[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.Sollte ich Dir heute nichts zu sagen haben? -- Und nun ist die Schwalbe fort, und der Sperling Ach! -- Du! meine schlüpfrige Feder hätte schier Tagebuch. 2
Sollte ich Dir heute nichts zu ſagen haben? — Und nun iſt die Schwalbe fort, und der Sperling Ach! — Du! meine ſchlüpfrige Feder hätte ſchier Tagebuch. 2
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Sollte ich Dir heute nichts zu ſagen haben? —
Was ſtört mich denn heute am frühen Morgen? viel-
leicht, daß die Sperlinge die Schwalben hier aus dem
Neſt unter meinem Fenſter vertrieben haben? — Die
Schwalben ſind geſchwätzig, aber ſie ſind freundlich und
friedlich; die Sperlinge argumentiren, ſie behaupten,
und laſſen ſich ihren Witz nicht nehmen. Wenn die
Schwalbe heimkehrt von den Kreisflügen um ihre Hei-
math, dann ergießt ſich die Kehle in lauter liebkoſende
Mittheilung, ihr gegenſeitiges Gezwitſcher iſt das Ele-
ment ihrer Liebesluſt, wie der Äther das Element ihrer
Weltanſchauung iſt. Der Sperling fliegt da und dort-
hin, er hat ſein Theil Eigenſucht, er lebt nicht wie die
Schwalbe im Buſen des Freundes.
Und nun iſt die Schwalbe fort, und der Sperling
hat ihren Wohnſitz, wo ſüße Geheimniſſe und Träume
ihre Rollen ſpielten.
Ach! — Du! meine ſchlüpfrige Feder hätte ſchier
Deinen Namen geſchrieben, während ich im Zorn bin,
daß die Schwalbe vom Sperling verjagt iſt. — Ich bin
die Schwalbe, wer der Sperling iſt das magſt Du wiſ-
ſen, aber ich bin wahrhaftig die Schwalbe.
Tagebuch. 2
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