[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.Um Mitternacht. Gesang unter meinem Fenster; sie sitzen auf der Was ist dieser Gesang für mich? warum bin ich Ach schlafen! nicht mehr dem Gesang zuhören, da Es ist wenig, was ich Dir hier mittheile: eintöni- Um Mitternacht. Geſang unter meinem Fenſter; ſie ſitzen auf der Was iſt dieſer Geſang für mich? warum bin ich Ach ſchlafen! nicht mehr dem Geſang zuhören, da Es iſt wenig, was ich Dir hier mittheile: eintöni- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0036" n="26"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#et">Um Mitternacht.</hi> </dateline><lb/> <p>Geſang unter meinem Fenſter; ſie ſitzen auf der<lb/> Bank an der Hausthür; der Mond wie er mit den<lb/> Wolken ſpielt, hat ſie wohl zum Singen gebracht, oder<lb/> auch die Langeweile der Ruhe; die Stimmen verbreiten<lb/> ſich durch die Einſamkeit der Nacht, da hört man nichts<lb/> als nur das Plätſchern der Wellen am Ufer, die die<lb/> langen gehaltenen Intervalle dieſes Geſangs ausfüllen.</p><lb/> <p>Was iſt dieſer Geſang für mich? warum bin ich<lb/> in ſeine Gewalt gegeben, das ich mich der Thränen<lb/> kaum enthalte? — es iſt ein Ruf in die Ferne; wärſt<lb/> Du jenſeits, wo ſeine letzten Töne verhallen, und em-<lb/> pfändeſt den Ausdruck der herzlichen Sehnſucht, den<lb/> er in mir aufgeregt hat, und wüßteſt, daß in Dir das<lb/> Glück der Befriedigung läge!</p><lb/> <p>Ach ſchlafen! nicht mehr dem Geſang zuhören, da<lb/> ich doch aus der Ferne nicht das Echo des Gleichge-<lb/> ſtimmten vernehme!</p><lb/> <p>Es iſt wenig, was ich Dir hier mittheile: eintöni-<lb/> ger Geſang, Mondesglanz, tiefe Schatten, geiſtermäßige<lb/> Stille, Lauſchen in die Ferne, das iſt alles, und doch —<lb/> es giebt nichts, was ein volles Herz Dir mehr zu bie-<lb/> ten vermögte!</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [26/0036]
Um Mitternacht.
Geſang unter meinem Fenſter; ſie ſitzen auf der
Bank an der Hausthür; der Mond wie er mit den
Wolken ſpielt, hat ſie wohl zum Singen gebracht, oder
auch die Langeweile der Ruhe; die Stimmen verbreiten
ſich durch die Einſamkeit der Nacht, da hört man nichts
als nur das Plätſchern der Wellen am Ufer, die die
langen gehaltenen Intervalle dieſes Geſangs ausfüllen.
Was iſt dieſer Geſang für mich? warum bin ich
in ſeine Gewalt gegeben, das ich mich der Thränen
kaum enthalte? — es iſt ein Ruf in die Ferne; wärſt
Du jenſeits, wo ſeine letzten Töne verhallen, und em-
pfändeſt den Ausdruck der herzlichen Sehnſucht, den
er in mir aufgeregt hat, und wüßteſt, daß in Dir das
Glück der Befriedigung läge!
Ach ſchlafen! nicht mehr dem Geſang zuhören, da
ich doch aus der Ferne nicht das Echo des Gleichge-
ſtimmten vernehme!
Es iſt wenig, was ich Dir hier mittheile: eintöni-
ger Geſang, Mondesglanz, tiefe Schatten, geiſtermäßige
Stille, Lauſchen in die Ferne, das iſt alles, und doch —
es giebt nichts, was ein volles Herz Dir mehr zu bie-
ten vermögte!
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