[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.Die Kunst ist auch Magie, sie beschwört auch den Genie ist der vorgreifende, wollustahnende, durstende Die Kunſt iſt auch Magie, ſie beſchwört auch den Genie iſt der vorgreifende, wolluſtahnende, durſtende <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0206" n="196"/> <p>Die Kunſt iſt auch Magie, ſie beſchwört auch den<lb/> Geiſt in eine erhöhte ſichtbare Erſcheinung, und der Geiſt<lb/> geht auch über die Schmerzensbrücke bis innerhalb des<lb/> magiſchen Kreiſes.</p><lb/> <p>Genie iſt der vorgreifende, wolluſtahnende, durſtende<lb/> Inſtinkt, ſein Trieb überwindet das ſchmerzliche Zagen<lb/> und reizt den Geiſt zu ewig neuer Energie. — Je lei-<lb/> denſchaftlicher der Genius im Menſchen, jemehr wird<lb/> ihm Seeligkeit Bedürfniß, je gewaltiger überwindet er,<lb/> je gewiſſer iſt er ſeiner Befriedigung; — dies bejaheſt<lb/> Du mir. — Ich ſtehe in meiner Liebe zu Dir zwiſchen<lb/> dieſem Schmerz und dieſer genialiſchen Begierde, die<lb/> Trägheit meines Geiſtes zu überwinden und Beſeeligung<lb/> zu empfinden. Manchmal fühlt ſich der Geiſt ganz<lb/> verlaſſen, und ein Nichts nimmt die Stelle dieſer enthu-<lb/> ſiaſtiſchen Begeiſtrung ein, und alles iſt verſchwunden.<lb/> Aber wie könnte ich mir dies gefallen laſſen. Nein, Du<lb/> mußt Dich <supplied>v</supplied>erzaubern laſſen. Wenn Gott mich aus dem<lb/> Nichts hervorberufen hat, wenn er mein Weſen gebildet<lb/> hat als reinen Anſpruch an die Seeligkeit, ſo erwerb<lb/> ich dieſe in der Magie der Liebe; und aus Bedürfniß,<lb/> aus göttlich eingeprägter Sehnſucht nach dem Schönen,<lb/> erhebt der Genius immer wieder die ermüdeten Flügel<lb/> und hält treu und feſt dies Herz zu Deiner Wohnung<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [196/0206]
Die Kunſt iſt auch Magie, ſie beſchwört auch den
Geiſt in eine erhöhte ſichtbare Erſcheinung, und der Geiſt
geht auch über die Schmerzensbrücke bis innerhalb des
magiſchen Kreiſes.
Genie iſt der vorgreifende, wolluſtahnende, durſtende
Inſtinkt, ſein Trieb überwindet das ſchmerzliche Zagen
und reizt den Geiſt zu ewig neuer Energie. — Je lei-
denſchaftlicher der Genius im Menſchen, jemehr wird
ihm Seeligkeit Bedürfniß, je gewaltiger überwindet er,
je gewiſſer iſt er ſeiner Befriedigung; — dies bejaheſt
Du mir. — Ich ſtehe in meiner Liebe zu Dir zwiſchen
dieſem Schmerz und dieſer genialiſchen Begierde, die
Trägheit meines Geiſtes zu überwinden und Beſeeligung
zu empfinden. Manchmal fühlt ſich der Geiſt ganz
verlaſſen, und ein Nichts nimmt die Stelle dieſer enthu-
ſiaſtiſchen Begeiſtrung ein, und alles iſt verſchwunden.
Aber wie könnte ich mir dies gefallen laſſen. Nein, Du
mußt Dich verzaubern laſſen. Wenn Gott mich aus dem
Nichts hervorberufen hat, wenn er mein Weſen gebildet
hat als reinen Anſpruch an die Seeligkeit, ſo erwerb
ich dieſe in der Magie der Liebe; und aus Bedürfniß,
aus göttlich eingeprägter Sehnſucht nach dem Schönen,
erhebt der Genius immer wieder die ermüdeten Flügel
und hält treu und feſt dies Herz zu Deiner Wohnung
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |