicht unſchön, er iſt ganz edel, er iſt nicht übermüthig gegen mich. Trotzig iſt er nur gegen die Welt, die da draußen lärmt, aber mir, die freundlich von ihm denkt iſt er gewogen und zugleich fühlte ich als ob Du mir gut ſeiſt und ich dachte mich von Deinem Arm umfaßt, und getrennt durch Dich von der ganzen Welt, und im Herzen ſpürte ich Dir nach, und führte freundliche Geſpräche in Ge- danken mit Dir, da kam nachher meine Eiferſucht wenn man von Dir ſprach oder Deinen Namen ſagte, es war als habe man Dich aus meiner Bruſt gerufen. Vergeſſe nicht Goethe, wie ich Dich lieben lernte, daß ich nichts von Dir wußte als daß man Dich in meiner Gegen- wart böslich erwähnt hatte; die Tante ſprach von Dei- ner Freigeiſterei und daß Du nicht an den Teufel glaubſt ich glaubte auf der Stelle auch nicht an den Teufel, und war ganz Dein und liebte Dich, ohne zu wiſſen, daß Du der Dichter ſeiſt von dem die Welt ſo Großes ſpreche und erwarte, das kam alles ſpäter; damals wußt' ich nur, daß die Leute Dich tadelten und mein Herz ſagte: Nein, er iſt größer und ſchöner als Alle, und da liebte ich Dich mit heißer Liebe bis auf heut und trotzte der ganzen Welt bis auf heut und wer über Dich ſprach von dem wendete ich mich ab, ich konnte
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0165"n="155"/>
ten, ich ſagte zu mir ſelbſt: Nein! er iſt nicht unſchön,<lb/>
er iſt ganz edel, er iſt nicht übermüthig gegen mich.<lb/>
Trotzig iſt er nur gegen die Welt, die da draußen lärmt,<lb/>
aber mir, die freundlich von ihm denkt iſt er gewogen<lb/>
und zugleich fühlte ich als ob Du mir gut ſeiſt und ich<lb/>
dachte mich von Deinem Arm umfaßt, und getrennt<lb/>
durch Dich von der ganzen Welt, und im Herzen ſpürte<lb/>
ich Dir nach, und führte freundliche Geſpräche in Ge-<lb/>
danken mit Dir, da kam nachher meine Eiferſucht wenn<lb/>
man von Dir ſprach oder Deinen Namen ſagte, es war<lb/>
als habe man Dich aus meiner Bruſt gerufen. Vergeſſe<lb/>
nicht Goethe, wie ich Dich lieben lernte, daß ich nichts<lb/>
von Dir wußte als daß man Dich in meiner Gegen-<lb/>
wart böslich erwähnt hatte; die Tante ſprach von Dei-<lb/>
ner Freigeiſterei und daß Du nicht an den Teufel glaubſt<lb/>
ich glaubte auf der Stelle auch nicht an den Teufel,<lb/>
und war ganz Dein und liebte Dich, ohne zu wiſſen,<lb/>
daß Du der Dichter ſeiſt von dem die Welt ſo Großes<lb/>ſpreche und erwarte, das kam alles ſpäter; damals<lb/>
wußt' ich nur, daß die Leute Dich tadelten und mein<lb/>
Herz ſagte: Nein, er iſt größer und ſchöner als Alle,<lb/>
und da liebte ich Dich mit heißer Liebe bis auf heut<lb/>
und trotzte der ganzen Welt bis auf heut und wer über<lb/>
Dich ſprach von dem wendete ich mich ab, ich konnte<lb/></p></div></body></text></TEI>
[155/0165]
ten, ich ſagte zu mir ſelbſt: Nein! er iſt nicht unſchön,
er iſt ganz edel, er iſt nicht übermüthig gegen mich.
Trotzig iſt er nur gegen die Welt, die da draußen lärmt,
aber mir, die freundlich von ihm denkt iſt er gewogen
und zugleich fühlte ich als ob Du mir gut ſeiſt und ich
dachte mich von Deinem Arm umfaßt, und getrennt
durch Dich von der ganzen Welt, und im Herzen ſpürte
ich Dir nach, und führte freundliche Geſpräche in Ge-
danken mit Dir, da kam nachher meine Eiferſucht wenn
man von Dir ſprach oder Deinen Namen ſagte, es war
als habe man Dich aus meiner Bruſt gerufen. Vergeſſe
nicht Goethe, wie ich Dich lieben lernte, daß ich nichts
von Dir wußte als daß man Dich in meiner Gegen-
wart böslich erwähnt hatte; die Tante ſprach von Dei-
ner Freigeiſterei und daß Du nicht an den Teufel glaubſt
ich glaubte auf der Stelle auch nicht an den Teufel,
und war ganz Dein und liebte Dich, ohne zu wiſſen,
daß Du der Dichter ſeiſt von dem die Welt ſo Großes
ſpreche und erwarte, das kam alles ſpäter; damals
wußt' ich nur, daß die Leute Dich tadelten und mein
Herz ſagte: Nein, er iſt größer und ſchöner als Alle,
und da liebte ich Dich mit heißer Liebe bis auf heut
und trotzte der ganzen Welt bis auf heut und wer über
Dich ſprach von dem wendete ich mich ab, ich konnte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/165>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.